Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
Vom Netzwerk:
gar nicht gewusst, wie tief er sich vorgegraben hatte!«
    Mit erwachtem Interesse betrachtete sie die Kammer erneut. Doch dann wurde sie von einem Wirbel widerstreitender Gefühle erfasst. In der Zeit vor der Nachricht aus der Kolonie wäre sie von den Ausgrabungen ihres Sohnes hingerissen gewesen, als würde diese Höhle ihn ihr näherbringen. Doch jetzt konnte sie ihren Fund nicht genießen; genau genommen fühlte sie sich plötzlich sogar ziemlich unwohl an diesem Ort, unwohl bei dem Gedanken an die Hände, die den Raum geschaffen hatten.
    Sarah zitterte, als ein weiterer Gedanke sie aufrüttelte. Sie wandte sich an das Tier, das sie die ganze Zeit unbeirrt gemustert hatte. »Cal? Warst du einst Cals Jäger?«
    Bei der Erwähnung des Namens zuckte der Kater mit einer Wange, und ein Tautropfen an seinen langen Schnurrhaaren blitzte im Licht auf.
    Sarah hob die Augenbrauen. »Gütiger Gott«, stieß sie hervor. »Du warst tatsächlich sein Kater!«
    Stirnrunzelnd sank sie einen Moment lang tiefer in die Polster des Sessels. Wenn dieses Tier wirklich Cal gehört hatte, dann bekräftigte das möglicherweise Joe Waites Nachricht, dass Seth seinen Bruder gezwungen hatte, mit ihm nach Übergrund zu kommen, ehe er ihn in die Tiefen verschleppt hatte. Das würde zumindest die Anwesenheit des Katers erklären – er hatte Cal begleitet, als er an die Erdoberfläche geflohen war.
    »Dann bist du also irgendwie aus der Kolonie herausgekommen … zusammen … zusammen mit Seth?«, dachte sie laut vor sich hin. »Aber du kennst ihn natürlich nur als Will, richtig?« Sorgfältig sprach sie den Namen »Will« ein weiteres Mal aus und beobachtete dabei die Reaktion des Katers. Doch das Tier zeigte keinerlei Anzeichen dafür, dass es diesen Namen kannte.
    Sarah verstummte. Wenn es stimmte, dass Cal an der Oberfläche gewesen war, entsprach dann alles andere, was der Brief über Seth sagte, ebenfalls der Wahrheit? Die Konsequenzen waren einfach zu viel für sie. Es schien, als würde ihre starke Zuneigung, ihre gesamte Liebe zu ihrem ältesten Sohn, langsam aus ihr herausgesogen und dem hässlichen Gefühl der Rache weichen.
    »Cal«, sagte sie erneut, um noch einmal die Reaktion des Katers zu sehen. Er neigte kurz den Kopf und schaute dann wieder zum Eingang der Höhle.
    Sarah wünschte, der Kater wäre in der Lage, die zahlreichen Fragen zu beantworten, die ihr nun durch den Kopf schwirrten, und ließ ihr müdes Haupt gegen die Sessellehne sinken. Das Ganze war einfach zu viel für sie, und sie spürte, wie sie dem Gefühl überwältigender Erschöpfung immer mehr nachgab.
     
    Während die Holzstempel um sie herum ächzten und knackten und vereinzelte Erdbrocken herabprasselten, warf Sarah noch einen Blick auf die von der Decke baumelnden Wurzeln, ehe ihr die Lider schließlich zu schwer wurden. Als ihr Finger vom Druckknopf auf der Taschenlampe abrutschte, versank der Raum in Dunkelheit und Sarah fiel in einen tiefen Schlaf.

8
    Die Jungen gingen denselben Weg zurück, den sie genommen hatten: vorbei an der flackernden blauen Flamme, durch den Durchgang bis zum Eisenbahntunnel. Nach weiteren zwanzig Minuten erreichten sie den Grubenbahnhof, in dem der Zug inzwischen zum Stehen gekommen war.
    Sie kauerten sich neben den Dienstwagen, dessen staubige Fenster nun dunkel vor ihnen lagen, und schauten an der langen Reihe von Waggons vorbei zur Lokomotive. Doch es war niemand zu sehen – es schien, als wäre der Zug vollkommen unbewacht.
    Schließlich richteten die Jungen ihre Aufmerksamkeit auf den Bahnhof. Von ihrem Standort aus konnten sie erkennen, dass die Höhle mehrere hundert Meter tief war.
    »Dann ist das also der Grubenbahnhof«, murmelte Will leise und konzentrierte sich auf den linken Bereich der Höhle, in der ein paar Lampen leuchteten. Der Bahnhof wirkte nicht sehr eindrucksvoll und bestand im Grunde nur aus einer Reihe schlichter, eingeschossiger Hütten.
    »Nicht gerade Gleis neundreiviertel, oder?«, murmelte Chester.
    »Nein … ich hatte gedacht, er wäre viel größer«, sagte Will leicht enttäuscht. »Kaum der Rede wert«, fügte er hinzu und griff dabei auf einen Ausdruck zurück, den sein Vater immer verwendete, wenn ihn etwas nicht sonderlich beeindruckte.
    »Hier hält sich ja auch niemand lange auf«, sagte Cal.
    Chester zog ein unbehagliches Gesicht. »Und ich denke, das sollten wir auch nicht«, flüsterte er nervös. »Wo sind die alle? Die Wärter und der Lokomotivführer?«
    »Wahrscheinlich drinnen

Weitere Kostenlose Bücher