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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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Wurfscheibe beiseite und spielten Ving um
Chavalbeträge. James hatte Ving inzwischen ganz gut drauf, und bis ihn der
vierte oder fünfte große Becher Kraiblad (ein helles, herbes Shervis, das
tückisch leicht schmeckte) aus dem Rennen warf, gewann er alles in allem
siebzig Chaval. Zwischendurch musste er einmal an die vielen bleiernen
Nachtstunden denken, die sie in der Klinik mit Kartenspielen herumgebracht
hatten, früher, in seinem anderen Leben … ob seine Kollegen noch registrierten,
dass er fehlte?
     
    5.
    James erwachte, als die Sonne noch nicht aufgegangen
war, mit sengendem Durst und schwerem Kopf. Er konnte sich nicht mehr erinnern,
wie er auf seinen Schlafsack im Gilwissler gekommen war, und er hatte auch die
Schuhe noch an. Er trank eine halbe Kruke Wasser und beschloss, zur Erfrischung
eine Runde schwimmen zu gehen. Dafür zog er die Schuhe dann doch noch aus – die
hatten schon genug Seewasser abgekriegt, und er wollte sich nicht wieder um
neue kümmern müssen.
    Draußen war es kühl. Feuchtigkeit hing in der grauen
Luft und überzog den Tisch des gestrigen Gelages mit perligem Niederschlag,
rollte in Tropfen von den Wagenwänden. Er folgte dem Lauf der Krikka auf
kaltem, sandigem Boden bis an den Strand.
    Über dem Meer lag dichter Nebel. Trotz der frühen
Stunde waren am Wasser mindestens fünfzig Leute um ein Boot herum versammelt.
Bei aller Neugier machte er lieber einen Bogen um diese Versammlung, wollte
nicht doch noch als Fremder auffallen. Dabei entdeckte er am Ende eines weit ins
Wasser hinausragenden Felsrückens eine Gestalt, die ihm vertraut vorkam. Es war
Halfast, der mit Körben herumhantierte. James winkte ihm zu und tappte dann
über den Felsen zu ihm hinaus. Der raue, von Schneckenhäuschen und Muscheln
überkrustete Boden schürfte seine Füße auf. In Spalten und Löchern hatte die
Flut kleine Wassertümpel zurückgelassen, in denen rotbraune Krebse vor seinem
Schatten zu fliehen versuchten. Halfast, nur in aufgekrempelten Hosen und nass
bis über die Hüften, versenkte denn auch Reusen. Er legte die Hühnerreste, die
vom Abendessen übriggeblieben waren, als Köder darin aus. James setzte sich auf
eine trockene Felsrippe und ließ die Beine ins Wasser hängen. Halfast nickte
ihm nur zu. Unter seinem linken Auge schillerte es immer noch in satten
Blaugrüntönen. Firn hatte ihm ganz schön eine reingehauen.
    „Ist ja noch verdammt früh“, versuchte es James nach
einer Weile mit Konversation.
    „Die wollen Krebse. Und hier kriegt man sie morgens in
Massen. Bevor die Sonne aufgegangen ist.“
    „Kawurassi, hä?“ James stupste leicht gegen den Eimer,
der neben Halfast stand. Darin wimmelte es bereits von Scheren und Panzern.
    „ Ah kash , kawurassi! Das ist Salzwasser hier.
Kein Schlammloch in Orolo.“
    „Ich glaub, ich kann trotzdem keine mehr essen.“ Er
verdrängte rasch das Bild von Kriope und dem blutigen Schlamm, in dem sie
gelegen hatte.
    Das Wasser war noch kälter, als er befürchtet hatte,
also verschob er das Schwimmen noch ein bisschen und sah stattdessen der
Versammlung drüben am Strand zu. Ein paar Männer schoben jetzt das Boot ins
Wasser. Sie gingen weit hinein, bis die Wellen ihnen über die Brust rollten.
    „Was machen die da?“
    „Schicken einen Toten hinüber“, erwiderte Halfast an dem
unvermeidlichen Zigarillo vorbei.
    „Oh. Du meinst – da liegt einer drin, in diesem Boot?“
    Halfast nickte.
    „Dafür sind die Boote also … ich hab sie beim Laden
gesehen. Ich dachte, ihr braucht sie für – was weiß ich, Wassersport oder so.“
    Sie sahen zu, wie die Flut das Boot ergriff und
allmählich mit sich nahm. Die Männer dort draußen sahen ihm nach. Die Leute am
Strand fingen an zu singen.
    Der Nebel war dünner geworden, und auf einmal erschien
ein roter Streif zwischen Himmel und Meer, der schnell zu einem Stück von der
Form einer Apfelsinenspalte anwuchs. Rötlicher Glanz floss wie Farbe über das
graue Wasser; dann schälte sich aus dem ersten dunstigen, tintigen Blaurot nach
und nach der gleißende Sonnenball.
    Zuerst dachte James, das Licht hätte ihn getäuscht,
dann erkannte er, dass tatsächlich Flammen aus dem Boot aufloderten. Sie
wirkten blass und unbedeutend vor der blendenden Helligkeit der aufgehenden
Sonne, und der Wind trieb sie auseinander.
    Auch Halfast wandte keinen Blick von dem Boot. „Wo das
wohl ankommt … Ich wollt immer schon wissen, was da drüben liegt.“ Mit einem
schiefen Grinsen wandte er sich James zu.

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