Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
seltenen Fälle, bei denen sie einem Täter das Leben schenkte, berichtet der französische Schriftsteller Tallement des Reaux in seiner Sammlung von Geschichten mit dem Titel „Histoirettes“:
„Ein aus Stockholm gebürtiger Mann geriet mit einem Trompeter des Prinzen Karl Gustav in Streit und tötete ihn. Er kam in das Gefängnis des königlichen Schlosses. Nach seiner Verurteilung zum Tode wird er von einer Witwe, mit der er verlobt war, besucht, weil man ihm eine gewisse Frist bis zu seiner Hinrichtung einräumen wollte, um sich von seinen Bekannten zu verabschieden. Unter Tränen teilte er der Witwe mit, dass er sie nun nicht mehr heiraten könnte, weil er hingerichtet würde. Doch wollte er versuchen, von der Königin die Genehmigung zu erhalten, seine Verlobte vor seinem Tod zu heiraten. Seine Braut war damit einverstanden. Sofort legte er eine Bittschrift den Richtern vor, in der er die Königin um die Zustimmung zu seiner beabsichtigten Eheschließung bat. Da sich das Gefängnis im Schloss befand, wollte die Königin Christine sich persönlich von der Gemütsstimmung des Bittstellers überzeugen. Sie war nämlich neugierig zu erfahren, wie sich ein Mensch in dieser Lage benahm. Sie gewann den Eindruck, dass dieser Junge überhaupt nicht so aussah, als ob er bald sterben würde. Als er die Königin an dem Fenster seiner Zelle erkannte, bedankte er sich für ihre Güte, ihm erlaubt zu haben, an sie eine Bittschrift zu richten. Die Königin war von dem Verhalten des Mannes gerührt und gewährte ihm noch einen weiteren Aufschub von vier Tagen über die üblichen acht Tage hinaus bis zu seiner Hinrichtung. Der junge Mann heiratete seineBraut. Als der Tag der Hinrichtung nahe rückte, baten russische Gesandte, die sich zu einer Abschiedsaudienz bei der Königin befanden, um das Leben des jungen Mannes. Weil sie den ausländischen Diplomaten einen Gefallen tun wollte, gab sie nach langem Zögern ihrer Bitte nach und begnadigte den Häftling.“
Ein französischer Gesandte, der über diesen Fall auch berichtete, bemerkte, dass diese Begnadigung, um die sich auch schwedische Hofkreise bemüht hätten, nicht aus Mitleid geschehen sei, sondern aus der politischen Überlegungen, dass sie einem guten Verhältnis zur russischen Regierung dienen würde.
Als Magnus de la Gardie vom Hof verbannt wurde und Bourdelot Schweden verließ, machte die Königin ihren Stallmeister eine Zeitlang zu ihrem Favoriten, weil er sie nach einem Sturz ins Wasser gerettet hatte. Christine hatte in Begleitung ihres leitenden Admirals einige neu ausgerüstete Kriegsschiffe besichtigt. Plötzlich fiel der Admiral ins Wasser und riss die Königin, die neben ihm stand, mit sich. Sofort sprang der Stallmeister nach und rettete die beiden. Lächelnd sagte er zur Königin: „Gott sei Dank, dass ich nur Wasser trinke. Deshalb hat mir der Unfall nicht geschadet. Peinlich ist dies für den Herrn Admiral, der ja ein bekannter Bier- und Weintrinker ist!“ Der Retter wurde nicht nur reichlich mit Geschenken belohnt und in den Adelsstand erhoben, sondern durfte auch das Bett mit Christine teilen.
Für Schmeichler hatte sie immer offene Ohren. Politische Flüchtlinge fanden bei ihr bereitwillig Aufnahme, wenn sie ihr bei der Bewältigung ihrer finanziellen Probleme halfen. Der dänische Graf Ulfield, der aus politischen Gründen in seiner Heimat in Ungnade gefallen war, legte ihr sein gesamtesVermögen zu Füßen und erhielt als Gegenleistung die höchsten schwedischen Ehren.
Eine Wende im Leben Christines trat ein, als der spanische Gesandte Don Antonio Pimentel in Stockholm erschien. Er hatte vom spanischen König Philipp IV. den Auftrag erhalten, die enge Verbindung zwischen Schweden und Frankreich zu lockern, da sich Spanien seit geraumer Zeit mit Frankreich im Kriegszustand befand. Pimentel, ein Soldatentyp, schlank und hochgewachsen, benötigte nicht viel Zeit, um die Zuneigung der Königin zu gewinnen. In kurzer Zeit berichtete der Hofklatsch, Christine sei in den spanischen Botschafter verliebt. Diese Liebesaffäre war an allen Höfen Europas das wichtigste Gesprächsthema, weil man dahinter vielleicht einen Wechsel in der Politik Schwedens vermutete, der das Gleichgewicht in Europa ins Wanken bringen konnte. Zu einem ungeheuren Skandal kam es, als Christine bei einem Ball vor dem spanischen Gesandten einen Diamanten fallen ließ und ihn bat, den wertvollen Juwel als Zeichen ihrer Zuneigung aufzuheben. Beim schwedischen Adel verbreitete
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