Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
Jedoch konnten sich auch zahlreiche Andersdenkende durch die Flucht ins Exil retten. Unter den Opfern, die Maria angelastet werden, befanden sich auch zahlreiche Personen, die hingerichtet wurden wegen Aufruhr, öffentlicher Lästerung und anderer Straftaten, die sie im Zusammenhang mit ihrem Kampf gegen die Rekatholisierungspolitik begingen.
Auch sozialer Protest verbarg sich unter dem Deckmantel des Protestantismus. Man deckte eine Verschwörung auf, deren Ziele sich an der Bergpredigt des Neuen Testamentes orientierten. Diese Gruppe sammelte sich unter der Losung „Kampf der Armen gegen die Reichen“.
Wenn man diese Fälle von den über dreihundert Hinrichtungen abzieht, bleibt dennoch eine große Zahl von Opfern, die nur aufgrund ihrer religiösen Überzeugung den Tod fanden. Verantwortlich für diese Massenhinrichtungen ist Maria Tudor, der man deshalb später zurecht den Beinamen „die Blutige“ gab. Es existieren Briefe von ihr aus dieser Zeit, in denen sie Bischöfe tadelt, weil sie die „protestantischen Ketzer“ milde behandeln würden. Der Bischof von London beispielsweise hatte nämlich wochenlang versucht, einen Protestanten, der bereit war, sein Leben für seine Überzeugung zu opfern, von seinem Irrtum zu überzeugen. Aber nicht nur Bischöfe wurden wegen ihrer Zurückhaltung getadelt, Maria kritisiert auch den Polizeichef von Hampshire, weil er einem als Ketzer Verurteilten, der schon auf dem Scheiterhaufen stand, wegen seiner Reue das Leben schenkte.
In diesen Jahren war der einzige Mensch, zu dem Maria Vertrauen hatte, ihr Gemahl Philipp. Auch bei ihrer grausamen Politik wurde sie von ihrem spanischen Ehemann Philipp unterstützt, von dem Aussagen überliefert sind wie: „Ich würde lieber überhaupt nicht regieren, als über Ketzer zu herrschen.“ Auch hatte Maria zum ersten Mal in ihrem Leben leidenschaftliche Liebe erfahren. Deshalb wünschte sie sich nichts sehnlicher als ein Kind von dem von ihr so verehrten Mann. Schon 1555 kursierte am Hof das Gerücht, die Königin sei schwanger. Im ganzen Land fanden Prozessionen und Bittgebete für eine glückliche Niederkunft der schon im mittleren Alter stehenden Königin statt. Sie selbst nährte noch diesen Hofklatsch, indem sie sich völlig zurückzog und die Öffentlichkeit mied. Alles war aber nur eine Komödie, die sie geschickt inszeniert hatte, um ihren Gemahl Philipp, der schon ungeduldig auf einen Thronfolger wartete, von einerRückkehr nach Spanien abzuhalten. Als sich alles nur als eine vorgetäuschte Schwangerschaft herausstellte und die Königin wieder zu den Regierungsgeschäften zurückkehrte, beschloss Philipp abzureisen, um dem Kaiser einen Besuch abzustatten. Jeder wusste, dass er wieder nach Spanien zurückkehren würde. Einer der Gründe für die Trennung war sicher die Weigerung des Parlaments, ihn zum König zu krönen. Als Maria Philipp nach seiner Abreise immer wieder bat, doch endlich nach England zurückzukehren, warf er ihr vor, dass sie nicht die Macht habe, ihn zum König zu krönen. Ein solches Regierungssystem sei unter seiner Würde.
Man gewöhnte sich so sehr an die Ketzerhinrichtungen, dass sie ihre abschreckende Wirkung verloren. Im Gegenteil: Als man zwanzig Ketzer zur Hinrichtung nach London brachte, folgte ihnen eine große Schar von Sympathisanten bis zum Gefängnis. Die königlichen Räte warnten Maria vor einer offenen Rebellion der Bevölkerung. Es kam das Gerücht auf, Maria sei so in Angst, dass sie Tag und Nacht von Wächtern umgeben sei und ein Panzerhemd trage.
Immer wieder wurden neue Anschlagspläne und Umsturzversuche von Emigranten aufgedeckt, die heimlich aus Frankreich in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Zu ihnen gesellten sich Offiziere, die aus der Armee unehrenhaft entlassen worden waren. Angeblich sollten in französischen Häfen Schiffe mit Freiwilligen warten, die die Absicht hatten, die Königin zu töten und den Staatsschatz zu rauben. Meist handelte es sich nur um Gerüchte, die die Herrschaft Marias destabilisieren sollten.
1556 wurde eine Verschwörung aufgedeckt, an der Angehörige von Marias Dienerschaft beteiligt waren. Bei einer Hausdurchsuchung in ihrer Londoner Wohnung entdeckteman antikatholische Schriften. Da der Staatsrat in Erwartung eines baldigen Thronwechsels kein Risiko eingehen wollte, sah man von Maßnahmen gegen Elisabeth, auf die der Verdacht fiel, ab. Auf Elisabeth nämlich musste man sich als Nachfolgerin für den Thron einstellen, da die Königin Maria
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