Turm der Hexer
behaupten, daß die Art und Weise, wie ich immer mit Ce’Nedra streite, auch notwendig ist, nicht wahr?«
Sie sah ihn leicht belustigt an. »Es ist nicht ganz das gleiche, Garion, aber auch darin liegt eine gewisse Notwendigkeit.«
»Das ist doch albern«, spottete er.
»Wirklich? Weswegen verbringt ihr beiden dann deiner Ansicht nach so viel Zeit damit, euch gegenseitig zu ärgern?«
Darauf wußte er nicht zu antworten, doch die ganze Vorstellung beunruhigte ihn. Gleichzeitig hatte die Erwähnung von Ce’Nedras Namen sie ihm scharf ins Gedächtnis zurückgerufen, und er stellte fest, daß er sie tatsächlich vermißte. Schwermütig schweigend ritt er eine Zeitlang neben Tante Pol her. Schließlich seufzte er.
»Weswegen so ein tiefer Seufzer?«
»Es ist alles vorbei, nicht wahr?«
»Was alles?«
»Das Ganze. Ich meine wir haben das Auge wieder. Darum ging es doch, oder?«
»Nicht nur darum, Garion, sondern um viel mehr, und außerdem sind wir auch noch nicht aus Cthol Murgos heraus, nicht wahr?«
»Darüber machst du dir doch nicht ernsthaft Gedanken, oder?« Aber dann, als ob ihre Frage plötzlich einen vorhandenen Zweifel in ihm selbst ans Tageslicht gebracht hätte, starrte er sie angstvoll an.
»Was würde geschehen, wenn es uns nicht gelingt?« platzte er heraus.
»Wenn wir nicht aus Cthol Murgos herauskämen, meine ich. Was würde mit dem Westen passieren, wenn wir das Auge nicht zurück nach Riva bringen?«
»Schlimme Dinge.«
»Es würde Krieg geben, nicht wahr? Und die Angarakaner würden gewinnen, und überall gäbe es die Grolims mit ihren Messern und Altären.« Der Gedanke, daß Grolims zu Faldors Farm marschierten, versetzte ihn in Wut.
»Mach dir nicht zu viele Sorgen, Garion. Wir können uns immer nur um eine Sache kümmern.«
»Aber was, wenn…«
»Garion«, sagte sie gequält, »bitte fang jetzt nicht mit den ›was wenn‹ an. Damit machst du uns alle verrückt.«
»Du sagst doch immer ›was wenn‹ zu Großvater«, warf er ihr vor.
»Das ist etwas anderes.«
In den nächsten Tagen ritten sie ein scharfes Tempo durch eine Reihe von Schluchten, in denen die bittere Kälte wie ein schweres Gewicht auf ihnen lastete. Silk blieb oft zurück, um nach den Anzeichen einer Verfolgung Ausschau zu halten, doch ihre List schien die Murgos abgeschüttelt zu haben. Schließlich, an einem kalten, sonnenlosen Vormittag, an dem der Wind Staubwolken über den Horizont jagte, erreichten sie das weite, trockene Tal, durch das sich die südliche Karawanen-Route wand. Sie suchten hinter einem niedrigen Hügel Deckung, während Silk hinaufritt, um sich umzusehen.
»Denkt Ihr, Taur Urgas habe sich der Suche nach uns vielleicht angeschlossen?« fragte Mandorallen, der wieder seine Rüstung trug, an Belgarath gewandt.
»Schwer zu sagen«, antwortete der alte Mann. »Er ist völlig unberechenbar.«
»Im Osten auf der Karawanenroute ist eine Murgopatrouille«, berichtete Silk bei seiner Rückkehr. »Es wird noch ungefähr eine halbe Stunde dauern, bis sie außer Sicht sind.«
Belgarath nickte.
»Werden wir wohl in Sicherheit sein, wenn wir erst einmal auf dem Gebiet von Mishrak ac Thull sind?« fragte Durnik.
»Wir können uns nicht darauf verlassen«, erwiderte Belgarath.
»Gethel, der König der Thulls, hat Angst vor Taur Urgas, also würde er kein Theater wegen Grenzübertretungen oder so machen, falls sich Taur Urgas entschließen sollte, uns zu folgen.«
Sie warteten, bis die Murgos einen kleinen Hügel im Osten überquert hatten und ritten dann weiter.
In den nächsten beiden Tagen ritten sie beständig nach Nordwesten.
Die Landschaft wurde weniger felsig, nachdem sie ins Land der Thulls gekommen waren, und weit hinter sich konnten sie die verräterischen Staubwolken erkennen, die von berittenen Murgosuchtrupps hervorgerufen wurden. Es war später Nachmittag an einem trüben Tag, als sie endlich den Rand des Ostkliffs erreichten.
Barak blickte über die Schulter zurück auf die Staubwolken, dann lenkte er sein Pferd neben Belgarath. »Wie beschwerlich ist der Weg hinunter ins Tal?« fragte er.
»Es ist nicht gerade ein Spaziergang.«
»Diese Murgos sind weniger als einen Tagesritt hinter uns, Belgarath. Wenn wir langsam absteigen müssen, sind sie über uns, ehe wir unten sind.«
Belgarath schürzte die Lippen und spähte zu den Staubwölken am südlichen Horizont hinüber. »Vielleicht hast du recht«, sagte er. »Vielleicht müssen wir das noch überdenken.« Er hob die Hand als
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