Typisch Mädchen
späteren Stadium der menschlichen Entwicklung. Der Jäger kam nach dem den Acker bebauenden Menschen. Die Frau hatte den Bodenbau und die Landwirtschaft als primäre Nahrungsquelle der Menschheit erfunden. Ein großer Teil vorgeschichtlichen Werkzeugs stammte von ihr. 11 Matriarchale Kulturformen gibt es noch heute. So fand ich selbst bei einem Aufenthalt im Stamm der Torajas in Celebes (Indonesien) und der Böntok in Luzon (Philippinen), daß den Frauen die größeren Begräbniszeremonien gewidmet waren, daß die älteste Frau bei wichtigen Entscheidungen -konnte keine Einigung erzielt werden - das letzte, den Ausschlag gebende, Wort hatte, daß die Frauen vererbten und erbten, daß die Geburt eines Sohnes keine größere Freude auslöste als die einer Tochter, daß die alte Frau des Stammes die Einhaltung der Stammesregeln kontrollierte, daß sich die Frauen jederzeit ohne Probleme von ihren Ehemännern trennen konnten.
Lassen sich also noch bis vor wenigen Jahren Spuren eines lebendigen Matriarchats finden, so ist es um so weniger glaubhaft, daß die männliche Dominanz erfordernde Gesellschaft der Jäger die einzig mögliche für die Ursprünge der Menschheit gewesen sein und als einzig der »Natur« entsprechende gelten soll.
Soweit daneben aber Stämme existierten, die Jagd betrieben, wird die Tatsache übergangen, daß die Frauen ebenso der Jagd nachgingen wie die Männer. Gerade die Großwildjagd erforderte es, daß sich alle Mitglieder des Stammes daran beteiligten. 12 Wie sonst lassen sich die Mythen von der »Herrin der Tiere«, der Diana als Jagdgöttin der Alten Welt erklären.
2. Selbst wenn aber die Gesellschaft der Jäger als bestimmende Kulturform sich gegenüber den anderen Gesellschaftsformen durchsetzte, so darf hier nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden. Ihre Durchsetzung gelang nur mit Hilfe von Eroberung und Zerstörung der Matriar-chate.
Dies geben die Mythen ausführlich wieder. Hatte die Frau in der neuen Kulturform nun keinen Wert mehr, lag das nicht an ihrer Körperlichkeit, sondern an den Normen der Eroberer, die den Mann als Maßstab allen Seins nahmen und Weibliches abwerteten. Mit dem Ausschluß vom gesellschaftlichen Leben mußten zwangsläufig die nicht mehr gebrauchten Fähigkeiten der Frauen verkümmern, was wiederum fatalerweise den Ausschluß zu bestätigen schien.
3. Meines Erachtens können aber Gedanken und Spekulationen über die Machtverhältnisse der Vorzeit dahingestellt bleiben, wenn wir das Problem der Unterdrückung eines Geschlechts durch das andere begreifen wollen. In allen anderen Lebensbereichen, die Probleme bereiten, greifen wir heutzutage auch nicht auf die Urformen der Steinzeit zurück. Wird gemeinhin das Wesen des Menschen so begriffen, daß er in der Lage ist, sich fortzuentwickeln, sich veränderten Verhältnissen anzupassen, die Welt selbst zu verändern, so muß er auch fähig sein, die Unterdrückung eines Teils der Menschheit unabhängig von ihrer geschichtlichen Entstehung zu begreifen und zu ändern. In unseren jetzt überwiegend herrschenden Lebensformen kommt es nur noch in wenigen Berufen auf große körperliche Kräfte an. Bei hauptsächlich sitzender Beschäftigung und beim Drücken verschiedener Knöpfe ist es vollkommen unlogisch, die herrschende Arbeitsteilung und die sozial geprägten Wesenseigentümlichkeiten aus verschiedenen körperlichen Anlagen der Vorzeit abzuleiten. Im übrigen wissen die Verfechter dieses Arguments wohl nicht, wieviel an Gewicht eine Hausfrau mit zwei kleinen Kindern täglich stundenlang schleppt. Mehr jedenfalls als ihr sich schwer am Schreibtisch plackender, von wilden und starken Jägern abstammender Gemahl.
Der psychoanalytische Ansatz
Seit der Entdeckung des Unbewußten durch Sigmund Freud fand das unterschiedliche Verhalten der Geschlechter aufgrund seiner Theorie eine neue Erklärung, die anerkannter Bestandteil unserer Gesellschaft wurde. Jeder»mann« glaubt heutzutage, mit dem schlagwortartigen Gebrauch des Begriffes »Penisneid« weiblichen Protest kommentieren oder zum Schweigen bringen zu können. »Unweibliche« Frauen im Sinne der gesellschaftlichen Konventionen sollen sich in Analyse begeben, um dort ihre wahre Weiblichkeit zu erlangen. Wie ist nun die wirklich weibliche Frau beschaffen, wie sieht ihr psychischer Werdegang aus ?
Nach Freud ist der Prozeß, der das Kind in eine Frau verwandelt, in zwei Hauptabschnitte unterteilt: den Zeitraum der Bisexualität, den es mit den Buben
Weitere Kostenlose Bücher