Turm-Fraeulein
einer Eiche nieder. Sie war gerade dabei, wieder menschliche Größe anzunehmen; im Augenblick befand sie sich in einem diffusen, gespenstischen Stadium. Sie war zwar bereits größer geworden, nicht jedoch schwerer; es mochte noch eine Stunde dauern, bis sie wieder eine feste, kräftige Gestalt angenommen hatte.
So stand das Bett für Grundy und Rapunzel frei. Sie hatte wieder Golemgröße angenommen. Anders als Threnodia konnte sie ihre Körpergröße sofort verändern, mußte jedoch stets dieselbe Gestalt beibehalten. Was die Magie anging, so schien sie stets portionsweise zugeteilt zu werden; nur die Magier und Zauberinnen verfügten über ihr ganzes Spektrum. Der kleine Dolph konnte sofort jede beliebige Form annehmen, weshalb er auch ein Magier war, dazu bestimmt, König von Xanth zu werden, falls Ivy dieses Amt ablehnte.
»He, Grundy«, rief Snorty unterm Bett hervor.
»Ja«, entgegnete Grundy.
»Weißt du, wir haben zwar deinen Drachen gefunden, aber für mich haben wir noch keine Romantik und Romanzen entdeckt. Das war schließlich Teil der Abmachung, mußt du wissen.«
Grundy blickte Rapunzel fassungslos an. Was sollte er dazu sagen?
»Fragt er tatsächlich, was ich gerade vermute?« fragte Rapunzel.
»Ja. Und ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll.«
»Na, dann sag ihm doch einfach die Wahrheit«, sagte sie. »Er hat es verdient, sie zu erfahren, das weißt du doch.«
»Aber…«
Also sagte Rapunzel es für ihn. »Snorty, es schmerzt mich zwar, dir das sagen zu müssen, aber es gibt keine weiblichen Wesen deiner Art.«
»Das habe ich schon vermutet«, murrte das Bettungeheuer, und Grundy dolmetschte. Snorty konnte Menschensprache verstehen wie die meisten Ungeheuer, wenngleich er sie nicht sprechen konnte.
»Aber ich bin sicher, daß du ein erfülltes Leben führen könntest«, meinte Rapunzel. »Diese Nymphen scheinen dich sehr zu mögen.«
»Aber ich kann nicht hierbleiben«, erwiderte Snorty finster. »Das ist Stanleys Revier.«
Und so hatten sie nun einen Drachen, der zwar gerne auf Schloß Roogna zurückgekehrt wäre, dies aber nicht tun konnte, und ein Bettungeheuer, das gerne hiergeblieben wäre, dies aber ebenfalls nicht konnte. Xanth war voller Verwicklungen.
»Irgendwie gibt es für jedes Problem schon eine Lösung«, meinte Rapunzel tröstend. »Das weiß ich einfach.«
Ihre optimistische Einstellung glich denen der Nymphen. Grundy wünschte, daß er sie teilen könnte, doch das gelang ihm nicht. Auf einer Queste zu sein, das war gar nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hatte.
Dann nahm Rapunzel wieder seine Hand, und beinahe wäre es ihm möglich gewesen, tatsächlich zu glauben, daß die Dinge besser standen, als es in Wirklichkeit der Fall war.
14
Wahnbienen
Am Morgen erhoben sich Faune und Nymphen und schwärmten herbei, um sich ihre Besucher anzusehen, ganz als erinnerten sie sich überhaupt nicht mehr an sie. Stanley stürzt heran. »Für sie ist jeder Tag neu«, erklärte er in Drachensprache. »Sie können sich am nächsten Tag nicht mehr an den vorherigen erinnern. Deshalb können die Kobolde, Oger und andere Wesen hier auch einfallen; die Faune und Nymphen lernen es einfach nicht und treffen keine Vorsichtsmaßnahmen.«
»Sie benötigen in der Tat einen Beschützer«, meinte auch Grundy. Natürlich wäre es falsch, diese Gemeinschaft ihres einzigen Schutzes zu berauben. Doch wie sollte er auf Schloß Roogna zurückkehren, ohne seine Queste erfüllt zu haben?
Die Nymphen entdeckten das Bettungeheuer aufs Neue und schrien entzückt, als Snorty nach ihren Waden grabschte. Stanley lief wieder eine Spur grüner an als sonst, sagte aber nichts. Die Faune beschafften das Morgenmahl aus Früchten und Keksen. Alle waren glücklich – bis auf die Gäste, die mit einem Erinnerungsvermögen gestraft waren, das erheblich über einen Tag hinausreichte.
»Wenn es doch keine Lösung gibt«, murmelte Rapunzel, »wäre dies hier vielleicht ein guter Ort, um zu bleiben.«
»Nein!« sagte Grundy. »Ich muß meine Queste vollenden, und du mußt zu deiner eigenen Gemeinschaft zurück, welche das auch sein mag. Es muß irgendeinen Ausweg geben.«
»Natürlich«, sagte sie ein wenig traurig.
Doch am späten Vormittag veränderten sich die Dinge plötzlich.
Auf dem Zugangspfad ertönte ein unheilvolles Brummen. Schon bald zeigte sich dort ein Bienenschwarm, und wie es sich anhörte, führte der nichts Gutes im Schilde.
Es waren riesige Bienen, jede von ihnen fast halb so
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