Turm der Hexer
erwiderte er. »Die Untertreibung ist nicht mein Fehler.«
»Ich möchte es ein bißchen mehr –« Sie machte eine kurvige Geste mit den Händen.
»Wofür?«
»Egal wofür. Tu’s einfach.«
»Und was willst du da hineintun?«
»Das laß meine Sorge sein. Tu einfach, worum ich dich gebeten habe.« Er ließ einen schweren Hammer auf seinen Amboß sausen.
»Mach es doch selbst«, sagte er barsch.
»Durnik«, wandte sich Ce’Nedra hilfesuchend an den Schmied.
»O nein, Prinzessin«, lehnte Durnik ab. »Ich fasse das Werkzeug eines anderen Mannes nicht an. Das tut man nicht.«
»Bitte, Delban«, schmeichelte sie.
»Es ist albern«, sagte er streng.
»Es ist wichtig«, bettelte sie. »Wenn ich es trage, sehe ich aus wie ein Junge. Wenn die Leute mich sehen, müssen sie wissen, daß ich eine Frau bin. Es ist ganz schrecklich wichtig, Könntest du nicht nur ein bißchen.« Sie wölbte ihre Hände leicht.
Delban warf Durnik einen angewiderten Blick zu. »Mußtest du sie unbedingt in meine Werkstatt bringen?«
»Alle sagen, du wärst der Beste«, antwortete Durnik sanft.
»Nur ein bißchen, Delban?« drängte Ce’Nedra.
Delban gab es auf. »Also gut«, grollte er und nahm seinen Hammer zur Hand. »Ich tue alles, nur damit du verschwindest aber nicht so.« Er machte eine übertriebene Geste.
»Ich verlasse mich auf deinen guten Geschmack, Delban.« Sie lächelte ihn an und tätschelte liebevoll seine Wange. »Sagen wir morgen früh?«
Als Ce’Nedra sich am nächsten Morgen im Spiegel betrachtete, mußte sie zugeben, daß die Rüstung perfekt saß. »Was meinst du, Adara?« fragte sie ihre Freundin.
»Es sieht sehr nett aus, Ce’Nedra«, antwortete das große Mädchen etwas zweifelnd.
»Es ist genau richtig«, sagte Ce’Nedra glücklich und drehte sich, so daß das blaue Cape, das an ihren Schultern befestigt war, dramatisch flatterte. Das glänzende Kettenhemd, das sie unter ihrem Brustharnisch trug, reichte ihr bis zu den Knien und Handgelenken. Die Beinschienen, die ihre Waden bedeckten, und die Armschienen, die bis zum Ellbogen reichten, waren mit Messing eingelegt Delban hatte sich standhaft geweigert, Gold zu nehmen. Die Rüstung scheuerte etwas durch das dicke Leinenunterkleid, wie sie sich insgeheim eingestand, aber sie war bereit, das in Kauf zu nehmen. Sie schwang ihr Schwert und betrachtete die Wirkung im Spiegel.
»Du hältst es falsch, Ce’Nedra«, sagte Adara höflich.
»Zeigs mir.« Ce’Nedra reichte ihr das Schwert.
Adara nahm die Waffe mit festem Griff, so daß die Spitze nach unten zeigte. Sie wirkte sehr erfahren.
»Wo hast du das bloß gelernt?« fragte Ce’Nedra.
»Wir bekommen Unterricht«, erwiderte Adara und gab ihr das Schwert zurück. »Es ist Tradition.«
»Hilf mir bitte mit dem Schild.«
Gemeinsam gelang es ihnen, der Prinzessin ihre ganze kriegerische Ausrüstung umzuschnallen.
»Wie schafft man es bloß, sich damit nicht immer zu verheddern?« fragte Ce’Nedra, die an der langen Scheide des Schwertes herumfummelte, die an ihrer Taille hing.
»Halte es am Heft«, sagte Adara. »Soll ich mitkommen?«
Ce’Nedra überlegte einen Moment, während sie ihr Haar glättete und sich den Helm aufsetzte. »Ich glaube nicht«, entschied sie zögernd.
»Ich glaube, ich muß ihnen allein gegenübertreten. Wie sehe ich aus?«
»Sehr gut«, beruhigte Adara sie.
Plötzlich kam der Prinzessin ein Gedanke. »Was ist, wenn sie lachen?« fragte sie erschreckt.
»Dann kannst du dein Schwert ziehen«, erwiderte Adara ernst.
»Machst du dich über mich lustig, Adara?«
»Aber keineswegs, Prinzessin«, antwortete Adara mit todernster Miene.
Als Ce’Nedra vor der Tür des Ratszimmers stand, holte sie tief Luft und trat dann, wieder ohne anzuklopfen, ein. Zu klopfen wäre nicht angemessen gewesen, dies würde aussehen, als ob sie Zweifel an ihrem Recht hätte, hier zu sein.
»Nun, meine Herren?« fragte sie die versammelten Könige und Generäle und trat in die Mitte des Raumes, wo alle sie sehen konnten.
König Rhodar erhob sich höflich. »Eure Majestät«, grüßte er sie mit einer Verbeugung. »Wir haben uns schon über Eure Abwesenheit gewundert. Der Grund dafür ist offensichtlich.«
»Gefällt es euch?« Sie konnte die Frage nicht zurückhalten. Sie drehte sich langsam, damit alle ihre Rüstung sehen konnten.
König Rhodar betrachtete sie nachdenklich. »Es ist eindrucksvoll, meint ihr nicht?« fragte er die anderen. »Alles am richtigen Fleck. Die Arendier werden
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