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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Jensen
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Zeitspanne, denn seit der Legion hatte er keine Gelegenheit für Schießübungen mehr gehabt.
    Thomsen war gerade im Gastraum verschwunden und mithilfe des Zielfernrohrs sah Raoul, wie dieser hinter einem der Kneipenfenster am Zapfhahn stand und gerade den überflüssigen Bierschaum mit einem Holzspatel von den Gläsern entfernte. Raoul spürte eine gewisse Unruhe in sich, nach all den Jahren, die mittlerweile zwischen dem Dienst bei der Legion und dem Jetzt standen, wieder einen Menschen zu exekutieren. Es schien ihm seit damals ein Stück seiner einstigen Kaltblütigkeit, auf die er sich in ernsten Situationen absolut immer hatte verlassen können, abhandengekommen zu sein. »Das hängt wohl mit dem Alter zusammen«, murmelte er. Eine andere Erklärung wusste er nicht. Während dieser Gedanken hatte seine Aufmerksamkeit keinesfalls nachgelassen und so sah er rechtzeitig, wie sich der Kneipier mit einem vollen Tablett vom Tresen her wegbewegte. Raoul wusste, dass, wenn dieser gleich in der Türöffnung erscheinen würde, es in folgenden Sekundenbruchteilen auf alles ankam. Aber was sich dann vergleichsweise wie im Zeitraffer abspielte, hatte Raoul selbst während der zahlreichen Militäreinsätze in der Legion niemals erlebt.
    Wie erwartet trat Thomsen unter die Tür und somit genau in Raouls Fadenkreuz. Während Raoul routiniert und ohne zu zaudern, das Ziel erfasste, nachjustierte und abdrückte, sah er den Kneipenwirt bereits zusammenzucken, bevor das Geschoss der GCP nur winzige Sekundenbruchteile später den Körper seines Opfers sauber durchschlug.
    Alles, was Raoul noch durch das Zielfernrohr registrierte, war der zwischen den Tischen hin und her taumelnde und anschließend zusammenbrechende Thomsen, in dessen Hals ganz offensichtlich ein gefiederter Pfeil steckte.
    Den daraufhin ausbrechenden Tumult nutzte Raoul, um sich unbemerkt zurückzuziehen. Er erreichte unbehelligt den Platz, wo er seine Stiefel zurückgelassen hatte und an dem er sich endlich der um seine Füße gewickelten Plastiktüten entledigen konnte.
    Rückwärts gehend verwischte er die Spuren seiner Stiefel, bis er die Schilfzone erreicht und oberhalb dieser, gleich darauf festen Boden unter sich spürte.
    Gelegentlich drangen Lärmfetzen von der Kneipe zu ihm herüber, doch sie berührten ihn nicht mehr, denn der selbstgestellte Auftrag war erfüllt, wenn ihm dabei überraschenderweise auch ein Unbekannter zuvorgekommen war.
    Rabenschwarze Nacht herrschte hier an der Küste eigentlich nie und so war der Rückweg über die Felder und durch einige überschaubare Buchenwäldchen für ihn ein Kinderspiel. Dennoch blieb er im höchsten Maße wachsam und duckte sich sofort bei jeder Bewegung, selbst wenn diese letztlich nur durch davonspringende Rehe oder die Flucht eines Feldhasen ausgelöst worden war.
    Am Hof schließlich ohne Zwischenfälle angekommen, schien alles wie vorher zu sein. Es brannte, wie mit seinem Bruder abgesprochen, noch Licht in seiner Wohnung, und das Wechselspiel zwischen hellen und dunklen Kontrasten signalisierte nach draußen, dass sich hier sehr wahrscheinlich gerade jemand das abendliche Fernsehprogramm ansah.
    Sein Bruder erwartete ihn wie vereinbart im Dunkel des Vorflurs, wo die beiden Männer miteinander eine Weile flüsterten. Drüben bei Ben und Nina war das Licht gelöscht und sie schienen demnach, sich schlafen gelegt zu haben. So konnte kurz darauf eine dunkle Gestalt mit einem kleinen Koffer in der Hand das Anwesen unbemerkt verlassen, als wäre diese und die Waffe niemals hier gewesen.
    Raoul lag noch geraume Zeit wach, während sich vor seinem inneren Auge eine Collage aus Bildern und Gedanken über die letzten Geschehnisse ausbreitete.
    Ja, dachte er, die Habgier ist wohl die schlimmste aller Todsünden, sie zerstört und richtet hin, solange sie da ist. Und sie wird da sein, solange es Menschen gibt.
    Über den Bogenschützen, der nur winzige Sekundenbruchteile vor ihm sein tödliches Geschoss von der Sehne geschnellt hatte, machte er sich keine weiteren Gedanken. Genau so war es immer nach den Einsätzen bei der Legion gewesen, um mit allem weiterleben zu können: Wenn die Mission erfüllt war, war sie erfüllt, und die Entscheidung, diese durchzuführen, hatte er schließlich schon vorher getroffen.
    Während er wartend wach lag, meldete sich vibrierend sein Handy. Es war das verabredete Zeichen, dass sein Bruder inzwischen wieder hatte untertauchen können und sich vorerst in Sicherheit befand. Während

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