Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
aus Kanton litt 1837 an einer schweren Krankheit, die von Halluzinationen begleitet war. Bei der Lektüre der ins Chinesische übersetzten Bibel stellte er fest, dass seine Halluzinationen teilweise mit den biblischen Offenbarungen übereinstimmten. Von nun an widmete er sich der Verkündigung der Anschauungen, die ihm seine Visionen eingegeben hatten. Diese neue Religion, Taiping-Glaube genannt, stimmte in den wichtigsten Glaubenssätzen mit dem protestantischen Glauben überein. Schon innerhalb weniger Jahre hatte er einen so großen Erfolg, dass die Mandschu-Regierung diese neue Lehre alsstaatsfeindlich verbot. Doch seine Anhänger leisteten der Polizei und der Armee heftigen Widerstand und es gelang ihnen, die Provinz Kuanghsi zu erobern. Dort begründete der Sektengründer 1851 eine neue Dynastie und ließ sich als „Himmlischer König“ ausrufen. Von hier aus eroberten sie das ganze Yangtse-Tal und die Stadt Nanking. Sie planten, von den eroberten Gebieten aus weiter gegen Norden vorzurücken und die Mandschus aus China zu vertreiben. Ihre Hoffnungen wurden aber enttäuscht, weil sie bei ihrem Vormarsch auf Peking keinen Zulauf fanden. Der Sektenführer hatte die große kulturelle Kluft zwischen den Süd- und den Nordchinesen nicht berücksichtigt und auch nicht damit gerechnet, dass seine stark vom Christentum beeinflusste Lehre den Chinesen fremd bleiben musste, die dem Taoismus, Buddhismus und Konfuzianismus anhingen. Der Austausch der althergebrachten Lehren des Konfuzius für das Neue Testament wurde von der Bevölkerung nicht übernommen.
Obwohl der Vormarsch nach dem Norden gescheitert war, verwickelte diese religiöse Bewegung die Mandschu-Dynastie in einen 13-jährigen Krieg, der fast alle Zentralprovinzen erschöpfte und das Kaiserreich an den Rand des Abgrundes brachte. Die Zahl der Toten wird auf über 25 Millionen geschätzt. Nur das Eingreifen der ausländischen Mächte zugunsten der Mandschu-Dynastie verhinderte deren völligen Zusammenbruch. Die Taiping-Bewegung wurde von den ausländischen Regierungen als gefährlich für ihre Interessen in China angesehen, weil der Sektenführer beabsichtigte, nach einem Sieg China stark und unabhängig zu machen.
In dieser unruhigen Zeit wurde dem Kaiser Hsien-feng, der mit der Kaiserin Tsü-an verheiratet war, im Jahr 1855 ein bildhübsches 20-jähriges Mädchen mit dem Namen Yehe Nara alsKonkubine vorgestellt, die ihn sofort in ihren Bann zog. Er gab dieser Konkubine aus dem Mandschu-Volk, die sich auch Wan-su-yay, „die Orchidee“ nannte, den Namen Tsü-hsi, „westliche Kaiserin“, als sie ihm nach einem Jahr den ersehnten Thronfolger gebar. Böse Zungen behaupteten aber, sie habe ein Kind gekauft und als ihr eigenes ausgegeben, da der Kaiser halbseitig gelähmt war und kein Kind mehr habe zeugen können. Damit die wahre Kindesmutter für immer schwieg, soll sie von einem der Eunuchen der Konkubine erwürgt worden sein.
Zwei Jahre später, im Jahre 1858, führten englische und französische Truppen Krieg gegen die Mandschu-Regierung und griffen Peking an, weil die ausländischen Kaufleute ständig behindert wurden. Peking wurde eingenommen, und der chinesische Kaiser floh mit seiner Gattin und seiner Konkubine nach Jehol, einem 120 km von Peking entfernten Ort, wo sich die Mandschu-Kaiser in der Folgezeit eine Stadt mit zahlreichen Palästen, Gärten und Seen anlegen ließen.
Der Krieg wurde 1860 durch einen Vertrag mit den europäischen Mächten beendet, dessen Forderungen der Kaiser alle erfüllen musste, damit ihn die Europäer in seinem Kampf gegen die Revolte der Taiping-Sekte unterstützten. Die wichtigsten Zugeständnisse waren die Freigabe des Handels, Bewegungsfreiheit für die Missionare in ganz China und die Einrichtung von Gesandtschaften der westlichen Staaten in Peking. Unter Führung eines englischen Generals gelang es den Mandschu-Truppen schließlich, Nanking, die Hochburg der Taiping-Bewegung, einzunehmen.
Nach dem Tod des Kaisers 1861 führte ein Regentschaftsrat unter Leitung der Kaiserwitwe Tsü-an, der „Herrin des östlichen Zimmers“, und seiner Nebenfrau Tsü-hsi, der „Herrindes westlichen Zimmers“, die Staatsgeschäfte für den Thronfolger Tung-tschi.
Als Mutter des Thronfolgers hatte diese willensstarke Frau, die schon in den letzten Lebensmonaten des Kaisers mit Unterstützung des Prinzen Li und dem Kommandeur der mandschurischen Garde, Yung-lu, auf die Regierungsgeschäfte des Kaisers Einfluss genommen hatte,
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