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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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würden.
Mir war’s Recht.
    „Was? Was hab ich dir denn weggenommen?“, fragte
Persepha. Wir saßen zusammen an Deck und tranken den Nachmittagstee, während zu
beiden Seiten die Wälder Maikonnens an uns vorüberglitten. Ihr Mann stand an
der Reling und betrachtete den Wald durchs Fernglas (wobei ihm entging, was sich
in seiner Nähe abspielte).
    „Das weiß ich nicht genau. Wusste ich auch nie, glaub
ich. Damals hab ich immer gespielt, dass ich auf der Suche nach einem furchtbar
kostbaren Schatz wäre. Der war irgendwo tief im Dschungel versteckt, und ich
musste jede Menge Gefahren überstehen und so weiter. Ich hatte da so ein Buch,
über einen weißen Jäger auf Dschungelexpedition, verstehst du, Kannibalen,
Überlebenskampf, Schatzsuche … Vielleicht hab ich dich einfach mit
dareingemischt in diese Geschichte.“
    „Und jetzt bist du auf Schatzsuche –“, stellte
sie mit einem Lächeln fest, das nicht ganz ein richtiges Lächeln war.
    „Ja. Das ist mir auch schon aufgefallen.“ Und plötzlich
fiel mir die Maske ein, die sie getragen hatte, und wie ich vor Schreck darüber
von der Treppe gestürzt war. Als hätte ich es vorausgeahnt! Aber was war schon
nicht seltsam an dem, was uns beide miteinander verband?
    „Erzähl mir von deinem Schatz!“, verlangte sie und
berührte meine Hand mit ihrem Teelöffel. „Vielleicht finde ich ihn ja für
dich!“
    „Bestimmt. Du hast ihn ja versteckt!“ Die Perle aus Tee,
die ihr Löffel auf meinem Handrücken hinterlassen hatte, wischte ich mit den
Lippen fort. „In meinem Spiel war es ein Edelstein. Er füllte die die ganze
Höhle, in der er versteckt war, mit blaugrünem Gefunkel. Also vielleicht ein
Smaragd, ein Saphir … es war … wie ein gefrorener Wasserfall im Licht. Manchmal
habe ich sogar davon geträumt.“
    „Und du bist nie dort angekommen?“
    „Bis jetzt noch nicht!“ Und ich lachte, ein blinder
Idiot. Und holte meinen Skizzenblock hervor und begann eine weitere Zeichnung
von ihr.
    Bei Persepha war Frieden. Was kümmerte mich irgendein
Schatz, jetzt, wo ich sie endlich gefunden hatte? Manchmal kam es mir so vor,
als hätte das lange Warten uns beide zu etwas verformt, das wir eigentlich
nicht hätten werden sollen. Ich war Arzt, aber inzwischen tötete ich leicht und
ohne Bedenken. Der Krieg hatte ans Licht gebracht, dass ich darin ein
Naturtalent bin. Und auch sie war nicht so, wie ich mir die Frau meines Lebens
vorgestellt hatte. Verschlagen war sie und nutzte ihre besonderen Fähigkeiten
durchaus für ihre eigenen Zwecke. Ein echtes Kind von Orolo sozusagen. Ich war
bestimmt nicht ihre erste Affäre. Will Daggers Honigvögelchen hatte es
faustdick hinter den Ohren. Aber ihr schien es mit mir genauso zu ergehen wie
mir mit ihr. Da war etwas, das einen dazu brachte, alles fallenzulassen und in
die Knie zu sinken. Dieses lächerliche Bild habe ich immer vor Augen, wenn ich
an unsere erste Begegnung denke.
    Und so standen wir ratlos voreinander und wussten
nicht, was wir tun sollten, was werden sollte. Es war nicht nur, weil sie
verheiratet war. Selbst wenn sie frei gewesen wäre, hätten wir nicht das leben
können, was wir fühlten. Die Suche hatte zu lange gedauert. Es war zu viel, zu alt ,
es war jenseits von dem, was in Worten und im Leben Ausdruck finden konnte. Auf
jeden Fall war es mehr, als eine Affäre befriedigen konnte. Miteinander ins
Bett zu gehen, das machte den Abgrund des Wartens, den wir hinter uns hatten,
nur noch spürbarer. Am nächsten waren wir uns noch, wenn wir zusammen
schwiegen.
    Aber hier und heute auf dem Traskepad denke ich, dass
wir einander genau dabei zu nahe gekommen sind.
     
    Zwei Tage, nachdem ich ihr von der Schatzsuche meiner
Kinderzeit erzählt hatte, näherten wir uns Tygge Kallentar, wo sich der Fluss für
anderthalb Tagesreisen zu einem See erweitert. Ein kalter, sonniger Märzmorgen
war das, man sah den Atem weiß verwehen. Wir standen oben an Deck, die einzigen
zu dieser frühen Stunde. Mehr zufällig hatten wir uns hier getroffen und sahen
jetzt wie gebannt hinauf, wo hoch oben vor dem hellen, harten Blau ein Schwarm
großer Vögel kreiste. In einer Wolke aus unablässigen Gurrlauten segelten sie
dort, mit ausgebreiteten Schwingen, als ließen sie sich von der langsamen
Dünung eines Meeres tragen. Je länger ich hinaufsah, desto stärker hatte ich
das Gefühl, dass mein Bewusstsein aus mir heraus- und hinaufgezogen wurde,
hinauf auf diese unsichtbare Dünung, und dort ruhte es und sah in die

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