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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Grabrucker
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Sippe dienten, war mit ihnen auch weniger Prestige verbunden. Die Person, die sie ausführte, galt insgesamt weniger. Anhänger dieser Theorie argumentierten noch um die Jahrhundertwende mit dem geringeren Gewicht des weiblichen Gehirns im Vergleich zum männlichen Gehirn gegen die Zulassung der Frauen zum Studium und zu bestimmten Berufen. 2
    Dies mag uns heute lächerlich erscheinen. Es ist, als habe sich angesichts des Vordringens der Frauen in viele Lebensbereiche diese Theorie erledigt. Doch ist es erst sieben Jahre her, daß die Stadt München es ablehnte, weibliche Handwerks-lehrlinge auszubilden, weil die Daumen der Mädchen kürzer als die der jungen Männer seien und sie deshalb für ungeeignet galten. Dies ist kein Witz, sondern wurde in einem medizinischen Gutachten festgestellt. 3
    Im Faschismus wurde der Gedanke der Andersartigkeit der Frau mit allen Konsequenzen in größter Brutalität ausgelebt. Der Biologismus erlebte einen Triumph in. der neueren Geschichte. Frauen sollten nur noch 10 Prozent aller Studenten an den Universitäten ausmachen, sie durften nicht mehr in »Männerberufen« wie Richterin, Rechtsanwältin, Ärztin beschäftigt werden. 4 Die natürliche Weiblichkeit wurde in Gesetzen und Verordnungen festgelegt und definiert und an der Zahl der Geburten gemessen.
    In den letzten Jahren gewinnt der Hinweis auf die biologische Andersartigkeit der Frau wieder an Bedeutung, indem er allen Bemühungen um Chancengleichheit von vorneherein natürliche Grenzen zu stecken versucht. Mit der Annahme psychologisch begründeter Mängel werden Mädchen »zu Recht« aus bestimmten Ausbildungsberufen ferngehalten 5 und werden eigens dazu erstellte Gutachten angeführt. 6 Dies sind die krassesten und für jedefrau erkennbaren praktischen Auswirkungen des Biologismus.
    Dieses Denken ist jedoch nicht nur bei Männern und nicht immer mit dieser Deutlichkeit zu finden. Biologismus findet sich auch in dem angebotenen Ausweg aus dem Geschlechter-Wert-Dilemma durch Änderung der bestehenden Wertigkeiten. Weiblichkeit soll einen gleichwertigen, aber verschiedenen Platz in der Gesellschaft erhalten, denn »es wird anerkannt, daß Mädchen und Frauen >irgendwie< anders sind als Knaben und Männer«. 7 Auch hier gehen Frauen von der angeborenen Andersartigkeit, einer in den biologischen Funktionen begründbaren anderen Wesenhaftigkeit aus. Sie erkennen damit eine grundlegende Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern an.
    Von ähnlichen Gedanken waren Teile der bürgerlichen ersten Frauenbewegung in Deutschland ausgegangen, denen deshalb der Vorwurf zu machen ist, das widerstandslose Aufgehen der Frauenbewegung in der nationalsozialistischen Frauenschaft mitverursacht zu haben. 8 Gegen eine weitere ernsthafte Beschäftigung mit diesem Ansatz sprechen drei Einwände:
    1. Es ist in der Geschichtswissenschaft keineswegs gesicherte Erkenntnis, daß es ausschließlich Gesellschaften der Jäger waren, die sich höher entwickelten und es zu Kulturstaaten gebracht hatten. Bachofen erkannte im 19. Jahrhundert bereits aus der Untersuchung alter Autoren, Mythen, überkommener Bräuche, Ortsnamen und der Sprache, daß »alles sich zu einem einzigen Bild zusammenfügt, und zu dem Schluß führt, daß die Mutterherrschaft nicht auf ein bestimmtes Volk beschränkt ist, sondern einen allgemeinen Kulturzustand kennzeichnet« ... »eine Kulturstufe, die durch die spätere Entwicklung der alten Welt überdeckt oder völlig zerstört wurde«. 9 Wir wissen aus archäologischen Entdeckungen, daß in Anatolien (Catal Hüyük, eine neolithische Niederlassung im Gebiet der heutigen Südtürkei, die von 6800 bis etwa 5900 ständig bewohnt war), den angrenzenden, kleinasiatischen Gebieten bis ins Donaubecken, in Kreta und in Etrurien überwiegend Bodenbaukultur mit mutterrechtlichen Kulturformen vorherrschte, die es zu großer Blüte gebracht hatten. Hier wurden Beweise für die gynaikratischen Anfänge unserer Kultur gefunden.
    Die »Große Gottheit« in jedem Tempel sowie alle anderen gefundenen Götter sind weiblich. Die Nahrung war vegeta-fisch. Die ehrenvollen Begräbnisse waren den Frauen vorbehalten. Die Männer waren das zweite Geschlecht. 10 Aufgrund dieser Entdeckungen kann mit einigen überlieferten Vorurteilen aufgeräumt werden. So ist das Bild des jagenden männlichen Höhlenmenschen als unserem Urahn, der seine Beute zu Frau und Kindern in die Höhle schleppt, schlichtweg falsch. Fleischliche Nahrung findet sich erst in einem

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