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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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wegen der kleinen Tändelei mit Gautier. Das ist Wahnsinn.«
    Kennzeichnend für Blanche, dass sie sich die Wahrheit schönredete, dachte Jeanne. Nachsicht für so viel Dummheit verdiente sie wirklich nicht. Jeanne fror und rieb sich die Oberarme. Es wollte nicht besser werden. Im Gegenteil, die innere Kälte in ihrem Körper nahm zu.
    »Wach auf, Blanche. Der König weiß sehr wohl, dass du Gautier mehr geschenkt hast als nur ein Lächeln. Nie würde er angesehene Edelmänner ohne schwerwiegenden Grund verhaften und zur hochnotpeinlichen Befragung abführen lassen. Er weiß alles, das muss euch klar sein. Und was er noch nicht weiß, werden eure Liebhaber ihm auf der Streckbank verraten.«
    Blanche brach in Tränen aus.
    »Und woher weiß der König alles? Wer hat uns verraten?«
    »Eine gute Frage. Die Antwort darauf interessiert auch mich, liebste Schwägerin«, fuhr Marguerite Jeanne an und bedachte sie mit einem Blick, der sie unwillkürlich einen Schritt Richtung Wand zurückweichen ließ.
    Natürlich musste Marguerite sie verdächtigen. Seit Séverine die beiden im
Tour de Nesle
beim Ehebruch ertappt hatte, versuchte sie ihren Schwägerinnen immer wieder die Konsequenzen ihres Handelns eindringlich vor Augen zu führen.
    »Wäre ich hier mit euch eingesperrt, wenn ich euch verraten hätte?«, verteidigte sie sich.
    »Das mag einleuchtend sein«, zischte ihre Schwägerin. »Aber woher weiß er von unseren heimlichen Treffen und unseren Liebesspielen im
Tour de Nesle?
Wer außer dir hat davon gewusst?«
    »Hast du uns wirklich nicht verraten?«, fragte Blanche vorsichtig.
    Hinter Jeannes Stirn jagten sich die Vorwürfe. Sie hätte auf Adrien hören und sich Philippe unverzüglich anvertrauen sollen. Es war ein schwerwiegender Fehler gewesen, immer wieder auf einen günstigeren Zeitpunkt für ein Gespräch zu warten. Sie hatte die Gefahr sträflich unterschätzt. Wieso nur hatte sie Adriens Warnungen in den Wind geschlagen?
    Séverine kam ihr in den Sinn, der Marguerite ohnehin misstraute. Es bestand größte Gefahr, dass die sie mit hineinzog. Sie musste klug argumentieren, damit es kein weiteres Opfer gab.
    »Nein, ich habe mit niemandem darüber gesprochen außer mit euch. Aber an eure Vernunft habe ich ja wohl oft genug appelliert. Angefleht habe ich euch, ein Ende mit dem Betrug zu machen. Die Spatzen in Paris haben es bereits von den Dächern gepfiffen, dass ihr mit den Brüdern Aunay herumtändelt. Und was war der Erfolg? Ihr habt mich ausgelacht und mit euren Galanen vor den Augen des Königs kokettiert. Wie könnt ihr euch darüber wundern, dass ihn die Gerüchte letztendlich erreicht und zum Handeln gezwungen haben.«
    »Waren es auch die Pariser Spatzen, die uns im
Tour de Nesle
beobachtet und an dich verraten haben? Trägt dieser besondere Spatz vielleicht sogar den Namen einer deiner Damen?«
    Marguerites Hohn machte Jeanne Angst. Zum ersten Mal vermochte sie sich vorzustellen, dass die Base tatsächlich etwas mit dem Tod ihrer Kammerfrau zu tun haben könnte. Der Gedanke daran verlieh ihr die Kraft, dem wütenden Blick Marguerites standzuhalten.
    »Dies ist nicht der Augenblick zu spotten, Marguerite. Du fragst dich, wer euch verraten hat? Öffne deine Augen. Erinnere dich an Isabelles Gesicht, als der König uns den Wachen übergab. Wenn je unverhohlener Triumph ihr Gesicht gezeichnet hat, dann in diesem Augenblick. Denkst du, was halb Paris weiß, entgeht den Spionen, die in ihrem und des englischen Königs Auftrag an unserem Hofe leben? Isabelle hat das Gift ins Ohr ihres königlichen Vaters geträufelt, diese Annahme ist am wahrscheinlichsten.«
    »Die Schlange. Ich wusste immer, dass sie uns Böses will. Aber dass sie uns so gehässig verleumdet, ist einfach unerträglich. Der Neid auf unser Glück zerfrisst sie. Der König muss sie zum Schweigen bringen.«
    Blanche war unverbesserlich, realitätsfremd, einfältig und verlogen. Jeanne schüttelte den Kopf.
    Marguerite hingegen lachte. Es klang wie zerspringendes Glas. Sie fuhr von der Bank hoch, als gelte es, auf der Stelle in den Rat des Königs zu stürmen.
    »Gott segne dein schlichtes Gemüt, süße Blanche«, rief sie dabei höhnisch. »Wir sind es, die Isabelle hätten zum Schweigen bringen müssen. Wenn sie wirklich ihre Finger in der Sache hat, dann Gnade uns Gott.«
    »Aber ich bin unschuldig!«
    Blanche vertrat Marguerite erregt den Weg. In der engen Kammer wirkten ihre dramatischen Gesten völlig fehl am Platz. Dennoch erreichte sie,

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