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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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ich nach Paris kam. Was ist aus ihr geworden?«
    Obwohl ihr der Schreck in den Knochen saß, verfolgte sie die Sorge um ihr Pferd. Sie hatte oft an die Stute gedacht. Mit Marjolaine in Jeannes Stall hätte sie vielleicht weniger Heimweh nach Faucheville gehabt.
    »Es wird ihr gutgehen«, sagte Julien schließlich und zuckte mit den Schultern.
    Die unklare Auskunft gefiel Séverine nicht.
    »Wo ist sie?«
    »Jedenfalls nicht beim Pferdeschlächter.« Julien reagierte verärgert. »Sie steht in den Ställen des Königs in Dourdan, wenn du es genau wissen willst.«
    »Wie kommt sie denn dahin?«
    Adrien sah Julien blinzeln und bis unter die dunklen Stirnlocken erröten. Séverine brachte nicht nur ihn aus dem Gleichgewicht.
    Es war an der Zeit, ihn zu erlösen.
    »Versuch den beiden Schurken zu folgen, Julien. Ich möchte wissen, ob und von wem sie einen Auftrag hatten. Lauf schon, ich kümmere mich um meinen Schützling.«
    Julien gehorchte, und Séverine versuchte, ihrer Angst Herr zu werden. Gott sei Dank war Adrien rechtzeitig zur Stelle gewesen.
    »Warum um Himmels willen bist du hier«, fragte er in diesem Moment. »Du solltest an einem Tag wie heute das
Hôtel d’Alençon
nicht verlassen, Séverine.«
    »Mir blieb keine Wahl«, verteidigte sich Séverine. »Die Königin von Navarra befahl mir, die Damen zu begleiten, um ihre Einkäufe zu tragen.«
    »Marguerite? Wie kommt sie dazu?«
    »Ich denke, sie weiß, dass ich im
Tour de Nesle
war. Sie hat uns ausführlich vom unglücklichen Tod ihrer Kammerfrau berichtet. Angeblich ist die Frau vom Turm gestürzt, weil sie die Hinrichtung auf der Judeninsel beobachten wollte. Aber ich glaube kein Wort davon. Marguerite wird die Wahrheit aus ihr herausgepresst haben, und wer weiß, was bei dieser Gelegenheit passiert ist. Mich mochte sie von Anfang an nicht. Ich bin ihr ein Dorn im Auge. Sie nennt mich einen Bastard und beschuldigt Jeannes Vater, auch mein Vater zu sein.«
    Es war ein Fehler gewesen, Séverine in dieses Wespennest aus Intrigen und Machtspielen versetzt zu haben. Schon als sie vom
Tour de Nesle
berichtet hatte, hatte Adrien es begriffen. Inzwischen war es zu spät, den Fehler zu korrigieren.
    Marguerite arbeitete eifrig daran, die eigene, gefährdete Stellung zu festigen. Sie hatte eine unliebsame Zeugin beseitigt und Jeanne hierhergeschleppt, folgerte er, um ganz Paris zu Zeugen ihrer Eintracht und Freundschaft zu machen.
    Ich habe Julien unnötig auf die Suche geschickt. Der Befehl, Séverine aus dem Weg zu schaffen, ist aus dem Tour de Nesle gekommen. Marguerite will hier keine Felle kaufen, sondern klare Verhältnisse schaffen. Séverine darf nichts davon erfahren. Es würde sie noch mehr ängstigen.
    »Habe ich dir nicht mein Wort gegeben, dass du von makelloser Herkunft bist?«, antwortete er laut, weil er den Kummer in ihren Augen nicht ertrug. »Was immer Marguerite vermutet, wissen tut sie nichts.«
    Sie bezweifelte seine Behauptung. Er sah es ihr an. Ihr Lächeln war zu zaghaft, um von Herzen zu kommen. Unter ihren Augen lagen Schatten. Was konnte er tun, damit sie wieder jene Unbeschwertheit und Lebensfreude verströmte, die alle in ihren Bann zog?
    »Ich geleite dich zu Jeanne.« Adrien versuchte sie auf andere Gedanken zu bringen. »Sie wird sich um dich sorgen, wenn du einfach verschwindest. Was haben diese Kerle eigentlich zu dir gesagt?«
    »Nichts.«
    Sie schüttelte den Kopf, verwirrt von den Ereignissen. Er sah ihr an, dass sie Fragen stellen wollte, und drückte warnend ihre Finger. Dies war nicht der richtige Ort für Erklärungen. Sie würde lernen müssen, Geduld zu haben.
    »Ich werde dafür sorgen, dass du kein zweites Mal in eine solche Lage kommst. Lass uns gehen.«
    Er führte sie an den Verkaufsständen eines Dufthändlers und einer Weißnäherin vorbei. Die drei Schwiegertöchter des Königs und ihren Hofstaat hatten sie schnell erreicht.
    Marguerites Reaktion bestätigte seine Vermutungen. Ihr blieb keine Chance, sich verstellen zu können. Bei seinem und Séverines Anblick weiteten sich ihre schwarzen Augen ungläubig.
    »Adrien von Flavy, wie schön Euch zu sehen.« Mit unvergleichlicher Würde straffte sie die Schultern, während Adrien seine Reverenz entbot. Séverine neigte den Kopf und wünschte sich sehnlichst, unsichtbar zu sein.
    »Majestät, Mesdames, Seigneurs.« Adrien richtete sich auf und ergriff beruhigend Séverines Hand. »Erlaubt mir, darauf hinzuweisen, dass sich zurzeit eine Menge Gesindel in Paris

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