Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Frühstückstisch Platz genommen hatten. »Sag du mir also, was ich tun soll, und ich mach’s.«
»Ich brauche deine Kündigung, damit ich mich auf die Suche nach einem Vorstandschef machen kann«, antwortete Ev.
»Na gut, schön«, erwiderte Dick, wobei er bei jedem Wort sachte mit der Hand auf den Tisch pochte. »Schön. Ich schicke Ted eine Mail und bitte ihn, die Papiere fertig zu machen und meine Abfindung zu klären.« Er war bemüht, in Evs Sinn das Richtige zu tun, und glaubte, dass dies seinem Wunsch entsprach.
Kaum hatte der Verwaltungsrat Wind davon bekommen, dass Dick seine Kündigung einreichen wollte, klingelte wieder sein Telefon. »Kündigen Sie nicht!«, drängte ihn Fenton.
»Himmelherrschaften«, stöhnte Dick. »Was, zum Teufel, soll ich denn Ihrer Meinung nach tun?«
»Tun Sie gar nichts.«
*
Schließlich platzte Fred der Kragen.
In einer E-Mail informierte er alle Beteiligten, dass er mit Bijan zu einer Sitzung nach San Francisco fliegen würde. Angehängt war das formelle Einladungsschreiben zu einer Verwaltungsratssitzung. »Tut mir leid wegen der förmlichen Mitteilung, mir wurde aber gesagt, dass sie notwendig ist«, schrieb er.
»Die Verwaltungsratsmitglieder von Twitter, Inc. (›Twitter‹) werden hiermit gemäß Artikel II, Absatz 2,4 der Satzung zu einer außerordentlichen Versammlung des Verwaltungsrats eingeladen. Die außerordentliche Sitzung findet unter persönlicher Anwesenheit am Freitag, den 1. Oktober 2010, um 14 Uhr Ortszeit in den Büros von Fenwick & West, California Street 555, 12. Stock, San Francisco, Kalifornien, statt.«
Unterzeichnet war das Dokument von Fenton, Bijan, Fred und Jack.
*
Obwohl Biz in groben Zügen wusste, was sich zwischen Ev und dem Verwaltungsrat abspielte, hatte er keine Ahnung vom ganzen Ausmaß der Angelegenheit. Es interessierte ihn auch nicht. Er hatte nie einen Sitz im Verwaltungsrat von Twitter angestrebt. Krieg innerhalb der Firma war nicht seine Sache. Er zog es vor, nach außen das Firmenethos hochzuhalten. Aber ob er wollte oder nicht, er war drauf und dran, ein Fußsoldat in der jüngsten Schlacht zu werden.
Als die förmliche Einladung zur Verwaltungsratsversammlung versandt wurde, befand sich Biz auf einer Japanreise mit mehreren Presseterminen und Meetings. Alles lief glatt, bis sein Handy klingelte, als er gerade durch das Foyer der japanischen Vertretung von Twitter lief. Er schaute auf das Display und las »Jack Dorsey«, wischte mit dem Daumen über den Bildschirm und hob das Telefon ans Ohr.
»Ev ist als Vorstandschef raus«, sagte Jack umstandslos. »Du musst zurückkommen, damit wir es der Firma morgen sagen können.« Biz blieb wie angewurzelt stehen und lauschte Jacks Worten, während japanische Twitter-Angestellte eifrig durch die Eingangshalle an ihm vorbeiliefen. »Warte mal, warte mal«, warf Biz ein, während er sich nach einem ruhigen Örtchen umschaute, wo er ungestört sprechen konnte. Er öffnete die erstbeste Tür und schloss sie hinter sich.
»Was sagst du da?«, fragte Biz. Jack berichtete, was geschehen war – der Brief von Fred, die anberaumte Sitzung in der Anwaltskanzlei –, und erklärte, dass geplant sei, Evs Ausscheiden aus der Firma gleich am folgenden Tag, Freitag, bekanntzugeben. Davon wusste Ev noch nichts.
»Das kannst du nicht ohne mich tun«, protestierte Biz, um sich herum ein Gewirr blauer Ethernetkabel, die sich über den Fußboden schlängelten und an den Wänden entlangzogen. Er war im Server-Raum des japanischen Twitter-Dienstes gelandet.
»Ich weiß, dass wir das nicht können. Das ist der Grund, warum du jetzt zurückkommen musst. Du musst bis morgen hier sein«, drängte Jack. »Steig einfach in ein Privatflugzeug und komm her.«
»Ich kann mir in Japan doch keinen verdammten Privatjet nehmen«, wandte Biz ein. »Das kostet so ungefähr 1 Milliarde Dollar.« Außerdem hatte er noch eine wichtige Pressekonferenz.
»Sag die Konferenz ab und nimm einen Privatjet«, entgegnete Jack. »Die Firma bezahlt.«
»Lass mich einen Moment überlegen«, sagte Biz. Er hielt einen Augenblick inne und blickte auf die Reihen der Server mit ihren blinkenden Lämpchen und surrenden Lüftern. Er wusste, wenn Jack anrief, war es ernst und Ev würde am folgenden Tag zum Abgang aus der Firma gezwungen, aber dies war einer der seltenen Momente, in denen Biz die Ereignisse aufhalten konnte.
»Hör zu, ihr könnt das nicht ohne mich durchziehen«, sagte er. »Wenn Du dich ohne mich vor die Firma
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