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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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knappen Vorsprung nutzte.
    Einen Augenblick später summten mehrere Bienen herbei, unter ihnen offensichtlich der Vorarbeiter. »Das ist kein Inspekteur, sondern ein Eindringling«, summte er. »Stecht ihn!«
    Drei Bienen griffen ihn an. Grundy wich gegen die Wand der sechseckigen Kammer zurück, Nadel und Netz kampfbereit. Doch nun schwirrten immer mehr Bienen heran, und er wußte, daß er bald ihrer Überzahl erliegen mußte.
    Dann hatte er einen weiteren Geistesblitz. Er drehte seine Nadel um und piekste damit in eines der Wachssiegel hinter sich. Die Spitze drang ein, und die Nadel blieb haften; dann riß er sie zur Seite, worauf mit einem schmatzenden Geräusch sich der Wachsverschluß löste. Dicker Honig quoll hervor.
    »Rettet den Honig!« sirrte die Vorarbeiterbiene entsetzt.
    Sofort machte sich einer der Arbeiter daran, den Schaden wieder zu beheben. Grundy bewegte sich ein Stück weiter, löste einen weiteren Wachsverschluß und dann einen dritten. Als einer der Arbeiter ihn angriff, legte er seine Nadel blitzschnell beiseite und holte mit der bloßen Hand einen Honigklumpen hervor. Den schleuderte er der Biene entgegen. Der Honig ließ sich zwar nicht besonders gut schleudern, doch immerhin verklebte er die Flügel der Biene, worauf sie in ernste Flugnot geriet. In ihrem Bemühen, das klebrige Zeug loszuwerden und es wieder in die leckende Vorratskammer zurückzustopfen, vergaß die Arbeitsbiene den Golem.
    Schon bald konnte Grundy die Honigtopfhöhle unbehelligt verlassen.
    Doch er hatte noch immer keinen Zugang zur Zentralhöhle gefunden. Statt dessen gelangte er nun in eine ruhige, nur matt beleuchtete Kammer, an deren Wänden sich Zellen befanden, die keinen Honig enthielten. Er musterte sie genauer – und entdeckte einen monströsen Klumpen darin. Eine sich entwickelnde Biene! Er war im Kinderhort.
    Eine Kinderschwesterbiene kam näher. Grundy brachte es nicht übers Herz, hier Unheil anzurichten, weshalb er sich hastig in den nächstgelegenen Seitengang verzog. Der führte ihn um den Stock herum nach oben. Nach einer Weile gelangte er in eine neue, kleinere Kammer, an deren Wänden sich Tapeten aus Pappe befanden.
    Dort empfing ihn eine junge und erstaunlich hübsche weibliche Biene, die ihre Antennen auf ihn richtete, als er eintrat. »Sieh mal da, Besuch«, summte sie balzend.
    »Äh, ja«, sagte Grundy, unsicher, was hier los sein mochte. »Ich… äh… suche die Königin.«
    »Ach, tatsächlich«, summte sie. »Hätte nicht gedacht, daß du der Typ dazu bist. Du siehst eher aus wie ein Golem als wie eine Drohne.«
    »Ich bin auch ein Golem«, gestand er, überrascht von der Art und Weise, wie sie ihn zu akzeptieren schien. Sie war viel größer als die Arbeitsbienen und hätte ihm einige Schwierigkeiten bereiten können, wenn sie ihn angegriffen hätte, doch sie wirkte durchaus freundlich. »Und du…«
    »Ich bin die Prinzessin B9«, summte sie. »Schon bald werde ich meinen Jungfernflug unternehmen und mich mit der würdigsten Drohne paaren, um meinen eigenen Stock aufzumachen.«
    »B9?« fragte er. »Gibt es etwa acht andere?«
    »Aber natürlich nicht«, summte sie fröhlich. »Ich gehörte zu den ersten beiden der Brut, deswegen habe ich gegen die andere, B12, gekämpft und sie getötet, trotz aller Vitamine, die sie eingenommen hatte, und danach habe ich die Köpfe aller verbleibenden Kandidatinnen abgehauen, von B1 bis B20. Es gibt keine weiteren Bienenprinzessinnen mehr, nur mich. Ist das nicht romantisch?«
    »Aber du siehst doch wie ein sehr nettes Wesen aus!« platzte es aus Grundy heraus.
    »Ich bin auch ein nettes Wesen«, surrte sie. »Ich habe lediglich getan, was getan werden mußte. Ein Stock kann nicht zwei Bienenprinzessinnen unterhalten.«
    »Nun, die Königin dieses Stocks ist einem bösen Geist zum Opfer gefallen«, klärte er sie auf. »Ich bin gekommen, um sie zu fangen und wegzubringen.«
    »Ach ja?« surrte sie interessiert. »Ich habe mir doch schon gedacht, daß sie sich in letzter Zeit recht merkwürdig benimmt. Fast den ganzen Schwarm auszuschicken, um die Faune belästigen – bisher haben wir mit den Faunen immer Frieden gelebt. Aber wenn die Königin befiehlt, gehorchen alle.«
    Da kam Grundy eine neue Idee. »Angenommen, ich entführe die Königin – was geschieht dann mit diesem Stock?«
    »Nun, dann würde ich ihn natürlich übernehmen müssen. Das würde mir nichts ausmachen. Es ist immer besser, mit etwas zu beginnen, das bereits einigermaßen gut

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