Tyrannenmord
sondern versuchen damit nur, mehr Licht ins Dunkel zu bekommen, und das ist immer gut«, antwortete Isabell keck.
»Da hast du allerdings nicht ganz unrecht«, gab Schmidt zu, »also gut, dann lass uns mal die Jungs gleich unter die Lupe nehmen.«
»Hmh«, Isabell legte ihre Stirn nachdenklich in Falten, nachdem sie sich wieder dem Monitor zugewendet hatten, »das sieht nicht gerade nach einer Familienfeier aus, sondern eher nach einer Versammlung von Gleichgesinnten oder einem Verein. Was meinst du Paul?«
»Ja, könnte durchaus sein«, sagte Paul, »dass diese Männer dort in ihrem lockeren Zivil beruflich etwas im Bereich des Militärs erledigen.«
»Ja, genau diese Empfindung hatte ich ebenfalls«, bestätigte Isabell und richtete den Pfeil der Maus auf die Gesichter der Männer, die alle fröhlich und gelöst in die Kamera lachten. Aber gerade weil sie so gelöst wirkten, hatte sich bei Isabell das Gefühl aufgedrängt, als wären diese eine unbekannte Bürde los und würden gleich anschließend in den wohlverdienten Heimaturlaub fahren. »Die haben was mit Militär zu tun, garantiert«, murmelte Isabell mehr zu sich selbst. »Da kann einer sagen, was er will.«
Sie führte den Pfeil weiter an den Ärmeln der Männer entlang und sah große, kräftige Hände, die bestimmt gut zupacken konnten, nur Berger, der gerade ein Trinkglas in der Hand hielt, hatte dagegen eher zierliche Gliedmaßen. Gerade wollte Isabell sich einen anderen Bereich des Fotos vornehmen, da bemerkte sie, eine feine Gravur auf dem Glas, sehr wahrscheinlich Buchstaben, ein Schriftzug vielleicht.
Sie vergrößerte das Detail, aber die Auflösung auf dem Monitor kam schnell an ihre Grenzen. ›LEGIO PAT‹ war alles, was Isabell mit einiger Mühe entziffern konnte, der Rest wurde von einem Lichtreflex überlagert, immerhin: für den Anfang reichte es.
Durch weitere Recherche, hatte sie bald den Sinn der lateinischen Begriffe erfasst:
›LEGIO PATRIA NOSTRA – DIE LEGION IST UNSER VATERLAND‹
Na also, Isabells erste Eingebung hatte sich erneut bestätigt, und Schmidt nickte ihr anerkennend zu. Natürlich waren das alles vorerst nur Indizien, aber es hatte sich nun der Anfangsverdacht verdichtet, dass Berger bei der Fremdenlegion gedient und womöglich dort den Umgang mit Präzisionswaffen gelernt haben könnte.
Die nächsten Tage vergingen mit dem Abarbeiten von Randermittlungen, ohne dass etwas von Belang geschah, denn es fehlte einfach im Fall Berger der weiterführende Ansatz und Isabell wähnte sich abermals in dieser vermaledeiten Sackgasse, immerhin verfügte sie über so viel eigenes Urvertrauen, das für das Bohren dicker Bretter und für eine erfolgreiche Polizeiarbeit letztlich vonnöten war.
Schmidt ging diesen Punkt von Anfang an gelassener an und bemühte sich, das Leben mehr von der pragmatischen Warte aus zu sehen. Er hatte unzählige Male die Erfahrung machen müssen, dass sich nichts erzwingen ließ. ›Treib nie den Fluss an, er fließt von selbst‹, war ein Motto, mit dem er gut gefahren war. Ab und an war einem das Glück, der Zufall oder wie man es auch immer nennen wollte, halt nicht gewogen. Dann landete man unverhofft einen Treffer, der die ersehnte Wendung urplötzlich in Gang setzte.
Wie zur Bestätigung seiner Ansichten gab es kurz darauf einige wichtige Neuigkeiten. Zuerst meldete sich der dänische Kollege Lars Bengström vom GZ aus Padborg.
»He, Paul, ich denke, ich habe da etwas Interessantes für dich. Die Frau, nach der du suchst, ist laut Zeugenaussage mit ihrem Krad auf der Großer-Belt-Brücke verunglückt. Sie gilt bis dato als vermisst. Das Motorrad, eine rote Husqvarna mit dem Kennzeichen ›SL-3054‹ haben unsere Taucher schon sichergestellt. In der Plastiktüte aus ihrem Case fanden wir übrigens eine Spritze und ein Schraubglas mit einer undefinierbaren Flüssigkeit. Sollen wir die Sachen zu euch rüberschicken?«
»Das wäre sehr nett, Lars, und danke für deine Hilfe«, bemerkte Schmidt aufgeräumt, da der Fall einen weiteren Schritt in Richtung Aufklärung machte. »Aber nun berichte mal bitte, wie ist denn eigentlich der Unfall passiert?«
»Ja, Paul, also in unserem Protokoll steht, dass die Person mit ihrem Motorrad auf der Brücke einige Fahrzeuge rechts überholt hätte. Der Fahrer des Wohnmobils sagte aus, dass er einen Schreck bekommen hat und durch hastige Lenkbewegungen sein Fahrzeug ins … wie sagt ihr gleich auf Deutsch?«
»Ins Schlingern kam«, half Schmidt
Weitere Kostenlose Bücher