Turm der Hexer
könnte ihn ruinieren?« Vordai sah erschüttert aus, und in Garion keimte Hoffnung auf.
»Vielleicht hat er immer noch seine Macht oder einiges davon«, erklärte er. »Aber nicht genug, um zu tun, was du verlangt hast. Es kostet ungeheure Kraft, selbst einfache Dinge zu tun, und was du von ihm willst, ist sehr schwierig. Es könnte zuviel für ihn sein, aber wenn er erst einmal angefangen hat, kann er nicht mehr aufhören. Die Anstrengung könnte seinen Willen und seine Lebensenergie so fordern, daß er sich nie mehr erholt oder stirbt.«
»Warum hast du mir das nicht gesagt?« fragte Vordai besorgt.
»Ich konnte nicht, ohne daß er es auch hörte.«
Sie lief auf die Tür zu. »Belgarath!« rief sie. »Warte!«
Sie drehte sich zu Garion um. »Geh ihm nach! Halte ihn auf!«
Darauf hatte Garion nur gewartet. Er sprang auf und rannte zur Tür. Als er sie aufriß und gerade in den Regen hinausrufen wollte, fühlt er einen seltsamen Druck, als ob etwas gerade geschehen sollte noch nicht ganz, aber schon nahe dran. Der Schrei gefror auf seinen Lippen.
»Weiter, Garion«, drängte Silk.
»Ich kann nicht«, stöhnte Garion. »Er hat bereits begonnen, seinen Willen zu sammeln. Er würde mich nicht einmal hören.«
»Kannst du ihm helfen?«
»Ich weiß nicht einmal genau, was er vorhat, Silk«, antwortete Garion hilflos. »Wenn ich da jetzt hineinplatze, mache ich alles nur noch schlimmer.«
Silk starrte ihn entgeistert an.
Garion spürte eine merkwürdig hallende Woge. Es war ganz anders, als er erwartet hatte, deshalb war er auch nicht darauf vorbereitet. Sein Großvater versuchte nicht, etwas zu bewegen oder zu verändern, sondern sandte einen Ruf aus über eine riesige Entfernung mit der Stimme seines Geistes. Die Worte waren nicht ganz deutlich zu verstehen, aber ein Wort, »Meister«, war ganz klar. Belgarath versuchte, Aldur zu erreichen.
Garion hielt den Atem an. Dann, aus unendlicher Ferne, antwortete Aldurs Stimme. Sie sprachen kurze Zeit leise miteinander währenddessen fühlte Garion die Kraft von Belgaraths Willen, erfüllt und verstärkt durch Aldurs Willen, stärker und stärker werden.
»Was geschieht?« fragte Silk ängstlich.
»Er spricht mit Aldur. Ich kann nicht hören, was sie sagen.«
»Wird Aldur ihm helfen?« fragte Vordai.
»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob Aldur hier seinen Willen noch einsetzen kann. Es gibt eine Grenze auf die Götter sich geeinigt haben.« Dann endete das seltsame Gespräch, und Garion spürte, wie Belgaraths Willen anschwoll. »Er hat angefangen«, sagte Garion im Flüsterton.
»Er hat seine Macht noch?« fragte Silk. Garion nickte.
»So stark wie früher?«
»Ich weiß nicht. Es gibt keine Möglichkeit, sie zu messen.«
Die Spannung wuchs, bis sie fast unerträglich war. Was Belgarath tat, war zugleich sehr kompliziert und sehr tiefgreifend. Diesmal gab es keine donnernde Woge oder ein hohles Echo. Statt dessen fühlte Garion ein eigenartiges, klingendes Wispern, als der alte Mann seinen Willen mit quälender Langsamkeit freiließ. Das Wispern schien etwas immer und immer zu wiederholen etwas, das Garion beinahe verstehen konnte, ihm aber doch immer wieder entglitt.
Draußen unterbrachen die jungen Sumpflinge ihr Spiel. Der Ball fiel unbeachtet zu Boden, als die Spieler alle aufmerksam lauschten. Poppi und Tupik, die Hand in Hand vom Schwimmen zurückkehrten, blieben wie angewurzelt stehen, die Köpfe zur Seite geneigt, während Belgaraths Wispern sanft auf sie eindrang, in ihre Gedanken eintauchte, murmelnd, erklärend, lehrend. Dann weiteten sich ihre Augen in plötzlicher Erkenntnis.
Schließlich tauchte Belgarath zwischen den dunstverhangenen Weiden auf, mit müden, schweren Schritten. Er ging langsam auf das Haus zu, blieb jedoch davor stehen, um gespannt die erstaunten Gesichter der Sumpflinge zu betrachten, die sich vor der Tür versammelt hatten. Dann nickte er und ging hinein. Seine Schultern hingen erschöpft herab, und das Gesicht mit dem weißen Bart wirkte ausgelaugt.
»Geht es dir gut?« fragte Vordai, nicht länger unbeteiligt.
Er nickte und sank auf einen Stuhl. »Es ist vollbracht«, sagte er knapp. Vordai sah ihn an, ihre Augen wurden schmal vor Mißtrauen.
»Keine Tricks, Vordai«, sagte er. »Und ich bin zu müde, um dich anzulügen. Ich habe deinen Preis bezahlt. Wenn es dir recht ist, brechen wir gleich nach dem Frühstück auf. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
»Ich brauche mehr als nur dein Wort, Belgarath. Ich
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