Tunnel - 02 - Abgrund
im Gebäude«, erklärte Cal.
Plötzlich ertönte ein Grollen – wie das gedämpfte Dröhnen eines weit entfernten Donnerhalls – und dann setzte ein fürchterliches Scheppern ein.
»Was zum Teufel ist das?«, stieß Chester beunruhigt hervor, während sich die drei Jungen wieder tiefer in den Tunnel zurückzogen.
Cal zeigte auf die Decke über den Eisenbahnwaggons. »Seht mal, sie beladen die Loren für die Rückfahrt.«
Große Förderrinnen ragten in die Wagen mit den hohen Seitenwänden. Die zylindrischen Rutschen besaßen den Durchmesser einer herkömmlichen Mülltonne und schienen aus grob genieteten Metallblechen zu bestehen. Irgendetwas strömte mit hoher Geschwindigkeit aus den Auslassstutzen und traf mit einem enormen Krach auf den Metallboden der Waggons.
»Das ist unsere Chance!«, drängte Cal die beiden anderen. Er sprang auf, spurtete um die Rückseite des Dienstwagens herum und verschwand auf der anderen Seite des Zugs, ehe Will protestieren konnte.
»Jetzt macht er das schon wieder!«, stöhnte Chester, schloss sich aber Will an, der dem Beispiel seines jüngeren Bruders folgte und auf die Zugseite zuhielt, die dem Bahnhofsgebäude abgewandt war.
Gemeinsam rannten sie an den niedrigeren Waggons vorbei, passierten den Wagen, in dem sie die Reise zugebracht hatten, und liefen den Zugabschnitt mit den hochwandigen Loren entlang. Staub und Schutt flogen über ihre Köpfe, und sie mussten mehrfach stehen bleiben, um sich den Dreck aus den Augen zu wischen. Bis zur Spitze des Zugs benötigten die Jungen eine geschlagene Minute – eine Minute, während der das Beladen der Waggons vollständig abgeschlossen wurde. Aus den Förderrinnen rutschten noch ein paar Reste des Füllmaterials, dann war es wieder still.
Weiter vorne auf den Gleisen stand die vom Zug losgekoppelte Lokomotive, doch Cal kauerte neben der ersten Lore. Als Will und Chester zu ihm aufgeschlossen hatten, verpasste Will seinem Bruder eine Kopfnuss.
»Au!«, zischte Cal und hob die Fäuste, als wolle er zurückschlagen. »Wofür war das denn?«
»Dafür, dass du schon wieder einfach losgerannt bist, du Schafsnase«, schimpfte Will mit gedämpfter, wütender Stimme. »Wenn du so weitermachst, werden wir noch alle geschnappt!«
»Aber sie haben uns nicht gesehen, oder? Und außerdem: Wie hätten wir sonst hierherkommen sollen?«, verteidigte sich Cal.
Will gab ihm keine Antwort.
Cal wandte den Kopf ab und schaute in die Ferne. »Wir müssen unbedingt da entl …«
»Kommt nicht infrage«, unterbrach Will ihn. »Chester und ich werden erst mal die Lage sondieren, ehe irgendeiner von uns auch nur irgendetwas unternimmt. Und du bleibst gefälligst hier!«
Cal gehorchte widerstrebend und hockte sich mit einem missmutigen Schnauben auf den Boden.
»Alles in Ordnung?«, wandte Will sich an Chester, als er ein lautes Schniefen hinter sich hörte.
»Dieses Zeug kriecht einem überall rein«, maulte Chester und säuberte sich weiterhin die Nase, in dem er sich jeweils ein Nasenloch zuhielt, um den Staub aus dem anderen herauszuschnäuzen.
»Oh Mann, das ist ekelhaft«, stieß Will leise hervor, als Chester sich einen herabbaumelnden Schnodderfaden vollständig aus der Nase zog und auf den Boden schnipste. »Muss das sein?«
Doch Chester schenkte der Bemerkung seines Freundes keine Beachtung und betrachtete stattdessen Wills Gesicht und danach seine eigenen Arme und Hände. »Jedenfalls sind wir jetzt ziemlich gut getarnt«, bemerkte er. Ihre ohnehin schon von der Rußwolke schwarz gefärbten Gesichter und Kleidungsstücke waren durch den Staubguss beim Beladen der Waggons noch schmutziger geworden.
»Wenn du mit Naseputzen fertig bist, sollten wir mal den Bahnhof erkunden«, erwiderte Will. Auf Ellbogen robbten er und Chester um den vordersten Waggon herum, bis sie einen ungestörten Blick auf die Bahnhofsgebäude werfen konnten. Von den Eisenbahnern war weit und breit nichts zu sehen.
Cal widersetzte sich Wills Befehl und spazierte, ohne sich auch nur die geringste Mühe zu geben oder den Kopf einzuziehen, einfach hinter ihnen her. Offenbar konnte er nicht eine Minute ruhig sitzen und schien vor Ungeduld fast zu platzen. »Hör zu, die Eisenbahner sind im Bahnhof, werden aber bald wieder herauskommen. Wir müssen hier weg, bevor sie wieder aufbrechen«, beharrte er.
Erneut betrachtete Will die Bahnhofsgebäude. »Also gut, aber wir bleiben dicht zusammen und laufen nur bis zur Lokomotive. Verstanden, Cal?«
Rasch schlüpften sie
Weitere Kostenlose Bücher