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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Idealisten, für die Mittellosen und Bedürftigen, aber nach allem, was sie gehört hatte, verdammt gut, erzählte mir Sally Gene, als sie mich anrief. Sie hatte Kollegen gefragt und so getan, als benötigte sie die Informationen für einen ihrer Patienten. In Southside erwartete man uns. Sie würde sich dort mit uns treffen.

Kapitel Fünfzehn
    »Die Sache, die wir überhaupt nicht verstehen, ist, wer um alles in der Welt Carl hätte töten wollen. Er war harmlos, lieb. Es wäre so, als zerquetsche man ein Kätzchen. Und wir haben weder eine Idee, was er hier machte, noch wie oder warum er hierhergekommen ist.«
    Sarah Hazelwood und ich saßen auf der Bank vor Man ny’s Dollar $tore. Adrienne und Mr. Hazelwood waren weggefahren, um eine Unterkunft zu suchen. Ich schickte sie zu Ko-Z Kabins draußen am Highway. Ein ganzes Stück entfernt und von der Sorte, für die man sich schon vorher entschuldigte, aber sonst gab’s hier nicht viel.
    »Ich nehme an, Sie sind alle eine Familie.«
    »Genau so, wie man wählen kann, woher man kommt, Mr. Turner, kann man sich auch seine Familie wählen.« Sie lächelte. »Ich habe nicht auf Konfrontationskurs gehen wollen.«
    »Ich verstehe.«
    »Dad ist nicht Adriennes Vater, aber sie behandelt ihn niemals, als wäre er etwas anderes. Auf eine Weise ist sie ihm näher als ich es bin.«
    »Sie und Adrienne …«
    »Halbschwestern. Mutter bekam sie, bevor sie Dad heiratete, als sie fast selbst noch ein Kind war. Adrienne wuchs bei den Großeltern auf. Dann, nicht lange nachdem Mutter gestorben war, kam Adrienne und suchte nach ihr. Das
war eigentlich gar nicht möglich, mit all den Vertuschungen, aber die Hazelwoods sind ein einfallsreicher Haufen. Adrienne und Dad kamen von Anfang an großartig miteinander aus. Sie blieb ein paar Tage bei uns, aus Tagen wurden Wochen, und irgendwann verstanden wir, dass sie nicht mehr gehen würde. Der Rest entwickelte sich mit der Zeit.«
    Entweder um meine Reaktion zu testen oder zu beurteilen, ob ich weitere Erklärungen zu »dem Rest« brauchte, sah mich Sarah Hazelwood unverwandt an.
    Ein riesiger Grashüpfer kam aus dem Nichts und landete vor uns mitten auf der Straße. Er saß dort einen Moment und hopste dann weiter, Richtung stadtauswärts, mit trommelnden Gleitflügeln. Das Ding war fast so groß wie ein Frosch.
    »Wie passt Carl da rein?«
    »Mutter bekam mich, als sie schon älter war. Danach wurde sie nie wieder richtig gesund. Wie ich schon sagte, wohin wir gehören, unsere Familien, wir können sie uns aussuchen. Mutter sagte immer, sie hätten mich rausgezogen und ihre Rohrleitungen gleich hinterher.«
    Eine Drossel schoss herab, von hinten auf den Grashüpfer zu, realisierte im letzten Moment, dass ihr kaum noch genug Zeit blieb, Ben McAllisters Lastwagen auszuweichen, der auf sie zukam, die Ladefläche ein Durcheinander an Futtersäcken, und schwang sich wieder in die Lüfte. Ich winkte Ben zu, der mit seinem üblichen Millimeter-Nicken antwortete. Der Grashüpfer tauchte hinter dem Lastwagen wieder auf und hopste weiter.
    »Eines Tages war Daddy draußen beim Jagen. Er kam
zufällig am Nachbarhaus vorbei, eine Meile den Berg hoch, und hörte ein Baby schreien. Er klopfte, bekam keine Antwort und ging hinein. Das Haus war nicht mehr als eine Hütte. Ein Mann namens Amos Wright lebte schon so lange dort, wie wir zurückdenken konnten. Dann, etwa ein Jahr, bevor Dad vorbeikam, war er plötzlich mit einer Frau aufgetaucht. Niemand wusste, woher sie kam oder wie die beiden sich überhaupt kennengelernt hatten. Amos war immer für sich geblieben.
    Dad sagte, er hätte den Gestank gerochen, noch bevor er den Fuß auf die Veranda gesetzt hatte. Und als er reinging, war das ganze Haus voller Fliegen. Sie schwirrten alle um das Baby, das in seiner Wiege lag. Die Mutter des Babys lag auf dem Boden neben dem Bett. Fliegen hatten Eier in ihre Wunden gelegt, und Maden quollen daraus hervor.
    »Das Baby …«
    »Das Baby war Carl. Amos hatte keine Familie, von der irgendwer etwas gewusst hätte, und über die Mutter wusste niemand auch nur das Geringste. Also nahm meine Familie ihn auf und zog ihn groß, so wie die Menschen auf dem Land das eben tun. Amos wurde nie wieder gesehen, und man hat nie was darüber erfahren, was wirklich passiert war. Einige sagten, es sei ein Unglück gewesen, andere behaupteten, jemand sei eingebrochen und hätte die Frau erschlagen, vielleicht sogar ein Verwandter. Eine Menge Leute ging davon aus, Amos hätte sie

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