Turils Reise
Zuckungen, die jede Faser seines Körpers erfassten.
Licht und Schatten tauchten unmittelbar neben seinem Krankenbett auf. In ihren Mienen zeigte sich Wahnsinn. Licht stürzte sich auf die Gerätschaften, die den Zeremonienmantel umgaben, während Schatten über Pschoim herfiel.
Turil wollte aufstehen, sank jedoch gleich wieder kraftlos auf sein Lager zurück. Er konnte nichts tun, musste tatenlos einem unheimlichen, in aller Stille stattfindenden Kampf zusehen.
Pschoim zeigte ein Lächeln - ein Lächeln! -, als Schatten nach ihm griff. Mit Leichtigkeit wehrte er den Hieb des Angreifers ab und ließ ihn ins Leere fahren. Er tastete hastig nach einem opalisierend glänzenden Streifen, der sich von der Schläfe hinab zum Kinn zog. Augenblicklich war er von einem flimmernden Feld umgeben. Die Schläge Schattens glitten keinesfalls davon ab, sondern wurden einfach verschluckt; und allmählich ließ die Energie von Turils psychologischem Betreuer immer weiter nach. Mit einem Ausdruck
grenzenloser Verwunderung verschwand er, aufgesogen vom energetischen Feld rings um Pschoim.
Licht indes, Turils weibliche Betreuerin, hatte sich zur gesichtslosen Furie gewandelt. Die Bewegungen ihrer Hände und Beine liefen so schnell ab, dass er sie kaum verfolgen konnte. Und dennoch - die Maschinchen, die das Flimmerfeld rings um den Zeremonienmantel beschützten, waren Licht zumindest ebenbürtig. Sie bekämpften sie mit kleinen, käscherähnlichen Vorrichtungen, die nach ihrem Leib haschten und ihr immer mehr Energie entzogen. Licht wurde durchsichtiger, schwächer, bis sie nicht mehr als ein dünnes Rauchfähnchen war.
»Du bist tot!«, zischte Licht, bevor sie endgültig aufgesogen wurde - und Ruhe im Zimmer einkehrte.
Turil ließ sich schwer atmend zurückfallen. Undefinierbare Schmerzen fuhren durch seinen Körper, ließen ihn aufstöhnen. Pschoim trat nahe an ihn heran. Er wirkte hochkonzentriert und keinesfalls erstaunt über den Angriff der beiden persönlichen Betreuer.
Das erste Mal erahnte Turil die wahre Dimension des Machtkampfes zwischen Schiffssphären und Totengräber. Sein Vater war eingeweiht, wie wohl auch andere!
Turil tauchte ein in den Kampf, den Kampf ums eigene Überleben. Er spürte, wie die Truppen der GELFAR aufmarschierten. Sie steckten in seinem Inneren, und sie machten sich daran, ihn zu vernichten.
»Halte durch!«, hörte er von weitem die Stimme seines Vaters. »Du musst überleben. Du musst uns alles sagen, damit wir den Schiffssphären beikommen können …«
Irgendetwas kroch durch seinen Leib. Die Blutbahnen entlang, zum Herzen hin. Es durchbohrte und zerfleischte die Pumpe, zerfetzte sie mit einer Kraft, die ihresgleichen
suchte. Die beiden auf Faurum abgenagten Fingerkuppen, eben erst verheilt, brachen wieder auf. Mikroroboter krochen zwischen den Hautlappen hervor. Sie sonderten Spinnengarn ab, wanden es um Turils Finger, die Hand, den Arm und schließlich die Brust, während irgendjemand - ein Arzt? - verzweifelt versuchte, die dünnen Seile mit seinem Skalpell zu zerschneiden. Aus seinen oberen Zahnleisten fiel eine Art Wurm. Er wand sich nach hinten, den Rachen hinab, zerschnitt mit einem messerscharfen Körperfortsatz Turils Zunge, die Luft-und die Speiseröhre. Der Katheter nahe seinem After explodierte. Turil fühlte einen Schwall Blut aus seinem Körper spritzen. Adern platzten in den Augen, die Nase verformte sich zu einem Klumpen, die Hoden quollen wie Ballons auf, die Hauptschlagader am rechten Oberschenkel verklumpte und ließ den Blutkreislauf endgültig stocken.
Die GELFAR tobte, und sie ließ ihn wissen, was sie mit ihm tat. Jedes einzelne Detail vermittelte sie ihm. Die vielen tausend Helferlein, die sie ihm implantiert hatte, teilten sich ihm mit, während sie alles unternahmen, um ihm einen möglichst qualvollen Tod zu bereiten. GELFARS Helfer steigerten sich in einen Rausch, voll Wut darüber, dass er ihnen nach wie vor Widerstand leistete und sich weigerte, sich ihnen zu unterwerfen.
Turils Geist wich zurück. Er überließ der GELFAR die Herrschaft über seinen Körper. Er war nur noch eine Hülle, die sein wahres Ich wie eine billige Verpackung umgab. Doch das ureigenste Terrain seiner Persönlichkeit, ein ganz bestimmtes Hinterkämmerchen seines Denkens und Empfindens, war ihm Zuflucht und Festung zugleich. Staunend betrat Turil diesen Ort der Stärke. Hier konnte ihm niemand und nichts etwas anhaben. Hier köchelte die … Wutflamme
vor sich hin. Von ihrem schier
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