Turm der Hexer
Zeichen zum Anhalten. »Wir müssen einige Entscheidungen treffen«, erklärte er den anderen. »Die Murgos sind uns etwas dichter auf den Fersen, als uns lieb ist. Der Abstieg ins Tal dauert zwei bis drei Tage, und es gibt Stellen, an denen wir bestimmt nicht bedrängt werden möchten.«
»Wir könnten auf jeden Fall zu der Schlucht gehen, durch die wir hinaufgekommen sind«, schlug Silk vor. »Wir brauchen einen halben Tag bis dorthin.«
»Aber Graf Hettar und die algarischen Clans von König Cho-Hag erwarten uns im Tal«, warf Mandorallen ein. »Gingen wir weiter, würden wir die Murgos dann nicht in unverteidigtes Land hinabsteigen lassen?«
»Haben wir eine Wahl?« gab Silk zurück.
»Wir könnten unterwegs Feuer anzünden«, meinte Barak.
»Hettar wird wissen, was das bedeutet.«
»Die Murgos aber auch«, sagte Silk. »Sie würden die ganze Nacht durchreiten und bei jedem unserer Schritte nach unten direkt hinter uns sein.«
Belgarath kratzte sich verdrießlich den kurzen weißen Bart.
»Ich glaube, wir müssen den ursprünglichen Plan fallenlassen«, entschied er. »Wir müssen den kürzesten Weg hinunter nehmen, und das bedeutet die Schlucht, fürchte ich. Wir werden auf uns allein gestellt sein, wenn wir erst unten sind, aber das läßt sich nicht ändern.«
»Sicherlich hat König Cho-Hag Posten am Fuß der Klippe aufstellen lassen«, sagte Durnik.
»Das wollen wir hoffen«, erwiderte Barak.
»Also gut«, sagte Belgarath entschlossen, »wir nehmen die Schlucht.
Die Idee gefällt mir zwar nicht besonders, aber wir haben nicht mehr viele Möglichkeiten. Auf geht’s.«
Am späten Nachmittag erreichten sie die flache Rinne, von der aus der steile Pfad hinunter in die Ebene führte. Belgarath warf einen Blick auf den jäh abfallenden Einschnitt und schüttelte den Kopf. »Nicht im Dunkeln«, entschied er. »Kannst du irgendwelche Anzeichen von Algariern sehen?« fragte er Barak, der in die Ebene hinunterstarrte.
»Ich fürchte nein«, antwortete der rotbärtige Mann. »Sollen wir ein Signalfeuer für sie anzünden?«
»Nein«, erwiderte der alte Mann. »Wir wollen unsere Absichten nicht verraten.«
»Ich brauche trotzdem ein kleines Feuer«, sagte Tante Pol. »Wir brauchen alle eine warme Mahlzeit.«
»Ich weiß nicht, ob das klug ist, Polgara«, widersprach er.
»Morgen wird ein schwerer Tag für uns, Vater«, sagte sie entschieden. »Durnik weiß, wie man ein kleines Feuer macht und es verbergen kann.«
»Mach, was du willst, Pol«, sagte der alte Mann mit resignierendem Ton.
»Natürlich, Vater.«
Es war kalt in dieser Nacht, und so ließen sie ihr Feuer an, hielten es jedoch klein und gut geschützt. Als das erste Morgengrauen den verhangenen Himmel im Osten zu färben begann, standen sie auf und bereiteten sich auf den Abstieg durch den Einschnitt im Felsen zur Ebene hinab vor.
»Ich baue die Zelte ab«, sagte Durnik.
»Reiß sie einfach ein«, wies Belgarath ihn an. Er drehte sich um und stieß nachdenklich mit dem Fuß an eines der Gepäckstücke.
»Wir nehmen nur mit, was unbedingt notwendig ist«, entschied er.
»Wir haben keine Zeit, uns mit dem ganzen Kram zu belasten.«
»Du willst sie doch nicht zurücklassen?« Durnik klang schockiert.
»Sie wären uns nur im Weg, und die Pferde können sich ohne sie schneller bewegen.«
»Aber unsere ganzen Habseligkeiten!« protestierte Durnik.
Auch Silk sah etwas bekümmert aus. Flink breitete er eine Decke aus und begann, in den Gepäckstücken herumzuwühlen. Seine geschickten Hände brachten unzählige, wertvolle, kleine Dinge zum Vorschein und häuften sie auf der Decke auf.
»Wo hast du das alles erstanden?« wunderte sich Barak.
»Ach, so hier und dort«, antwortete Silk ausweichend.
»Du hast sie gestohlen, oder?«
»Einige«, gestand Silk. »Wir sind schon lange unterwegs, Barak.«
»Willst du das wirklich alles mit durch die Schlucht schleppen?« fragte Barak, während er neugierig Silks Schätze beäugte.
Silk betrachtete den Haufen und wog ihn im Geiste. Dann seufzte er bedauernd. »Nein«, gestand er, »wohl nicht.« Er stand auf und stieß den Haufen mit dem Fuß auseinander. »Aber trotzdem ist das alles sehr hübsch, nicht wahr? Jetzt werde ich wohl wieder ganz von vorne anfangen müssen.«
Dann grinste er. »Das Stehlen selbst macht sowieso den größten Spaß. Laßt uns gehen.« Er ging auf die Mündung des steil abfallenden Flußbettes zu, das in scharfem Winkel zum Fuß der Klippe hinunterführte.
Die
Weitere Kostenlose Bücher