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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Das ist
ein Scheißmoment zum Abdriften!“
    Zehn Minuten später, gerade als sie dachte, sie müsste
doch noch reihern, geriet der Kahn in heftige, klatschende Wellen – es spritzte
bis zu ihnen rauf – und schlingerte auf den Felsenturm zu, der gar kein Turm
war, sondern eher ein hoher, schmaler Keil. Von hier unten konnte man den Ring
auf der Spitze gar nicht sehen. Man sah nur dunklen, mit schwärzlich-grünen
Flechten bewachsenen Fels, der von einem schmalen, weißen Strandstreifen
umgeben war. Massen von diesen grünen Matten klebten unten an den Felsrändern
und hingen schlappend bis ins Wasser hinein. Als der Frachter auf die Klippe zu
manövrierte, verstummte der Pilgerchor plötzlich und vollständig. Die totale
Stille hatte nach dem Dauergesang fast was Bedrohliches. Nur Wellenklatschen
und Möwenschreie, während das Schiff an der Klippe festmachte. Auch das
Aussteigen lief schweigend ab. Nicht mal Kindergeheul.
    „Mir gefällt das hier gar nicht“, flüsterte
ausgerechnet Bagratuni, dem es doch sonst immer und überall gefiel – und dieser
Affenfels hier musste doch ’ne prima Klettergelegenheit für ihn sein.
    Immer mehr Leute strömten auf den schmalen Strand, der
ganz aus weißen Muschelschalen bestand. Einige knieten sich sogar hin und
kümmerten sich einen feuchten Dreck darum, ob es deshalb für die anderen noch
enger wurde. Verdammt, warum gingen die nicht endlich weiter – da war doch ein
Weg, der hinaufführte! Neben ihnen sank auch der Mann mit den leeren Augen in
die Knie, beugte sich so weit vornüber, bis sein Gesicht auf den Muscheln lag.
Sah aus, als wollte er den Boden küssen, wie der Papst.
    Sie schoben sich weiter zwischen den Leuten hindurch
auf die Felswand zu. Dann plötzlich schrie jemand hinter ihnen, sehr laut in
der Stille. Sie fuhren herum. Da wichen die Leute schon zurück, und sie hatte
plötzlich freien Blick auf den Mann, der immer noch kniete, aber jetzt hatte er
etwas in der Hand, und dann rann etwas Helles über seine Schultern. Sie
kapierte es erst, als die Leute mit einer Bewegung wie die Druckwelle nach einem
Bombenaufschlag in alle Richtungen auseinanderstoben, und da war der kleine
Mann am Boden schon in einen Mantel aus Flammen gehüllt. Helle, gelbrosa
Flammen, die schnell über seine ganze Gestalt flossen und sich dann in rasendem
Tempo zu einer großen Flamme vereinigten, zu einer leuchtenden, lodernden,
wütenden Fackel mit einem dunklen Umriss in der Mitte – der hatte die Arme
hochgerissen, torkelte, und wenn er schrie, ging das unter, denn die Leute, die
gerade noch panisch zurückgewichen waren, fingen jetzt wieder an zu singen. Die sangen ! Während der Typ in der Mitte zusammenbrach und vor ihren Augen
verbrannte! Keiner tat was!
    Sie brüllte, brüllte gegen das Gejaule ringsum an,
wollte nach vorne rennen, man musste den da doch irgendwie ins Wasser kriegen!
Das war doch ganz nah! Jemand legte den Arm um sie und hielt sie fest, und sie
fand eine dunkle Höhle an einem kratzigen Pullover, wo sie nichts mehr sehen
musste. Obwohl sie versuchte, sich die Ohren zuzuhalten, hörte sie die
gellenden Schreie jetzt, und ihre Fantasie zeigte ihr beharrlich das Gesicht
mit den leeren Augen, wie es in den Flammen verkohlte und dabei immer weiter
schrie –
    „ Pix ! Pix, du musst dich jetzt beruhigen!“
    Hände zogen ihr Gesicht aus dem sicheren Versteck –
verdammt, sie hatte sich James in die Arme geworfen!
    „Es ist vorbei! Wir können nichts daran ändern! Wir
gehen jetzt weiter! Komm!“
    „Warum hat er das gemacht?“ Es roch sogar nach
verbranntem Fleisch! War das zu fassen? Sie roch verbrannten Mensch ! Oh Gott !
    „Er hat sich geopfert“, trötete ein Mann direkt neben
ihnen, und irgendwie klang er stolz . „Ein Opfer für uns alle, um die
schwarze Flut aufzuhalten! Um Kumatais Zorn zu mildern!“
    „Aber –“
    „Die Welt wird sowieso brennen, Mädchen!“, trötete der
Typ weiter. „Bis morgen brennen wir alle! Besser, du bereitest dich darauf
vor!“
    „Halt den Mund, Ska!“, sagte James scharf. „Pix, komm
jetzt!“
    „Brennen! Hört ihr mich! Alle brennen wir,
alle! In schwarzen Flammen werden wir verbrennen!“, schrie ihnen der Mann
hinterher. „Bis die Erde wieder rein ist!“
    James zog sie mit sich, zerrte sie an der Felswand
entlang, an Gesichtern vorbei, die alle in dieselbe Richtung gafften, bis sie
endlich aus der Menge heraus waren.
    „Ich will hier weg! Ich will zu Dorian! Du hast
versprochen, dass wir Dorian hier

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