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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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war schlecht. Wäre es ihnen gelungen, sie als Allegorie zurückzulassen, so hätten sie wahrscheinlich nicht mehr verfolgt werden können, denn in dieser Gestalt wäre es der alten Hexe sehr schwergefallen, sich selbst umzubringen.
    »Von jetzt ab werde ich es stets in meiner Rechten festhalten!« sage Arnolde, als sie ihm das Holz zurückgaben. »Ich hatte es neben mich gelegt, weil ein magisches Umfeld wirklich sehr viel bequemer ist als ein mundanisches, aber im nachhinein erkenne ich, daß ich mich dabei verrechnet habe.«
    So legten sie sich wieder schlafen, was Grundy nicht eben leicht fiel. Doch Rapunzel flüsterte ihm zu, wie tapfer er doch gewesen sei und hielt seine Hand, und das war sehr angenehm. Fast bedauerte er es, daß sie kurz davorstanden, dieser Falle zu entkommen.
    Am Morgen speisten sie wieder und machten sich auf den Weg. Zu Grundys Überraschung hatte Threnodia Golemgröße angenommen; plötzlich gab es zwei Frauen in seiner Welt. Zu dritt nahmen sie auf dem Bett Platz, das Jordan auf Arnoldes Rücken befestigte, und ritten stilvoll davon. Snorty hatte sich daruntergequetscht, weil es ja Tag war, und Jordan schritt neben ihnen.
    »Machen deine Veränderungen von Gestalt und Größe Jordan denn eigentlich keine Schwierigkeiten?« fragte Rapunzel Threnodia.
    »Nein«, sagte die Frau lachend. »Ich habe immer die richtige Größe für ihn, wenn er das möchte. Wir alle haben verschiedene Talente, und jeder von uns kann Dinge tun, die der andere nicht beherrscht.«
    »Aber du kannst doch auch sehr viel größer werden als er«, beharrte Rapunzel. »Bekommt er gar keine Angst, wenn du riesig bist?«
    »Niemals. Es ist nicht die Körpergröße, die zählt, sondern die Beziehung zueinander. Ich liebe ihn. Er könnte mich mit einem einzigen Schwerthieb töten, und ich könnte mich davon nicht erholen, aber ich weiß, daß er das niemals täte, weil auch er mich liebt.«
    »Die Beziehung zueinander«, wiederholte Rapunzel. »Dadurch ist dann alles in Ordnung.«
    Grundy hörte zu, ohne einen Kommentar abzugeben. Es mochte zwar stimmen, daß die Beziehung, die man zueinander hatte, wichtiger war als die Körpergröße – doch Rapunzel mußte erst einmal Beziehungen zu ihren menschlichen und/oder elfischen Verwandten herstellen. Auch wenn sie es nicht wissen mochte, er wußte es bestimmt: daß nämlich zu beiden Gesellschaften kein Golem gehörte. Wie sehr er es sich auch anders gewünscht hätte!
    Hier im mundanischen Korridor, bei Tageslicht wirkte die Landschaft wirklich sehr fremdartig. Als sie an einem Kakaokusnußbaum vorbeikamen, sah die große Nuß überhaupt nicht schokoladenartig aus, sie war lediglich eine große, grobe Schale, die man unmöglich hätte verspeisen können. Alles wirkte außerordentlich langweilig. Als sie allerdings ins Grasmeer hinaustraten, war dies – ein Grasmeer.
    Mit einem Unterschied. Es war kein wirklicher Sumpf, vielmehr schien es die Imitation eines Sumpfes zu sein. Es hatte beinahe den Anschein, als hätte hier jemand Matschklumpen und etwas Wasser ausgegossen und ein paar Grasbüschel angepflanzt, damit alles aus der Entfernung wie ein richtiger Sumpf aussah. Doch unweit hinter dem Korridor breitete der Sumpf sich wieder in voller Pracht aus, das Gras war dicht und grün, und es ließ sich leicht erkennen, wo der Korridor endete, nämlich anhand der erbärmlichen Landschaft, die an seinen Rändern begann.
    Sie schritten zur nächsten Baumgruppe hinüber – und die Landschaft veränderte sich. Hinter ihnen verschwand das Gras, und die gewöhnliche Vegetation Xanths kehrte zurück.
    Arnolde blieb stehen. »Der mundanische Korridor paßt nicht sehr gut zu den normalen Dingen«, sagte er. »Ich meine, ihr werdet weitaus angenehmer reisen, wenn ich euch nun wieder verlasse. Das Lager der Faune liegt, wie ich glaube, unmittelbar vor euch!«
    Grundy wußte, daß er recht hatte. Faune und Nymphen waren im Grunde magische Kreaturen, und Umkehrholz würde ihnen überhaupt nicht behagen. Arnolde hatte seine Pflicht getan, und sie waren ihm entsprechend dankbar dafür. Ihren Dank teilten sie ihm auch alle begeistert mit, was ihn verlegen machte. Vielleicht hatte auch die Tatsache damit zu tun, daß Rapunzel und Threnodia an ihm emporkletterten und sein rechtes und linkes Ohr küßten. Schließlich war er im Grunde seines Herzens ein bescheidener Gelehrter, der nicht eben zum Heldentum neigte.
    Arnolde trennte sich von ihnen, mit noch immer geröteten Ohren, um seinen

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