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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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(Schorschi. ist derjenige mit mehr und längeren Haaren) und wollen danach fassen. Da sagt Christa ganz spontan: »Ui, Schorschi, das kriegt die Anneli für ihre Haare.« Die Zuteilung hat keinen praktischen Grund, denn bei Annelis Ringellocken hält das Spangerl gar nicht. Schorschi ist enttäuscht, will es trotzdem; jetzt dreht Anneli auf und besteht darauf, daß das Haarspangerl ihr gehöre. Und selbstverständlich erhält sie es von Christa. Fazit für beide Kinder: Aufmerksamkeit für Haare und Frisur steht nur Mädchen zu.
    Christa erzählt den Kindern die Weite-Welt-Geschichte von Marie Mareks, in der die Hauptfigur ein Mädchen ist. Beim ersten Bild erklärt Christa Schorschi, der die Geschichte noch nicht kennt, daß die Figur in Hosen ein Mädchen sei. Sie fragt ihn: »Ist die schön, Schorschi?« und antwortet gleich selbst mit der Feststellung: »Gell, die ist doch schön und nett.« Dann fährt sie in der Geschichte fort. Schorschi echot: »Schön, nett.«
    Abends sieht Christa mit Schorschi und Anneli das Buch von Tomi Ungerer »Alumette« an, in dem wieder ein Mädchen die Hauptfigur ist. Sie fragt Schorschi wiederum: »Ist das Mädchen nicht schön und nett?«
    Mir fällt auf, daß Christa jedesmal die Frage an Schorschi richtet, obwohl sie ja mit beiden Kindern beschäftigt ist und Anneli doch auch hätte feststellen können, ob das Mädchen hübsch und nett sei. Der »kleine Mann« wird zu einem Urteil über das Aussehen einer Frau herangezogen, und das gleich beim ersten Bild eines Buches, ohne sich überhaupt näher mit der Figur und ihrem Tun beschäftigt zu haben. Und das Ganze in Anwesenheit eines Mädchens. Der Bub erhält so frühzeitig die Kompetenz, eine Frau in erster Linie nach dem Äußeren zu beurteilen. Wenn er groß ist und einer Frau in vielleicht allen Belangen unterlegen, so hat er doch immer noch die Kompetenz, ihr Aussehen als Kriterium zu benutzen, um sie zu blamieren.
    Und das Mädchen lernt, ihm diese Kompetenz zuzubilligen.
    Ich hielt immer die These, daß Mädchen von den Müttern zur Hausarbeit früher angehalten werden als Buben, für eine Geschichte aus dem Gruselkabinett sexistischer Kindererziehung. Aber der Alltag sollte mich auch hier eines Besseren belehren.
    Wir sind zusammen mit Schorschi und Christa im Engadin. Da Anneli es bereits beherrscht, einen halbleeren Teller mit Besteck vom Tisch zu nehmen, bitte ich sie nach dem Abendessen kurzerhand: »Ach, Anneli, sei doch so lieb und bring mir die Teller.«
    Sie tut es, Schorschi hampelt in der Zwischenzeit irgendwo herum. Ich lobe Anneli: »Das war aber jetzt sehr lieb von dir. Du bist ja wirklich prima.«
    Christa möchte unsere Gastgeberin um einen Gefallen bitten. Da Anneli besser spricht als Schorschi, kommt für den Botendienst nur sie in Frage. Christa wendet sich an Anneli: »Anneli, du bist ganz lieb, wenn du jetzt schnell mal zu Frau C. gehst, uns Wolle holst und Frau C. sagst, daß wir die große Badeschüssel für dich und Schorschi brauchen.« Anneli tut auch dies.
    Sie war wieder einmal sehr lieb, und dies wird auch entsprechend von uns hervorgehoben. Anneli freut sich. Schorschi kann es noch nicht und muß deshalb auch nicht so früh wie Anneli »lieb sein« und helfen. Der Begriff »lieb sein« wird an ihn nicht herangetragen. Er richtet sich deshalb auch nicht so früh nach dem Lob auf das »lieb sein«. Hausarbeit bleibt ihm länger fremd, stellt sich ihm primär als Sache der Mädchen dar.
    Sind Frauen deshalb umsichtiger, freundlicher, netter, weil sie es schon so früh im Gegensatz zu den Buben gelernt haben?
    Wir sind beim Mutter-Kind-Turnen. Ein gleichaltriger Bub namens Martin, aber größer und kräftiger als Anrieh nimmt ihr immer wieder den Ball weg, mit dem die Kinder ein bestimmtes Spiel machen sollen.
    Das sieht so aus: Er geht auf sie zu, packt den Ball. Sie brüllt und versucht verzweifelt, den Ball zu halten, sie stemmt sich mit den Füßen ein und bückt sich, um den Ball in ihrer Bauchhöhle zu verstecken. Zuletzt beschimpft sie ihn sogar und sagt, daß er das nicht tun dürfe. Es gelingt ihr aber nicht, den Ball zu halten - klar, er ist ja größer, ein Schubs und ein Schlag und der Ball gehört ihm. Alle Mütter und die übrigen Kinder sitzen im Kreis und schauen zu, auch die Mutter von Martin. In mir kocht es, aber es ist ein ungeschriebenes Gesetz unter Müttern, daß ein fremdes Kind nicht in Gegenwart der eigenen Mutter zurechtgewiesen werden darf. Also schweige auch ich. Ich

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