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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Frauen aufklären zu müssen. Es ist ein so schrecklicher Betrug.«
    »Es ist mehr. Das Unglück der Kammerfrau weist auf einen Mord hin.«
    Jeanne starrte ihn fassungslos an. »Das kann ich nicht glauben. Alles in mir sträubt sich dagegen, das auch nur zu denken. Es war ein Unfall, ein tragischer Sturz. Weder meiner Schwägerin noch meiner Schwester traue ich einen Mord zu.«
    Adrien schwieg.
    »Ich wünsche, dass Ihr nicht noch einmal eine solche Verdächtigung aussprecht«, sagte sie schließlich ungewohnt bestimmt, machte auf dem Absatz kehrt und eilte Marguerite und Blanche nach.
    Séverine spürte Adriens Verstimmung. Sie versuchte zaghaft, Jeanne zu verteidigen. »Du musst sie verstehen. Sie macht sich ohnehin zu viele Sorgen.«
    Was musste noch geschehen, damit Jeanne das Ausmaß der Gefahr begriff?
    »Wahrscheinlich hat sie nicht einmal Marguerite und Blanche ernsthaft ins Gewissen geredet«, vermutete er.
    »Die tote Kammerfrau ist der beste Beweis dafür, dass sie es getan hat«, ereiferte sich Séverine. »Sie kannte meinen Namen. Ohne deine und Juliens Hilfe würde ich vielleicht jetzt an irgendeiner Mauer liegen, ebenfalls tot, dessen bin ich mir mehr und mehr gewiss. Und keiner würde mir eine Träne nachweinen.«
    Doch – ich,
fuhr es ihm durch den Kopf, und er empfand einen stechenden Schmerz in der Gegend des Herzens. Der Gedanke, sie könnte tot sein, machte ihn für einen Augenblick völlig ratlos. Es war ihm danach, sie festzuhalten, in die Arme zu schließen. Aber in dieser Umgebung konnte er sie nur ansehen. Die Sommersprossen auf ihrem Nasenrücken und den Wangen waren über den Winter fast verschwunden. Es hatte so lustig und natürlich ausgesehen.
    Schade,
dachte er.
    »Ich bin nicht wichtig, das steht nun einmal fest«, fügte sie traurig hinzu und blieb stehen.
    Sie waren den Menschen im Weg, die aus dem Audienzsaal seiner Majestät kamen oder hineingingen. Die Wachen vor der Doppelflügeltür wurden bereits auf sie aufmerksam.
    Adrien rief sich zur Ordnung. Dies war weder der Ort noch die Zeit, seinen Gefühlen nachzugehen.
    »Schluss jetzt«, sagte er nüchtern. »Du bist das Mündel des Barons Flavy und gehörst zum Hofstaat der Gräfin von Poitiers. Ich habe zudem klargestellt, dass du unter meinem Schutz stehst. Deine Aufgabe ist es, im Haus der Gräfin eine Dame zu werden. Alles Weitere wird sich weisen, wenn Mahaut von Artois wieder in der Stadt ist.«
    »Mahaut von Artois – Jeannes Mutter? Was hat sie damit zu tun?«
    Juliens Auftauchen unterbrach glücklicherweise das Gespräch. Er hatte die Männer nicht einholen können. Er wartete auf Adriens weitere Befehle. In der Zwischenzeit blickte er Séverine voller Bewunderung an. Sie belohnte ihn mit dem Lächeln, mit dem sie alle Welt verzaubern konnte.
    Sie bemerkten beide nicht, dass Adrien sie grüblerisch beobachtete. Sie waren sichtbar voneinander angetan. Es missfiel ihm.
    * * *
    »Der Papst ist tot!«
    Die Neuigkeit durcheilte Paris schneller als der große Fluss, an dessen Ufer die Stadt lag. Nahezu jedermann begann die Tage zu zählen. Was hatte der Großmeister der Templer, Jacques Molay, in den Flammen des Scheiterhaufens geschworen? Papst Clemens V., einstmals Bertrand von Got, Erzbischof von Bordeaux, müsse sich binnen vierzig Tagen vor dem Gericht Gottes verantworten. Noch war es April, noch waren keine vierzig Tage verstrichen.
    Jeannes Gemahl brachte die Neuigkeiten ins
Hôtel d’Alençon.
Séverine lauschte, wie alle anderen, gebannt seinen Ausführungen.
    »Die Ärzte sind sich uneinig. Die einen behaupten, Seine Heiligkeit sei an einem Geschwür gestorben, das sich unaufhaltsam in seinem Körper ausgebreitet habe. Die anderen sprechen von einer Krankheit des Gedärms und des Magens. Tatsache ist jedoch, dass er unter grässlichen Schmerzen starb. Aber das ist noch nicht alles …«
    Die erschrockenen Blicke der Frauen ließen Philippe kurz innehalten. Séverine glaubte, er wolle seine Informationen vielleicht schönen, doch er entschied sich, wie es seine Art war, für die Wahrheit.
    »Da der Heilige Vater in seinem Schloss in Roquemaure verstorben ist, wurde sein Leichnam in der Kathedrale von Uzeste aufgebahrt. Kaum war der Katafalk aufgestellt, entlud sich ein gewaltiges Gewitter über dem Languedoc. Große Teile des Landstriches wurden verwüstet. Einer der zahllosen Blitze schlug in das Dach von
Notre-Dame
von Uzeste ein. Die Kirche wurde von den Flammen verschlungen. Als am nächsten Morgen der

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