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Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte

Titel: Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Werner
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starb. Sofort entstand das Gerücht, dass sie Selbstmord begangen habe oder ermordet worden sei. Ihre Dienerinnen hatten wenige Tage nach dem Tod ihres Gemahls verhindert, dass sie sich durch Einnehmen von Goldstaub das Leben nahm. Die Schuld an diesem Selbstmordversuch wird Tsü-hsi gegeben, die ihre Schwiegertochter in den Tod getrieben habe, um ihre Macht nicht zu verlieren. Auch wird nicht ausgeschlossen, dass sie aus freien Stücken Selbstmord begehen wollte, um ihren Protest gegen Tsü-hsi zum Ausdruck zu bringen. Für einen Mord spricht, dass die kaiserliche Familie alle Personen beseitigen wollte, die mit dem Kaiser eng verbunden waren. Möglicher Urheber dieser beiden vermuteten Mordanschläge auf den jungen Kaiser war der Prinz Li, der wie seine Standesgenossen viele Beleidigungen vom Kaiser erdulden musste. Aber auch die Mutter des Kaisers wäre bereit gewesen, das Leben ihres eigenen Sohnes zu opfern, um ihre eigene Machtposition nicht zu gefährden. Wenn es um das chinesische Reich ging, war sie von unerbittlicher Härte, besonders lehnte sie Reformen ab, um das Land nicht in den „Abgrund der tiefen Hässlichkeit der westlichen Welt“ zu stürzen. Obwohl sie die Europäer hasste und nur abschätzig als „weiße Teufel“ bezeichnete, übernahm sie hinsichtlich der Staatsführung und der Militärtechnik rasch die westlichen Methoden.
    Als Nachfolger für ihren Sohn, der selbst keinen Thronfolger bestimmt hatte, wählte sie ihren erst dreijährigen NeffenKwang-hsi, „der glanzvolle Verlauf“, aus, den sie adoptierte und zum Kaiser ausrufen ließ. In der Ratssitzung, in der die Prinzen über die Nachfolge berieten, nutzte sie die Unschlüssigkeit der Ratsmitglieder und präsentierte ihnen kurzerhand den Sohn ihrer Schwester als neuen Kaiser. Diese Szene war vorher von ihr sorgfältig vorbereitet worden, so dass sie auf keinen Widerspruch stieß. Wegen seines Alters übertrug man ihr die Regentschaft bis zu seiner Volljährigkeit.
    Der junge Thronfolger war ein verwirrter, nervöser und eingeschüchterter Junge, der von seiner Mutter seit seinem Säuglingsalter schwer drangsaliert und schon getadelt wurde, wenn er nur lachte. Als er in den Kaiserpalast einzog und sich der strengen Hofetikette unterwerfen musste, verstärkten sich die psychischen Störungen noch. Da seine Lehrer streng darauf achteten, dass er sich in eine andere Richtung entwickelte als der verstorbene Kaiser, wurde er für das kleinste Vergehen bestraft. Später hasste er die Eunuchen, die ihn dieser unmenschlichen Erziehung unterworfen hatten und rächte sich an ihnen, indem er sie bei der geringsten Pflichtverletzung verprügeln ließ. Obwohl diese Erziehung seine psychischen Störungen noch verstärkt hatte und sicherlich auch für seine Sprachstörung und seine Unsicherheit in der Öffentlichkeit verantwortlich war, war er nach dem Urteil seiner Erzieher den Aufgaben und Pflichten eines Kaisers gewachsen.
    Als 1881 die Kaiserwitwe Tsü-an eines unnatürlichen Todes starb, machte man die Kaiserin Tsü-hsi dafür verantwortlich, weil sie jetzt zusammen mit ihren Vertrauten, dem Kanzler Li und dem General und Statthalter Yung-lu, allein regieren konnte. Der Mordanschlag selbst soll mit vergifteten Keksen durchgeführt worden sein.
    Kaum hatte Tsü-hsi 1895 den jungen Kwang-hsi für volljährig erklärt und mit ihrer Nichte Lung-lu verheiratet, da musste sie wie bei ihrem leiblichen Sohn beobachten, dass er den Staat nach dem Vorbild der ihr verhassten „ westlichen Teufel“ reformieren wollte. Sie umgab ihn mit einer „gläsernen Wand“, einem Herr von Spitzeln, damit sie über alle Vorgänge informiert war. Ein wachsames Auge warf sie auch auf seine Berater, die ihn zu diesen Reformen drängten.
    Zu den Reformern unter den Vertrauten des Kaisers gehörte auch Kang Ju-wee aus Gwangdung, der bereits 1888 in einer Denkschrift für den kaiserlichen Hof die bestehenden Verhältnisse kritisiert hatte und vor dem Einfluss der Europäer in China warnte. Der Hof reagierte darauf nicht, aber 1895 wurden seine Forderungen von über Tausend Studenten in Peking unterschrieben, die gegen den Abschluss des Friedensvertrages mit Japan protestierten. China nämlich, das 1894 in einen Krieg mit Japan verwickelt wurde, war in mehreren Seeschlachten besiegt worden und musste die Insel Formosa an Japan abtreten. Die Pekinger Studenten kritisierten vor allem die Unfähigkeit des mandschurischen Hofes, dem Großmachtstreben der Japaner Widerstand zu

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