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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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Katerin.« In meinem Herzen jubelt es. Sie gebraucht weibliche Sprachformen so selbstverständlich, wie uns bisher männliche Sprachformen waren.
    Ich beginne, daran zu glauben, daß sich mit Erziehung doch etwas, wenn auch nicht sehr viel, ändern läßt. Ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft.
Januar 1985 (3Jahre, 5 Monate)
    Ich bin nun wieder in den Alltag meines Berufes eingestiegen und jeden Tag von morgens halb acht Uhr bis abends 17Uhr von Anneli getrennt.
    Eigentlich wollte ich das Tagebuch für mich selbst und für Anneli fortsetzen, aber die Eintragungen werden immer seltener, Ich habe nichts mehr zu schreiben und aufzuzeichnen, denn es fällt mir nichts mehr auf. Ich höre all die Bemerkungen, die Sätze nicht mehr, kann die Zusammenhänge nicht mehr herstellen und verstehe manches daher gar nicht mehr so richtig. Es gibt sie nicht mehr, die Geschichten zum Werden eines Mädchens. Ist es möglich, daß in Annelis Leben keine Sexismen mehr existieren? Hat sich die Welt so verändert, daß alles das, was ich in den vergangenen Jahren wahrnahm, nicht mehr da ist, seitdem ich wieder im Beruf bin?
    Dafür gibt es nur eine Antwort: Es liegt ganz einfach daran, daß ich als herumhetzende, von mehreren Belastungen gestreßte Mutter keine Sensibilität und keine Wahrnehmungskapazitäten mehr frei habe für Annelis Leben und Erfahrungen. Ein großer Bereich ihrer Erlebnisse fällt schon allein aufgrund der wenigen Stunden, die wir am Tag zusammen verbringen, weg. Ein anderer Teil entgeht mir, weil ich die Zusammenhänge nicht mehr erkennen kann, und ein weiterer, weil ich einfach nicht mehr hinhören kann in der verbleibenden Zeit; meine Sinne sind jetzt mehr für die Belange des Berufes geschärft. Und zu guter Letzt bin ich einfach zu müde, um noch nachts, nachdem alles andere erledigt ist, so viele klare Gedanken zu haben, mich zu erinnern und zu schreiben.
    Vielleicht sollten sich die viel geschmähten, auch von Feministinnen diskreditierten »Hausfrauen« der Sprengkraft ihrer Lebensführung bewußt sein, der Erkenntnisprozesse, die sie gewinnen und weiterentwickeln könnten. Alle die aufgezeichneten Wahrnehmungen und Rückschlüsse wären mir jedenfalls nicht gelungen, wenn ich nicht als »Hausfrau« in den ersten drei Lebensjahren von Anneli so viel Zeit zur Beobachtung gehabt hätte.

Die Frage nach dem Warum Ein Resümee
    Meine Intention ist es jetzt nicht, den vielen, zum Teil sehr ausführlichen und sorgfältigen theoretischen Untersuchungen und Erklärungsversuchen zur Entstehung unterschiedlicher Verhaltensweisen der beiden Geschlechter noch eine weitere ausgefeilte Theorie hinzuzufügen. Ich möchte mich darauf beschränken, der Leserin, dem Leser nach diesem Erfahrungsbericht über den Zeitraum von drei Jahren hin kurz die wichtigsten vorhandenen Erklärungsansätze darzulegen, um die Möglichkeit an die Hand zu geben, sich selbst ein Bild von deren Relevanz und Richtigkeit zu machen und offengebliebene Fragen einzuordnen.
    Ich werde allerdings in der Zusammenfassung Schlüsse einer ganz gewöhnlichen Mutter ziehen, die zur Forschung weder Zeit noch Nerven hat, weil sie mit der Erziehung ausgelastet ist, die aber nebenbei doch genug Wesentliches feststellt, das der Forschung trotz oder gerade wegen ihrer Möglichkeiten entgeht.
    Die uns zur Verfügung stehenden Erkenntnisse sind im wesentlichen in vier verschiedene Erklärungsansätze einzuteilen: 1  
    1. den biologistischen,
    2. den psychoanalytischen,
    3. den sozialistischen,
    4. den der umweltbedingten Ursachen.
Der biologistische Erklärungsversuch
    Er geht von der Annahme aus, daß allein die natürlichen biologischen Unterschiede Ursache für verschiedenes Verhalten von Männern und Frauen sind. Beginnend mit der Gesellschaft der Jäger, in der die Frau aufgrund ihrer körperlichen Gegebenheiten, insbesondere der Behinderungen durch Schwangerschaft, Geburt und Kleinkind, der wichtigsten Beschäftigung, nämlich der Jagd, nicht nachgehen konnte, entwickelte sich die unterschiedliche Arbeitsteilung der Ge schlechter in scheinbar natürlicher Weise. Da die Jagd die wichtigste, nämlich die Sippe durch Ernährung am Leben erhaltende Beschäftigung war, kann durchaus ohne Schwierigkeit gefolgert werden, daß diese höherwertige Tätigkeit auch den höheren Status in der Gesellschaft rechtfertigte. Die übrigen Arbeiten, die in der Gesellschaft der Jäger anfielen, blieben den Frauen reserviert. Da ihre Arbeiten nicht unmittelbar dem Erhalt der

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