Twist again: Die Spellmans schlagen zurück (Familie Spellman ermittelt) (German Edition)
als watete sie ins Schwimmbad.
»Draußen ist die Hölle los«, sagte Rae und zwängte sich an mir vorbei.
Da sie inzwischen einen Führerschein hatte und das Auto mit gewissen Einschränkungen nutzen durfte, fragte ich: »Warum bist du nicht herge fahren ? Dann könnte ich dich leichten Herzens wieder zurückschicken.«
Rae überging meine Bemerkung und zog fast alles aus, was sie am Leibe trug, bis auf ihre Jeans, die am Saum völlig durchnässt war. Sie warf einen Blick auf Davids Kamin und sagte: »Wir brauchen Feuer.« Dann häufte sie Anmachholz auf, zerknüllte ein paar Zeitungsseiten, zündete ein Streichholz an und warf es in den Haufen. Ohne sich zu vergewissern, ob das Gebilde tatsächlich Feuer fing, stand sie wie von der Tarantel gestochen auf.
»O Gott, damit können wir ja richtige S’mores machen«, rief Rae und rannte schnurstracks in die Küche. »Wenn er keine Marshmallows im Haus hat, bring ich mich um.«
Nach einem Blick auf Raes kläglich gescheitertes Feuerexperimentschrie ich in Richtung Küche: »Erst musst du den Rauchfang öffnen, Dumpfbacke.« Dann zündete ich das Kienholz richtig an.
Als ich in die Küche kam, untersuchte Rae Davids Speisekammer so gründlich wie die Spurensicherung einen Tatort. Jedes Regal, jede Ecke oder Vertiefung, jede unbeschriftete Dose wurde inspiziert. Hinter einer Notfall-Kaffeebüchse stöberte sie eine Einzelpackung Graham-Kekse auf. Aus dem Tiefkühlfach holte sie ein halbvolles Röhrchen dunkle Schokolinsen. Danach sprang sie von der Trittleiter und sagte: »Irgendwo sind noch Marshmallows, das weiß ich.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil er Graham-Kekse und Schokolade im Haus hat.«
»Die auch nicht so leicht zu finden waren.«
»Weil er das Zeug versteckt.«
»Vor dir?«, fragte ich amüsiert, weil David offenbar glaubte, sein Haus vor Raes Zugriff schützen zu können.
»Nein«, sagte sie und verdrehte die Augen. »Vor sich selbst.«
»Das musst du mir schon genauer erklären.«
»Er kauft sich Süßigkeiten oder Junk Food, und wenn er nach Hause kommt, packt er es irgendwohin, es muss nicht zwangsläufig die Küche sein. Wenn die Sachen luftdicht verschlossen sind, tut er sie auch gern mal in den Flurschrank oder hinter das Geschirr oder sonst wohin. Ich habe noch nicht alle Verstecke gefunden. Und dann versucht er zu vergessen, wo er was hingetan hat.«
»Aber warum?«
»Damit er’s nicht frisst«, sagte Rae, als läge die Antwort auf der Hand.
»Warum kauft er das Zeug dann?«
»Er mag Süßes. Darum will er es in Reichweite haben,falls er einen Schuss Zucker braucht. Es soll aber nicht offen rumliegen, sonst nascht er nämlich alles weg.«
»Wie verdreht ist das denn«, sagte ich.
»Er ist noch viel verdrehter, als du glaubst«, erwiderte Rae. Plötzlich schrie sie: »Ich weiß, wo die Marshmallows sind! Mach die Garagentür auf.«
Ich drückte im Flur auf den Garagenknopf, während Rae sich die Regenjacke überwarf und in die Turnschuhe schlüpfte. Wenige Minuten später kam sie mit einem doppelt luftdicht verpackten Beutel Marshmallows aus der Garage gestürmt.
»Die lagen beim Campingzubehör. Ich hab’s ja gewusst«, jauchzte Rae.
Wenn meine kleine Schwester sich schon die Mühe machte, sämtliche Verstecke und Geheimlager auf Davids Grund und Boden ausfindig zu machen, wollte ich von ihren Erkenntnissen profitieren.
»Ist dir bei deiner Schnitzeljagd etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«, fragte ich.
»Was meinst du genau?«, fragte Rae.
»Etwas Unerwartetes?«
»Warum fragst du?«
»Ich kann das Feuer auch gleich wieder ausmachen.«
Wenn man bei meiner Schwester etwas erreichen will, muss man sie bestechen – oder ihr mit Zuckerentzug drohen.
»Es fehlen ein paar Teile vom Campingzubehör. Mehr ist mir nicht aufgefallen.«
Während ich über diese fehlenden Teile sinnierte, begann Rae, ihre Marshmallows über dem Kaminfeuer zu rösten. Dann klingelte das Telefon.
»Ich bin nicht hier!«, rief Rae.
»Wo bist du denn?«, fragte ich, bevor ich den Hörer abnahm.
» NICHT HIER !«, brüllte sie mit mehr Nachdruck.
»Deinetwegen werde ich Mom und Dad sicher nicht belügen.«
»Ich esse schnell meine S’mores und mach mich dann auf den Weg.«
»Hallo«, sprach ich in den Hörer.
»Ist Rae da?«
»Ist gerade gegangen.«
»Ich weiß, dass du lügst. Hör mir gut zu, Isabel: Mir ist egal, wie du das anstellst, aber sie darf auf keinen Fall raus. Diesmal hat sich Rae selbst übertroffen«, sagte Mom ohne eine
Weitere Kostenlose Bücher