Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
sich die Ansicht, dass Christine das Land nicht mehr regieren könne, weil ihre Verschwendungssucht jedes Maß überschreite. Die Gerüchte über ein intimes Verhältnis der Königin mit dem spanischen Gesandten bereiteten den schwedischen Diplomaten große Sorge. Auch Pimentel, der als glücklich verheiratet galt, versuchte vergeblich vom spanischen König seine Abberufung zu erreichen, um seine Ehe zu retten.
Das Gerede über ihre Affäre versuchte Christine dadurch zu entkräften, dass sie demonstrativ einen der jungen Männer, die zu ihrer Gesellschaft gehörten, zu ihrem Günstling machte. Der junge Claes Tott, der wegen seiner Streitsucht und Rauflust gefürchtet war, wurde ihr neuer Geliebter, wie sieöffentlich verkündete. Sie ernannte ihn zum Grafen Karlberg und beschenkte ihn mit ausgedehnten Ländereien. Aber Christine erreichte eher das Gegenteil. Von den ausländischen Diplomaten wurden die Verhältnisse am schwedischen Hof als undurchsichtig und verworren bezeichnet.
Die schlimme wirtschaftliche Lage ihres Königreiches, die feindliche Stimmung in ihrem Volk und die ablehnende Haltung des Adels und der Geistlichkeit ließen in ihr den Entschluss reifen, dass es für sie besser sei, zugunsten ihres Vetters Karl Gustav auf den Thron zu verzichten. Die europäischen Monarchen waren von ihrer Entscheidung überrascht. Der spanische König äußerte sich so: „Es ist etwas Ungewöhnliches, dass eine so geistreiche Fürstin, eine so erhabene Seele sich entschließen kann, ihr Königreich, Vaterland und ihre Untertanen zu verlassen.“
Diesem Schritt der Königin war ein innerer Wandel gegenüber dem Protestantismus vorausgegangen. Während sie noch an den protestantischen Messen teilnahm, beschäftigte sie sich mit dem Gedanken zum Katholizismus überzutreten. Der Beichtvater des portugiesischen Gesandten Macedo in Stockholm musste für sie geheime Botendienste zum Papst übernehmen, weil sie vor dem offiziellen Übertritt zur katholischen Kirche dessen Meinung hören wollte. Ihr ehemaliger Geliebter Pimentel erreichte beim spanischen König, dass er sich beim Papst für Christine einsetzte und dieser ihr nach ihrem Glaubenswechsel erlaubte, sich im Vatikan niederzulassen.
1654 wurde der schwedische Reichstag einberufen, um die Einzelheiten ihrer Abdankung festzulegen. Neben einer lebenslänglichen Rente wurden ihr alle Kronjuwelen überlassen. Christine legte den Begriff Kronjuwelen ganz im Sinneihres bisherigen aufwändigen Lebensstiles aus und nahm alle Kostbarkeiten aus den königlichen Schlössern. In einer feierlichen Zeremonie wurde die Abdankung vor den versammelten Reichsräten vollzogen. Christine übergab im Thronsaal des königlichen Schlosses, das der Sitz ihrer Vorfahren war, das Zepter, das Symbol ihrer Macht, an ihren Vetter Karl Gustav. Sodann schritt sie mit dem Reichsapfel in ihrer linken Hand zum Thron empor. Nach einer kurzen Ansprache wurde sie von dem Vorsitzenden des Reichsrates von ihrem Königseid entbunden. Auf ihr Zeichen hin sollte der Graf Brahe ihr die Krone vom Haupt nehmen. Aber der Graf weigerte sich, den Akt rückgängig zu machen, den er vor einigen Jahren vollzogen hatte. Christine musste sich selbst die Krone vom Haupt nehmen, was symbolisch ihrer Entscheidung entsprach. Noch am selben Tag wurde ihr Vetter als neuer König im Dom von Uppsala gekrönt.
Mit über 200 Personen im Gefolge verließ Christine Schweden und reiste quer durch Europa. Als sie zum ersten Mal in Dänemark auf fremdem Boden stand, soll sie gesagt haben: „Nun bin ich endlich frei und außerhalb Schwedens, wohin ich niemals mehr zurückkehren werde.“
Ihre Wahlheimat wurde Italien, das sie aber 1656 verlassen musste, weil die Pest ausgebrochen war. Sie besuchte Frankreich, was für sie die Verwirklichung einer ihrer größten Wünsche war. Ihr Einzug in Paris war ein wahrer Triumphzug. Vor dem Stadttor wurde sie von einer 15000 Mann starken Truppe erwartet. Über 1000 französische Reiter begleiteten sie, als sie in die Stadt einzog. Christine fühlte sich wieder als Königin. Aber je länger sie in der Stadt blieb, desto mehr häufte sich die Kritik an ihr. Man warf ihr nicht nur vor, dass ihre Kleidung nicht standesgemäß sei, sondern tadelte besonders ihr männlichesAuftreten. Sie rief geradezu einen Skandal hervor, als sie zum König Ludwig XIV. sagte: „Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich eine Frau heiraten, die ich liebte.“ Die Mutter des Königs war so entsetzt über diese
Weitere Kostenlose Bücher