Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
verbrachte Biz bei Marc zu Hause, starrte durch seine flaschendicken Brillengläser auf den Apple-II-Computer der Ginsbergs, spielte Videospiele und zeichnete mit dem Grafikprogramm des Computers.
Als Biz heranwuchs, verschwand sein Vater, ein Bostoner Automechaniker, zunehmend aus seinem Leben, und wenn er sich einmal zu Hause blicken ließ, was selten vorkam, wütete er betrunken gegen Biz’ Mutter – die mehr als einmal im Krankenhaus landete. Schließlich warf sie ihn hinaus, und er durfte seine Kinder nur noch an Sonntagen sehen. Kurz nach seinem 16. Geburtstag beschloss Biz, die wöchentlichen Besuche einzustellen.
Eine derart traumatische Kindheit hätte einen Jungen normalerweise zu einem Einzelgänger gemacht, der jahrzehntelang Therapien gebraucht hätte. Bei Christopher »Biz« Stone war das nicht der Fall. Nein, er entwickelte sich durch und durch zu einem Witzbold. Von klein auf machte er Witze, um seine Mutter und seine Schwestern nach einem Wutausbruch des betrunkenen Vaters aufzuheitern. In der High-School war er der Klassenclown. Zweimal musste er sein Studium abbrechen, einmal an der Northeastern University, das andere Mal an der University of Massachusetts; an beiden Colleges brachte er seine Kommilitonen zum Lachen, statt sich auf sein Studium zu konzentrieren. Das Witzereißen setzte sich bei jedem Meeting bei Google fort.
Sein Sinn für Humor half Biz in seiner Karriere und seinem sozialen Umfeld, aber die Witze waren auch ein Mittel, Konflikte um jeden Preis zu vermeiden. Manche nutzten das aus, besonders am Arbeitsplatz. Von 1999 bis 2001 arbeitete Biz bei einem Blogdienst namens Xanga. Seine dortigen Kollegen überfuhren ihn völlig, als sie die Firma in eine Richtung führten, die Biz für unmoralisch hielt: Sie hintergingen Nutzer des Blogdienstes und sammelten private Informationen über sie, um Gewinn daraus zu schlagen. Aberstatt aufzustehen und dagegen zu kämpfen, kündigte Biz lieber.
Nachdem er Schulden angehäuft und in der Kellerwohnung seiner Mutter herumgehangen hatte, bewarb er sich schließlich für einen Job bei Blogger. Damals, im Sommer 2003, arbeitete Ev bereits seit einigen Monaten bei Google und versuchte, sich in dem riesigen Konzern einzugliedern. Biz hatte über Ev und seine Philosophie des »Push-button publishing for people« gelesen und wollte sich ebenfalls für die Verbreitung des Bloggens einsetzen.
Mitte 2003 schrieb Biz eine E-Mail an Ev, er, Biz Stone, sei »das fehlende Bandmitglied«. Nach einigen Telefonaten, Scherzen und Grundsatzdiskussionen über die Bedeutung des Bloggens, das es jedem Computerbesitzer ermögliche, Inhalte zu publizieren, beschloss Ev, Biz einzustellen. Aber Google war nicht einverstanden. Biz besaß keinerlei Programmiererfahrung und kein abgeschlossenes Studium. Ev musste einige Überzeugungsarbeit leisten und Verhandlungsgeschick beweisen, bis er Biz schließlich die Stelle anbieten konnte.
Als Biz den Brief mit dem Stellenangebot des Suchmaschinengiganten bekam, wäre die Sache beinahe noch geplatzt. In seiner Kindheit hatte Biz eine ungeheure Flugangst entwickelt. Von Boston nach New York fuhr er lieber stundenlang mit dem Zug oder Fernbus, als den 45-minütigen Flug auf sich zu nehmen. Als ihm klar wurde, dass er nach Mountain View fliegen musste, lehnte er das Stellenangebot ohne triftige Begründung ab. Anfangs hatte Google sich zwar gegen seine Einstellung ausgesprochen, aber das Unternehmen mochte keine Ablehnung hinnehmen und erhöhte das angebotene Gehalt und die Aktienoptionen weiter. Als Biz einem Freund sein Dilemma erklärte, antwortete dieser nur: »Valium!«
»Was ist das?«, fragte Biz.
»Sagen wir mal, es nimmt dir die Flugangst.«
Biz nahm die Stelle an, schluckte eine riesige Pille gegen die Angst und stieg ins Flugzeug. Den Flug verbrachte er halb benommen, halb ekstatisch, dass er seine Flugangst überwunden hatte,und plauderte aufgeregt mit jedem, der ihm zuhörte.
Biz’ joviale Art fiel den Führungskräften auf, sobald er seine Stelle bei Google offiziell angetreten hatte. Er kam nicht einfach an und fügte sich in die Unternehmenskultur stiller, in sich gekehrter Programmierer ein. Vielmehr veranstaltete er eine Konfettiparade eigener Art, indem er seinen neuen Job in Form einer fingierten Pressemitteilung im Internet verkündete.
»Google Inc. hat die gesamte Belegschaft und einen Teil des geistigen Eigentums von Genius Labs übernommen, einer Bloggereinheit aus Boston, bestehend aus Biz
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