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Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)

Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)

Titel: Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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unserer Wohnung bis zum Fotoladen kamen wir an zweien vorbei. Sie waren beide knallgelb und blau, mit fetter schwarzer Schrift.
    Addie senkte jedes Mal den Kopf, wenn wir an einem vorbeimussten. Wenn ich die Kontrolle hatte, wollte ich den Blick ebenfalls abwenden, doch mir gelang es nicht. Gleich einem Autounfall übten die Plakate eine makabre Faszination auf mich aus. Aber die Blicke der meisten Leute glitten darüber hinweg. Nur wenige blieben stehen, um sie zu lesen.
    Einmal lief ein Mann um die zwanzig daran vorbei, die Hände in den Taschen vergraben. Als er auf Höhe des Plakats war, streckte er die Hand aus und riss es herunter.
    Ich war so perplex, dass ich wie angewurzelt stehen blieb. Der Mann sah über die Schulter zurück. Unsere Blicke trafen sich. Er wirkte einen Moment unbehaglich, dann reckte er sein Kinn auf eine Art vor, die als trotzig hätte gelten können, und verschwand um die Ecke, während das Plakat zu einem Ball zerknüllt in der Straßenrinne lag. Ich habe ihn nie wiedergesehen.
    Am nächsten Tag hing an genau derselben Stelle ein neues Plakat.
    Aber ich vergaß den jungen Mann nicht. Und seinen trotzigen Widerstand ebenso wenig.
    Und ich dachte, vielleicht … vielleicht war Anchoit nicht durch und durch schlecht. Womöglich würden einige Menschen mit einem kleinen Schubs in die richtige Richtung – ein wenig Ermutigung – unseren Standpunkt nachvollziehen können. Hier und jetzt war unser Hauptziel, zu verhindern, dass Powatt je die Tore öffnete. Aber dabei durften wir es nicht belassen, oder? Eines Tages sollten sämtliche Anstalten schließen müssen. Falls es in den Americas je zu einem Umdenken kommen sollte, nahm es womöglich in einer Gegend wie Anchoit seinen Anfang. Es begann womöglich mit einem einzelnen Funken.
    Auf dem Dachboden zusammengedrängt lernten wir, wie man Feuerwerkskörper selber bastelte. Obwohl einige Geschäfte in Anchoit Wunderkerzen und Ähnliches verkauften, waren Feuerwerkskörper verboten. Aber das spielte keine Rolle, denn es stellte sich heraus, dass man nichts anderes als Tischtennisbälle, Schwarzpulver, Klebeband und etwas Zündschnur brauchte, um Knallkörper herzustellen. Sabine und Jackson beschafften alles. Niemand fragte, woher.
    Katy redete in einer Tour, während sie uns zeigte, wie wir das Schwarzpulver in die Bälle füllen und sie dann mit dem Klebeband umwickeln mussten. Ich lernte schnell, Katy anhand ihrer geschwätzigen Zerstreutheit zu erkennen. Der Unterschied zwischen ihr und Cordelia war so offensichtlich, dass ich nicht glauben konnte, dass keinem ihrer Kunden je aufgefallen war, wie unterschiedlich die beiden Mädchen sich verhielten, wie unverwechselbar sie den Körper mit Leben erfüllten, den sie sich teilten. Cordelia summte vor Energie; Katy schwebte durch den Laden, ihre bleichen Haare flatterten wie Zuckerwattefäden hinter ihr her.
    » Meine Brüder haben früher immer Böller aus Schießpulver und Klopapierrollen gebastelt « , erzählte sie. » Wir haben auf einer Farm mitten im Nirgendwo gelebt, und wenn ihnen langweilig wurde, haben sie gern irgendwas hochgehen lassen. Hat meine Eltern zur Weißglut getrieben wie nichts sonst. «
    » Hat einer deiner Brüder sich nicht mal fast die Hand abgesprengt? « , fragte Jackson.
    » Ich dachte, das wäre der Sinn der Sache. « Katy zeigte mit dem Fuß auf Christoph. » Hat er sich nicht für herumfliegende Körperteile starkgemacht? «
    » Ich glaube, wie wir alle würde Christoph gern sämtliche Körperteile behalten « , sagte Sabine. Aber sie lächelte unbeschwert dabei. Alle taten das, selbst Hally, die sich schnell in die Gruppe eingefügt hatte. Wie hätte sie auch nicht? Hally, die sich so verzweifelt nach einer Freundin gesehnt hatte, dass sie alles riskiert hatte, nur um Addie und mir nahe zu sein.
    Auf jenem Dachboden, im Schein der Nachmittagssonne und Lichterketten, sprachen wir über Zeitpläne. Über Transportmittel. Wer wo sein würde und wann und was er oder sie tun würde. Wir studierten Straßenkarten der Innenstadt, insbesondere der Gegend um den Lankster Square. Wir gingen die Punkte durch, die schiefgehen konnten: vom Sicherheitspersonal angehalten werden; ein defekter Feuerwerkskörper, der zur falschen Zeit hochging; den Kontakt zu den anderen verlieren; entdeckt werden. Sabine erzählte uns so viel wie sie konnte von den Abläufen im Innern des Rathauses.
    Aber davor und danach und dazwischen hörten wir Geschichten über Jacksons verschiedene Jobs.

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