Turrinis Jagd: Kriminalroman
nicht das Horst-Wessel-Lied gesungen haben, sondern den Wildschütz . Trotzdem heimelig.
Drum hat sich die Gucki ja auch schminken müssen heut in der Früh. Weil ihr aus dem Spiegel ein leichenblasses Gespenst entgegengegrinst hat. Eine Gesichtsfarbe wie ein gespiebenes Ãpfelkoch! Weil sie gestern schon hübsch lang pickengeblieben ist und schon hübsch was getrunken hat. Ein Stamperl Schnaps nach dem anderen, praktisch nach jedem Lied. Kann sich die Gucki eigentlich nimmer erinnern, wie sie und der Porsche heimgekommen sind. Ob ein Auto den Heimweg auch allein findet, wie ein Pferd?
Da wiehert es auch schon, vor der Gucki ihrem Haus. Ist aber dann doch nicht der Porsche, sondern die Elli. Weil die Gucki abgeholt wird, von einem Haflinger-Gespann: die Elli und die Mizzi. Am Kutschbock aber sitzen die Nona und der Eber, weil die den alten Bauernhof in Windgschlief auch deswegen gekauft haben, dass die Nona Pferde halten kann.
Kriegen natürlich gleich ein Wasser, die Pferde. Die Nona und der Eber aber ein Bier. Während die Gucki schnell den Turrini in St. Moritz abliefert. Und dann wird es auch schon höchste Zeit, wenn sie den Leonhardiritt nicht versäumen wollen. Auf gehtâs!
Muss die Gucki zugeben, dass das Kutschenfahren was hat. Weil du schon viel majestätischer durch die Landschaft rollst als wie mit so einer Auto-Kraxen. Und schneller vorankommen tust du auch. Zumindest heute: weil für alle Autos in Trilling Endstation ist. Der rechte Fahrstreifen zugeparkt. Vier Kilometer parkende Autos, von Trilling bis St. Anton! Wie sie von einem Feuerwehrmann erfahren, ist es an der anderen StraÃe nach St. Anton noch schlimmer. Da parken die Autos momentan schon bis Gutau. Ist gleich: zehn Kilometer! Der Stau aber reicht bis Linz.
Muss man vielleicht einmal dazusagen, wie St. Anton überhaupt zu einem Leonhardiritt kommt. Weil â St. Anton ist ja nicht St. Leonhard! Warum feiert man dann den hl. Leonhard und nicht den hl. Antonius? Ist gar nicht so leicht zu erklären. Also: Gefeiert wird der hl. Antonius von Padua ja eh, aber eher bescheiden: mit einem Kirtag. Weil er halt nicht so ein wichtiger Heiliger ist. Weil er nur für unwichtige Angelegenheiten zuständig ist, hauptsächlich für das Wiederfinden von verlegten Sachen. Kann ich mir aber gut vorstellen, dass er in der Hierarchie der Heiligen schon bald einmal steil aufsteigt. Weil wenn die Demenzerkrankungen weiterhin so zunehmen, wird der hl. Antonius als Schutzpatron der Vergesslichen bald unangefochten die Nummer eins unter den Heiligen sein.
Derzeit ist das im Mühlviertel aber nach wie vor der hl. Leonhard. Weil Schutzpatron der Haustiere. Damit sind aber nicht Kuschel- und Schmusetiere wie Hunde und Katzen gemeint, sondern Kühe und Pferde. Siehst du ja heute noch bei allen alten Mühlviertler Bauernhöfen: Der Wohntrakt liegt auf der Nordseite, während der Stall auf die sonnige Südseite gebaut worden ist. Weil die Viecher für Gedeih und Verderb einer Landwirtschaft wichtiger waren als wie die Menschen. HeiÃt ja heute noch: âViel Glück im Stall und in der Familie!â und nicht etwa in umgekehrter Reihenfolge. In Bayern hat man den hl. Leonhard früher sogar den Bauern-Herrgott genannt. Weil man öfter zum hl. Leonhard gebetet hat als wie zum Herrgott selber. Weil für die Bauern ein Landwirtschaftsminister halt wichtiger ist als wie ein Bundeskanzler.
Damit bin ich aber auch schon beim Leonhardiritt. Hat schon auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Weil im Mühlviertel die Rösser immer mehr werden. Weil immer mehr Leute unbedingt ein eigenes Pferd haben wollen. Daheim aber natürlich kein Platz, müssen sie die Viecher halt irgendwo anders unterbringen. Und wo? Bei einem Bauern!
âKostet ein Schweinegeld!â, erklärt jetzt die Nona. âHätt ich mir nie leisten können, die Elli und die Mizzi bei einem Bauern einstellen. Um das Geld, das du bei uns für ein Ross zahlst, kannst du locker zwei Asylanten derhalten!â
Drum hat man also in St. Anton den Leonhardiritt erfunden. Damit am ersten Sonntag nach dem Leonharditag möglichst viele Reiter nach St. Anton kommen und eine schöne Hügellandschaft sehen. Und sich sagen: âDa hat es mein Pferd wirklich schön. Das darf ruhig ein bisserl was kosten!â
Und die Ortsbauernschaft profitiert natürlich auch von so einem Leonhardiritt. Weil die Reiter und Kutschenfahrer, vor
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