Turm der Hexer
Seine Majestät einwilligen, mich zum Weibe zu nehmen?«
Garion hatte seine Antwort sorgsam überlegt. Diese leise, innere Stimme hatte einen Weg vorgeschlagen, um Jahren ehelicher Zwietracht vorzubeugen. Er erhob sich und sagte: »Ich, Belgarion, König von Riva, erkläre hiermit, daß ich die Kaiserliche Prinzessin Ce’Nedra zu meiner Gemahlin und Königin nehme. Ich erkläre weiter, daß sie gemeinsam mit mir Riva und andere Gebiete, über die sich die Autorität unseres Thrones erstrecken mag, regieren soll.«
Das tiefe Luftholen, das durch die Halle lief, war deutlich zu hören, und Brand wurde schneeweiß im Gesicht. Der Blick, den Ce’Nedra Garion zuwarf, war fragend, und ihre Augen wurden sanfter. »Eure Majestät ist zu liebenswürdig«, antwortete sie mit einer kleinen Verbeugung. Ihre Stimme hatte etwas von ihrer Schärfe verloren, und sie warf rasch einen Seitenblick auf den wutschnaubenden Brand. »Habe ich die Erlaubnis Eurer Majestät, mich zurückzuziehen?« fragte sie honigsüß.
»Wie Eure Hoheit wünscht«, erwiderte Garion und sank auf seinen Thron zurück. Er schwitzte heftig.
Die Prinzessin knickste wieder mit einem boshaften Augenzwinkern, dann drehte sie sich um und verließ die Halle, von ihren Legionären in Reih und Glied gefolgt.
Als die großen Türen sich hinter ihr schlossen, lief ein aufgebrachtes Hüsteln durch die Menge. Das Wort ›empörend‹ wurde oft wiederholt.
»Das ist unerhört, Eure Majestät«, protestierte Brand.
»Eigentlich nicht«, verteidigte sich Garion. »Der Thron von Arendien wird gemeinsam von König Korodullin und Königin Mayaserana gehalten.« Er sah mit einem stummen Hilferuf zu Mandorallen hinüber, der in seiner Rüstung glänzte.
»Seine Majestät spricht wahr, werter Brand«, erklärte Mandorallen.
»Ich versichere Euch, daß unser Königreich nicht darunter leidet, daß der Thron zweigeteilt ist.«
»Das ist Arendien«, wandte Brand ein. »Hier geht es um Riva. Die Situation ist völlig anders. Kein alornisches Reich ist je von einer Frau regiert worden.«
»Es könnte nicht schaden, die möglichen Vorteile eines solchen Vorschlags zu prüfen«, meinte König Rhodar. »Meine eigene Königin, zum Beispiel, spielt in Drasnien eine bedeutendere Rolle, als es die Tradition genaugenommen erlaubt.«
Unter großen Mühen gewann Brand wenigstens teilweise seine Fassung wieder. »Darf ich mich zurückziehen, Eure Majestät?« fragte er, im Gesicht immer noch aschfahl.
»Wenn du möchtest«, antwortete Garion leise. Es lief nicht gut.
Brands konservative Haltung war ein Stolperstein, mit dem er nicht gerechnet hatte.
»Eine interessante Idee, Lieber«, sagte Tante Pol ruhig, »aber meinst du nicht, es wäre besser gewesen, jemanden um Rat zu fragen, bevor du so etwas öffentlich verkündest?«
»Wird es nicht helfen, die Beziehung zu Tolnedra zu festigen?«
»Schon möglich«, gab sie zu. »Ich sage ja nicht, daß es eine schlechte Idee ist, Garion, aber glaube nur, es wäre besser gewesen, zuerst ein paar Leute vorzuwarnen. Warum lachst du?« fragte sie Belgarath.
»Den gesamten Bärenkult wird der Schlag treffen«, kicherte er.
Ihre Augen weiteten sich. »O ja«, sagte sie. »Den hatte ich vergessen.«
»Es wird ihnen nicht sehr gefallen, nicht wahr?« meinte Garion.
»Vor allem, weil Ce’Nedra Tolnedrerin ist.«
»Du kannst dich darauf verlassen, daß sie Gift und Galle spucken werden«, erwiderte der alte Zauberer lachend.
In den nächsten Tagen waren die sonst so düsteren Säle sehr farbenprächtig, als die offiziellen Besucher und Repräsentanten durch die Festung wanderten, plaudernd, klatschend und in entlegenen Ecken Geschäfte abschließend. Die kostbaren und vielfältigen Geschenke, die sie zur Feier gebracht hatten, füllten mehrere Tische, die an einer Wand im Thronsaal aufgebaut waren. Garion hatte jedoch keine Zeit, sich die Geschenke anzusehen. Er verbrachte die Tage mit seinen Ratgebern und dem tolnedrischen Botschafter und dessen Stab in seinen Räumen, wo die Einzelheiten des offiziellen Verlobungsvertrages ausgehandelt wurden.
Valgon hatte sich auf Garions Bruch mit der Tradition gestürzt und versuchte, den größtmöglichen Vorteil daraus zu ziehen, während Brand verzweifelt versuchte, Paragraphen und Vereinbarungen einzuführen, die Ce’Nedras Autorität streng eingrenzten. Unterdessen starrte Garion immer öfter aus dem Fenster. Der Himmel über Riva war von einem intensiven Blau, und dicke, weiße Wolken
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