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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Teppich verschwand, wie er die Arme und die
Geige, den Hals, schließlich das Gesicht und das sinnlos gekämmte Haar
verhüllte. Dann schoben sie das Boot ins Wasser, John, Horgest, Stanwell und
Firn, bis es auf den Wellen schwankte und in ihren Händen zerrte.
    Der Chef musste etwas sagen, aber eine ganze Weile
stand er nur schweigend vor seinen Leuten, als fiele ihm nichts ein.
    „Das Licht braucht die Welt, um zu leuchten“, sagte er
schließlich, und er klang viel müder als sonst. „Was wäre Licht ohne die
Blätter … die Wolken … die Augen der Menschen … wenn die es nicht einfangen und
darin aufleuchten? Du hast hell gestrahlt, Halfast Montagu! Du hättest uns
nicht schon verlassen dürfen!“
    Ganz passend glühten jetzt am Horizont die fetten
grauen Wolkenbänke im ersten Licht auf. Es wurde Zeit. Sie zündeten die Fackeln
im Boot an … es dauerte, bis endlich kleine grünliche Flämmchen über den
Teppich hinwegleckten und einen scharfen, harzigen Geruch in die Luft sandten.
    James folgte denen, die das Boot jetzt immer weiter
ins Wasser schoben, und viele andere auch.
    „Der Geist Gottes nehme dich mit sich, Halfast
Montagu“, sagte der Chef. „In einen neuen Morgen! In ein neues Land!“
    Und während die vier da vorne das Boot mit einem
letzten Schub den Wellen übergaben, antwortete hinter ihm ein vielstimmiger
Chor: „In einen neuen Morgen! In ein neues Land!“
    Sie sahen noch zu, wie die vielen kleineren Flammen
sich schließlich zu einem richtigen Feuer vereinigten. Heute konnte man es
lange sehen, weil das Sonnenlicht nur kurz durch die Wolkenbänke brach und dann
ganz dahinter verschwand. Zum Glück nahm die Strömung das Boot schnell mit hinaus.
Es verfing sich nicht und es kippte auch nicht, und so konnten sie mit ansehen,
wie der lodernde Brand die weiße Schaumlinie da draußen überquerte.
    Danach gingen sie zurück ins Lager, spannten die
Gilwissel vor die Wagen, stiegen auf Galiziaks und Kutschbänke und verließen
Krai.

10. Nur ein zweiter Versuch
     
    1.
    In den nächsten Tagen zogen sie die Tyggen entlang,
wie es der Stern von Montagu in jedem September tat. Fahren, essen,
weiterfahren, essen, schlafen, aufstehen und das Ganze von vorne. Sie redeten
nicht viel, und Halfasts Name wurde überhaupt nicht genannt, aber man begegnete
dem Gedanken an ihn in jedem Blick, in jedem Schweigen. Es gab kein Grab, an
das man zurückkehren konnte. Es gab die Pritsche im Gilwisselwagen, die jetzt
leer blieb, und es gab seine Truhe darunter, die noch niemand weggenommen
hatte. Nun fehlten ihnen zwei Galiziakfahrer, was bedeutete, dass die vier
verbliebenen wie früher ununterbrochen hätten treten müssen. Stanwell sprang
jedoch ein, ohne ein Wort darüber zu verlieren, sodass die anderen wenigstens
hin und wieder aus der Tretmühle kamen. Und Gahann kutschierte solange
Stanwells neuen Wagen.
    Sie zogen weiter nach Norden, ohne eine Trauerzeit, um
sich mit der Lücke in ihren Reihen abzufinden, und das war vielleicht auch das
Beste so. Tagsüber hielten die Erfordernisse des Alltags sie in der Spur.
Nachts war es anders, zumindest für James. Er träumte auf einmal wieder Nacht
für Nacht in grellen Farben – raste in einem Auto, das er nicht bremsen konnte,
mal über dunkle Straßen, mal durch die Gänge eines Irrgartens; einmal rissen
ihn die tanzenden Blaulichter auf dem Asphalt aus dem Schlaf, ein andermal
versank er mitsamt dem Auto in einem kleinen, bodenlosen Tümpel zwischen hohen
Hecken. Manchmal war der Tote am Steuer neben ihm Adrian und manchmal Halfast,
und manchmal war Adrian zugleich auch Firn.
    Aber am Tag ging es. Da überkam ihn gelegentlich die
Erinnerung an das Boot und die Frage, wo dessen verkohlte Trümmer jetzt wohl
treiben mochten. Er schob das von sich, genau wie die Träume. Sein nächstes
Ziel war Gahom in Ligissila (wobei er Aube in Gedanken voller Unbehagen
umging), und er versuchte sich ganz auf das zu konzentrieren, was vor ihm lag.
Mehr als alles andere wollte er jetzt einfach nur nach Hause. Wenigstens Pix
und Carmino musste er unbeschadet zurückbringen, und dafür brauchte er seinen
wachen Verstand. Wenn so etwas direkt neben einem passieren konnte … wenn man
nicht mitbekam, wie jemand, mit dem man die ganze Zeit zusammen war, beschloss,
in den Tod zu gehen – dann war man nicht aufmerksam genug.
    Den Kraiwald mit seinen Blumenteppichen ließen sie
schon am ersten Tag hinter sich. Abends erreichten sie Halan Tyggen am
Akbarnen, nicht viel mehr als

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