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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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– Sand, weicher, rutschiger Sand. Wenige Meter später landete sein Fuß mit einem lauten Platscher in etwas Feuchtem. Will hockte sich hin und tastete vorsichtig über den Sand. Seine Hände fanden die Flüssigkeit – lauwarmes Wasser. Will erschauderte. Vor seinem inneren Auge erschien eine riesige dunkle Wassermenge, und sofort versuchten all seine Instinkte, ihn zur Umkehr zu bewegen – sie schrien ihm zu, er solle zurückgehen, weglaufen, so schnell er könne. Doch Will brauchte so dringend Wasser, dass er seinem inneren Drang widerstand. Behutsam schöpfte er mit den Händen etwas Wasser und hob es an sein Gesicht. Er schnupperte daran, zauderte und schnupperte dann ein weiteres Mal. Die Flüssigkeit war schal und leblos und verströmte nicht den geringsten Geruch. Zögernd führte er sie an die Lippen und nippte daran.
    Nur Sekundenbruchteile später spuckte Will das Wasser wieder aus. Angewidert ließ er sich rückwärts in den feuchten Sand fallen. Sein Mund brannte und seine Kehle schien wie zugeschnürt. Er begann zu husten und dann zu würgen. Wenn er irgendetwas im Magen gehabt hätte, hätte er sich nun heftig erbrochen. Nein, dieses Wasser war nicht gut – es war Meerwasser! Selbst wenn es ihm gelänge, etwas davon hinunterzuschlucken, wusste er doch genau, dass das Salzwasser ihm den Rest geben würde, so wie den Überlebenden in einem Rettungsboot, von denen er einmal gelesen hatte. Sie waren mitten auf dem Atlantik verdurstet.
    Eine Weile lauschte Will auf das träge Plätschern des Wassers, dann rappelte er sich schwankend auf und überlegte, ob er in die Lavaröhren zurückkehren sollte. Aber er konnte sich einfach nicht dazu überwinden – nicht nach den endlosen Stunden, die er darin schon verbracht hatte. Außerdem bestand nicht die geringste Chance, dass er zur Großen Prärie zurückfand. Und selbst wenn er es auf wundersame Weise doch schaffen würde, was erwartete ihn dann dort? Ein Empfangskomitee der Styx? Nein, es blieb ihm nichts anderes übrig, als am Saum des Wassers entlangzulaufen, dessen ständiges Plätschern ein Spiel mit seinen Sinnen trieb und seinen Durst noch qualvoller machte.
    Obwohl die Sandfläche eben war, gab sie unter seinen Füßen bei jedem Schritt nach und saugte ihm die letzte Kraft aus den Beinen, während er mühsam weitertrottete und allmählich feststellen musste, dass er nicht mehr klar denken konnte. Vor lauter Erschöpfung und Hunger wanderten seine Gedanken ziellos umher. Verzweifelt versuchte er, sich zu konzentrieren. Wie groß mochte die Wassermasse vor ihm sein? Lief er vielleicht das komplette Ufer ab und bewegte sich womöglich in einem riesigen Kreis? Nein, danach fühlte es sich nicht an, versicherte Will sich selbst. Er war sich ziemlich sicher, dass er eine gerade Strecke ging.
    Doch mit jedem Schritt versank er tiefer und tiefer in einen Zustand abgestumpfter Mutlosigkeit. Schließlich ließ er sich mit einem tiefen, lang gezogenen Seufzer in den Sand sinken, nahm eine Handvoll Sandkörner hoch und dachte darüber nach, dass er eigentlich gar nicht wieder aufstehen musste. Eines fernen Tages würde jemand seine sterblichen Überreste an diesem Strand finden, ein ausgedörrter Leichnam in der einsamen Dunkelheit. Welch eine Ironie des Schicksals: Er würde am Ufer eines unterirdischen Meeres verdursten. Vielleicht würden seine Knochen von Aasfressern abgenagt werden und seine Rippen aus dem Sand herausragen, wie das Skelett eines Kamels in der Wüste. Der Gedanken daran jagte ihm kalte Schauer über den Rücken.
     
    Will wusste nicht, wie lange er dort im Sand gesessen hatte, zu Tode erschöpft und immer wieder von kurzen Schlafanfällen übermannt. Mehrere Male versuchte er, sich anzuspornen, wieder aufzustehen und weiterzugehen. Doch er war einfach zu müde, um seine ziellose Wanderung erneut aufzunehmen.
    Irgendwann dachte er daran, sich einfach hinzulegen und in einen tiefen, endgültigen Schlaf zu sinken. Er bettete den Kopf in den Sand, das Gesicht in die Richtung gewandt, in die er eigentlich hätte gehen sollen – wenn er denn die Kraft dazu aufgebracht hätte. Dann blinzelte er ein paar Mal, wobei seine Lider über die trockenen Augäpfel kratzten, und drehte den Kopf leicht zur Seite, damit er hinter sich blicken konnte.
    Und genau in dem Moment entdeckte er es: Will hätte schwören können, dass er einen blassen Lichtschimmer, den Hauch eines Scheins gesehen hatte. Natürlich nahm er sofort an, dass sein Gehirn ihm wieder

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