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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Khampas, die nicht getötet oder in Arbeitslagern verhungert waren, hatten jahrelang in Schweineställen leben müssen - bei derselben Ernährung wie die Tiere. Dass sie dabei den guten Stil nicht verloren haben, zeigt die Kraft des menschlichen Geistes.

    Der Wiederaufbau macht Fortschritte

    Innerhalb weniger Tage hatten wir zwei Lastwagen für die Strecke nach Tsurphu besorgt. Wir fuhren so früh morgens ab, dass die Chinesen ihre Kontrollposten noch nicht besetzt hatten. Wie sich bei der Ankunft herausstellte, war der Wiederaufbau Tsurphus während der letzten acht Monate gut vorangekommen. Noch bevor die Schlafsäcke ausgerollt waren, hingen wir schon auf den Gerüsten. Dies war der Ort, um zäh zu werden. In einer Höhe von 4,6 Kilometern seine Kopfschmerzen zu vergessen und dabei körperlich hart zu arbeiten, ist eine gute Übung.
    Die Tibeter bauen ohne Wasserwaage und andere Hilfsmittel, die wir für unersetzlich halten. Es war einfach erstaunlich, was einige ältere, recht alkoholisierte Herren ausrichten konnten, anscheinend nur aus dem Gedächtnis. Obwohl ein paar Architekten in unserer Gruppe waren, wollten wir die Einheimischen nicht durch unbekannte Bauweisen verwirren. Also nahmen die hoch ausgebildeten Gäste den Platz ganz unten in der Arbeitspyramide ein und schleppten einen Monat lang die Steine und das Holz, woraus die Mauern entstanden. In den ersten Tagen, als die Arbeit noch sehr schwierig war, hätten wir beinahe wie die Asiaten “zwei Mann pro Schaufel” eingesetzt. Hierbei zieht der eine an einem Seil, das am Blatt der Schaufel befestigt ist, während der andere diese in die Erde steckt. Das war jedoch zu lächerlich für unseren westlichen Geschmack. Wir wechselten uns lieber öfters ab oder verwendeten die kleinen Militärspaten, die ich in Polen und den USA eingekauft hatte. Wir verschenkten Mengen von Werkzeug. In Ostberlin hatten wir bei jedem Besuch spottbillige Hämmer, Sägen und Stemmeisen mit dem Geld des damaligen Zwangsumtauschs gekauft, was den Vopos überhaupt nicht gefiel.

    Ganz unten in der Arbeitspyramide

    In Lhasa begegneten wir Yongdu aus Hawaii. Lang, dünn und idealistisch eingestellt, war er seit 1971 unser Freund gewesen. Er war nach Tibet geschickt worden, um “schwarz” eine Menge Geld für einen Rinpoche in Nepal zu tauschen. Ihm gefiel die Gefahr dabei aber keineswegs, also nahmen Hannah und ich ihm die Aufgabe ab. Wir hatten sowieso sehr viele Sachen aus dem Land zu schmuggeln. Unser Gespräch war der Anfang der “Tsurphu Foundation”, die den Hauptsitz der Karmapas in Tibet wieder aufbaut. Bis sich die Chinesen 1992 mit einem politischen Karmapa-Kandidaten so kräftig einmischten, war es gut, die Stelle zu unterstützen.

    … schleppten wir Steine und Holz

    Als wir zwei Wochen später in Lhasa einen Teil der Gruppe zurückschickten, fielen uns fast die Augen aus dem Kopf. Die “Glücksstraße” entlang wandernd, sahen wir zwei Gestalten, die nur Bokar Tulku und sein rundlicher Freund und Helfer Khenpo Dönyo sein konnten. Bokar Rinpoche war der Erbe von Kalu Rinpoches Arbeit und einer der besten Meditationslehrer überhaupt. Er war lange klug genug gewesen, sich aus jeglicher Politik herauszuhalten. Die beiden hatten gerade ihre Nomadenstämme in Nordtibet besucht; Bokar Rinpoches Mutter und ein Lastwagen voller Schüler waren ihnen von dort gefolgt. So konnten wir jetzt gemeinsam nach Tsurphu zurückfahren. Dummhöflich lehnten wir den mehrmals angebotenen Platz im Führerhaus ihres Lastwagens ab, damit die Mutter und andere Ältere Platz finden konnten, und verschafften uns so eine furchtbare Fahrt. Als die einzigen dünn Gekleideten waren wir Regen und Schnee voll ausgesetzt.

    Die Leute kamen, um Bilder zu bekommen

    Bokar Tulku schenkte Tsurphu Goldstaub und Geld, das er gerade bei den Nomaden bekommen hatte. So arm waren sie offensichtlich nicht, es war tatsächlich mehr, als unsere ganze Gruppe hatte hinterlassen können. Er gab auch eine Einweihung auf den 2. Karmapa, wobei er Hannah und mich lobte, bis wir wirklich verlegen wurden. Er war ja immerhin ein Verwirklicher ersten Ranges. So kam das Ende meines Werdegangs als unbekannter Steine- und Holzschlepper. Für entspannende Arbeit gab es jetzt keine Zeit mehr. Die Leute kamen rund um die Uhr, um Bilder von Karmapa und Schwarzer Mantel zu bekommen. Sie wollten Segnungen oder Mos und stapelten Päckchen der berühmten Ringsel vor mir, kleine grauweiße Pillen, die spontan durch das Kraftfeld

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