Two Night Stand
jemand ansehen.“
„Ich habe keine Lust darauf, ewig im Wartezimmer zu hocken“, maulte sie.
„Du wirst nicht im Wartezimmer hocken, vertrau mir einfach. Bis gleich“, Tim drückte sie einfach weg, nach langen Debatten mit ihr stand ihm nicht der Sinn, er würde hartnäckig bleiben, denn stur sein konnte er auch.
Shona tigerte müde zu ihrer Wohnungstür, sie schaute kurz durch den Spion, Tim hatte seine Drohung wahr gemacht und stand davor.
„Ich brauche keinen Arzt!“
„Oh doch“, nickte er ihr nur zu, dann musterte er sie eingehend. Sie trug lediglich ein T-Shirt und einen Slip, ihre Haare waren total verstrubbelt, eigentlich liebte er es, wenn sie so aussah. Doch jetzt bot sie einfach nur noch ein Bild des Jammers, ihre Augen waren ganz stumpf und man konnte ihr ansehen, dass sie fieberte.
„Komm, ich helfe dir beim anziehen“, er nahm sie sanft in den Arm und bugsierte sie vor ihren Kleiderschrank.
„Tim, das musst du nicht…“, protestierte Shona leise, doch das Sprechen war die reinste Folter und ihre Stimme brach weg. So war keine vernünftige Diskussion möglich, das ärgerte sie ein bisschen, aber auf einen Streit wollte sie es auch nicht anlegen, dafür war sie viel zu kaputt.
Tim zog Jeans, BH, Socken und einen Pulli aus ihrem Schrank, und weil Shona so gar keine Anstalten machte sich umzuziehen, zog er ihr einfach das T-Shirt über den Kopf.
„Hey“, begehrte sie schwach auf.
„Mach jetzt, du stures Weib!“
Sie schaute ihm in die Augen, er sah fest entschlossen aus, es war wohl zwecklos, dagegen aufzubegehren. Shona zog sich im Schneckentempo um, auch wenn sie gewollt hätte, schneller ging es einfach nicht, und schon allein diese simple Tätigkeit verursachte Schweißausbrüche.
„Ich bin verschwitzt“, sagte sie kläglich.
„Das wird Professor Meier nicht weiter stören“, antwortete Tim sanft und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.
„Wer ist das denn? Den kenne ich nicht…“
„Das ist unser Hausarzt, ich habe schon in seiner Praxis angerufen und uns angekündigt.“
„Ein Professor…“, Shona grinste schief. „Hätte ich mir ja denken können…“
„Soll ich dir die Haare zusammenbinden?“, Tim schaute sie prüfend an, sie sah so hundeelend aus, dass es ihm das Herz zusammenzog.
„Kannst du das denn?“
„Irgendwie schaffe ich das schon“, er zwinkerte ihr zu und suchte dann nach ihren Anweisungen ein Haarband heraus.
„Ich bin doch kein Privatpatient, was soll ich hier?“, Shona schaute zweifelnd auf das noble Messingschild, das Professor Meier an der Jugendstil-Villa angebracht hatte, in der er seine Praxis hatte.
„Das geht schon in Ordnung, jetzt komm“, Tim legte einen Arm um ihre Taille und führte sie durch die große gläserne Türe.
„Tim…“, versuchte sie noch einmal einen Protest, doch er schob sie einfach weiter vor sich her.
Shona kämpfte wieder mit dem Schwindel und der Schweiß schoss ihr aus allen Poren. Sie sehnte sich nach ihrem Bett, stattdessen stand sie vor einem ganz in weißem Marmor gehaltenen Empfangstresen.
„Herr von Hofmannsthal“, lächelte eine brünette hübsche Frau ihm zu. „Professor Meier hat sofort für Sie und Ihre Begleitung Zeit. Bitte gehen Sie in Sprechzimmer Zwei“, säuselte sie weiter.
„Die ist scharf auf dich“, raunte Shona ihm zu, als sie der Sprechstundenhilfe folgten.
„Na klar, wer ist das nicht“, lachte Tim leise, dann hauchte er Shona einen Kuss auf die Nasenspitze.
„Grüß dich, Tim“, ein blonder Mann schneite kurz darauf in das Untersuchungszimmer. Er war vielleicht Mitte vierzig, hatte längeres Haar, das er nach hinten gegelt hatte, und machte auf Shona einen schleimigen Eindruck. Aber zum Flüchten war es jetzt wohl zu spät.
„Und das ist deine bezaubernde Freundin? Entzückend, ganz entzückend“, flötete er weiter.
„Dieser Mann lügt, ich sehe alles andere als entzückend aus, wir sollten gehen“, krächzte Shona.
Professor Meier und Tim lachten auf.
„Sie ist ganz schön schlagfertig“, freute sich der blonde Professor.
„Du solltest sie mal erleben, wenn sie gesund ist.“
Shona machte ein missmutiges Gesicht, sie mochte es nicht, wenn man über sie so redete, als sei sie nicht da.
„Aber ich höre schon, Sie klingen nicht gerade gut“, der Arzt setzte eine mitfühlende Miene auf.
„Wenigstens das kommt der Wahrheit etwas nahe“, nickte Shona.
Er bat sie, sich den Pulli auszuziehen, dann konnte sie sich hinlegen.
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