Turm-Fraeulein
Dämon die Augen nicht einmal bewegt. Und alle sahen sie Grundy zu. Warteten darauf, daß er loslegte.
Plötzlich, überkam ihn Lampenfieber. Seine Zunge schien anzuschwellen und den ganzen Mund auszufüllen, und seine Kiefer waren plötzlich aus Kristall. Ganz Xanth sah zu!
»He, reiß dich zusammen!« flüsterte sein Doppel und knuffte ihn. »Du mußt deine erfolgreiche Strategie vorführen.«
Doch Grundy blieb wie angewurzelt stehen, von der Ungeheuerlichkeit des Ganzen überwältigt.
»Er hat doch gar keine Strategie!« sagte eine Elfenvettel zu dem Dämon. »Schmeiß ihn in den Teich der Gehirnkoralle und schick mich zurück an die Oberfläche!«
»Wen soll er zur Oberfläche schicken?« wollte der andere Elfenprinz wissen.
»Wer hatte dir denn gesagt, daß du dich hier einmischen sollst?« erwiderte der erste.
Noch immer war Grundy stumm, weil er sich allzusehr dieser Augen bewußt war, die auf ihm ruhten. Ihm war klar, daß er im Begriff war, seine Sache zu vermasseln und alles zu verlieren, wenn er sich jetzt nicht rührte, doch er konnte sich weder bewegen noch sprechen, solange er der Mittelpunkt dieser gewaltigen und wichtigen Zusammenkunft war.
Da riß ihn eine Stimme aus seiner Lähmung. »Ach, Grundy!«
Rapunzel! Sie war auch da – und wenn er scheitern sollte, wäre ihr Preis ebenso hoch wie seiner.
Seine Zunge schrumpfte wieder, und sein Körper löste sich aus seiner Erstarrung. Auf keinen Fall durfte er zulassen, daß sie derartig leiden mußte!
»Ziel dieser Schauvorführung besteht darin, Punkte zu sammeln«, erklärte er. »Die Zahl der Punkte unterscheidet sich je nach Kombination der Entscheidungen durch die Teilnehmer. Sagen wir einmal, daß jeder gegen den anderen eine Aussage macht. In diesem Fall bekommt jeder einen Punkt.«
»Einen Punkt«, sagte eine der Vetteln, die plötzlich sehr genau aufpaßte. Sie wollte sichergehen, daß er nichts aufzuweisen hatte, was den Dämon zufriedenstellen konnte.
»Nun sagen wir auch einmal, daß keiner gegen den anderen aussagt«, fuhr Grundy fort. »In diesem Fall bekommt jeder drei Punkte. So bleiben sie auf Gleichstand, keiner hat einen Vorteil.«
»Drei Punkte«, wiederholte die andere Vettel.
»Aber angenommen, ein Gefangener sagt aus, und der andere tut es nicht«, schloß Grundy. »Dann bekommt der Aussagende fünf Punkte – und der andere keine Punkte.«
»Aber gewiß doch!« stimmten beide Vetteln zu und fuhren sich mit den Zungen über ihre prinzenhaften Lippen. Offensichtlich hatten beide vor, die fünf Punkte zu erlangen.
»Ich habe ständig Punkte verloren«, murmelte der Dämon. »Aber das ist lediglich die Lage, nicht die Lösung. Was ist nun deine Strategie?«
»Laß sie mich dir vorführen«, sagte Grundy. »Jeder von uns vier – zwei Golems und zwei Vetteln – kämpft mit seinem Partner gegen die beiden anderen. Natürlich werden die Vetteln niemandem etwas verraten…«
»Natürlich«, bekräftigten die Vetteln.
»Während der andere Golem meiner Strategie folgen wird«, sagte er. Er blickte den anderen an. »Du weißt, wie es geht?«
»Na klar doch, ich bin ja dein Klon; ich weiß alles, was du weißt.«
»Gut. Jetzt wollen wir alle schön einen Schritt nach dem anderen machen, damit der Dämon verfolgen kann, was hier geschieht. Es wird mehrere Runden für jeden Kampf geben, damit sich zeigt, daß die Strategie nicht nur auf reinem Zufall beruht. Ich fange an.«
Grundy schritt auf eine der Vetteln zu. Dann blieb er stehen. »Ach so, ja… Wir brauchen auch noch etwas Papier und Bleistifte, um…«
Wieder zwinkerte der Dämon nicht einmal mit dem Auge. Plötzlich hatten sie kleine Notizblöcke aus Papier und Bleistifte in den Händen.
Im Publikum machte sich Unruhe breit, und Grundy sah, dass nun jeder der Zuschauer ebenfalls mit Notizblöcken und Bleistiften ausgerüstet war. Alles führte Buch.
Wieder überfiel Grundy Zweifel. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, um diese Sache gründlich zu durchdenken. Was, wenn seine Intuition fehlerhaft war und seine Strategie nicht den Sieg hervorbrachte? Dann würde er nicht nur auf alle Zeiten im Speichersee der Gehirnkoralle verbleiben, dann würde die Vettel nicht nur Rapunzels Körper erhalten – es würde auch jeder in Xanth davon wissen. Dann wäre seine Demütigung vollständig und endgültig. Der Golem, der die Chance gehabt hatte, alles zu richten, und sie prompt vermasselte.
Der bloße Gedanke daran ließ ihn schwitzen und zittern. Er ahnte, daß etwas
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