Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
und verarbeitete, was Jack gerade gesagt hatte. Ihm war sofort klar, dass bei Twitter etwas im Argen liegen musste, als er den Firmenchef sagen hörte, dass es »keine richtige Führung im Technologieteam« gab. »Ähm, okay«, antwortete Greg, aber bevor er Gelegenheit hatte nachzufragen, was Jack genau meinte, unterbrach dieser ihn.
»Und wie wär’s, wenn Sie auch die operative Seite übernehmen?«, fragte Jack.
Zu den operativen Aufgaben gehörte unter anderem, die bislang katastrophale Leistungsanpassung der Twitter-Server zu managen. »Ähm, ich habe keine Erfahrung in der operativen Leitung«, wandte Greg ein.
»Na ja, hier gibt es niemanden, der es besser könnte als Sie«, erwiderte Jack nüchtern.
Als sie das Telefonat beendeten, war Greg schockiert. Und er war nicht der Einzige. Jack teilte allen in der Firma in einer Rund-Mail mit, dass Greg nun Technologiechef und operativer Leiter sei. (Jack hatte vor, sich auf die Produktentwicklung zu konzentrieren.) Als Ev die Nachricht in seinem Posteingang fand, war er stinkwütend. »Du setzt einfach jemanden als technologischen und operativen Leiter der ganzen Firma ein, ohne es mit mir oder dem Verwaltungsrat zu besprechen?«, hielt er Jack fassungslos vor.
Es war der Moment, in dem Ev endgültig genug hatte. Das galt ebenso für Fred und Bijan. In mehreren vertraulichen Telefonaten und Besprechungen kamen sie zu dem Schluss, dass es an der Zeit sei, herauszufinden, was bei Twitter eigentlich vorging.
Fred und Bijan, die beiden Investoren im Twitter-Verwaltungsrat,nahmen jeweils einen Nachtflug von New York beziehungsweise Boston nach San Francisco und vereinbarten Treffen mit Goldman, Biz und Jeremy. Wozu? »Ach, wir wollen uns nur mal unterhalten. Wir möchten Ihre Ansicht hören, wie es bei Twitter läuft.« Das stimmte zum Teil. Aber in Wirklichkeit wollten Fred und Bijan Jack loswerden. Ev wollte es ebenfalls. Hauptzweck dieser Treffen war, in Erfahrung zu bringen, wie ein solcher Schritt bei den Beschäftigten ankommen würde. Sie brauchten Twitters Führungskräfte nicht lange zu überreden.
Nacheinander holten sie Goldman, Biz und Jeremy aus dem Büro in ein Café und horchten sie behutsam aus. Dann sagten Fred und Bijan ihnen, dass sie Jack mit voller Unterstützung von Ev als Firmenchef absetzen wollten, und fragten: »Was halten Sie davon?« Im Grunde war die Entscheidung aber schon gefallen.
Bijan und Fred fanden bald heraus, dass Jack auch bei der Verwaltung der Finanzen der Firma versagt hatte. Die Einnahmen lagen zwar nach wie vor bei null, aber bei den Ausgaben sah es genau umgekehrt aus: Server-Gebühren, SMS-Gebühren und Lohnkosten stiegen ständig. Jack hatte die Ausgaben auf seinem Laptop verwaltet, aber die Bücher nicht korrekt geführt. Als Ev davon erfuhr, bat er Bryan Mason, einen Freund und erfahrenen Unternehmer, sich mit Jack zusammenzusetzen und ihm das Finanzmanagement einer Firma zu erklären. Aber Bryan stand während des gesamten Treffens mit einem Marker an einem Whitebord und musste die Grundzüge der Buchhaltung darlegen.
Als Bijan und Fred sich mit den Software-Entwicklern und Programmierern trafen, bekamen sie überwiegend Beschwerden über Jack zu hören. »Technische und operative Leitung sind eine Katastrophe«, erklärten sie durchgängig. »Er ist ein toller Kerl. Ein guter Freund. Ein netter Chef. Aber er ist völlig überfordert«, sagte einer. »Er ist wie der Gärtner, der Präsident wurde.« »Ich weiß gar nicht, wer das Sagen hat. Ev präsentiert das Produkt und die Vision für das, was läuft, und Jack sitzt nur in der Ecke und macht Notizen.«
Den Verwaltungsräten war klar, dass sie sofort für Jack eine neue Aufgabe finden oder ihn loswerden mussten.
Alles war geklärt und sollte bald über die Bühne gehen. Doch dann wurde ihr Plan ausgebremst.
»Ich kündige«, drohte Biz Fred und Bijan an und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück wie ein bockiges Kind. »Sollte Jack Twitter leiten? Vermutlich nicht«, gab Biz zu, aber er war überzeugt, dass es Twitter zerreißen würde, Jack aus der Firma zu drängen. Wenn sie die Wahl hätten, würden die meisten Angestellten sich in dem Tauziehen zwar auf Evs Seite stellen, aber obwohl Jack als Firmenchef völlig überfordert war, mochten ihn die meisten, auch Biz. »Ich meine es ernst. Wenn Sie Jack feuern, gehe ich.«
Es war ein Bluff, aber er funktionierte. Fred und Bijan war klar, dass sie Biz nicht verlieren durften, schon gar nicht, wenn
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