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Über Alle Grenzen

Über Alle Grenzen

Titel: Über Alle Grenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
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Rinpoches Kloster in Bodhgaya. Für indische Verhältnisse war es ein Juwel höchster Güte: Sie hatten so viel Zement für die Wände verwendet, dass die Bemalung nicht abfiel. Auf einem Balkon im dritten Stock boten ein paar Arbeitstische die wohl kostbarste Seltenheit Indiens: genügend Ruhe, um ungestört arbeiten zu können. Wir schrieben bis zur Dämmerung und liefen dann nach Hannahs Gewohnheit die paar Kilometer zur großen Stupa Buddhas hin und zurück, um in Form zu bleiben. Nur unterbrochen von den üblichen Stromausfällen ging danach die Arbeit weiter bis zum frühen Morgen. Ein Tonbandgerät sammelte wichtige Träume, und nach wenigen Stunden Schlaf hatte mein Unterbewusstsein auch schon das nächste Kapitel ausgearbeitet. Da ich niemals zurückdenke – dafür gibt es keine Zeit –, war es wie eine völlige Neuverkabelung. Sich an soviel Altes zu erinnern, stellte alle Geistesgewohnheiten auf den Kopf, aber es ging. Hannah half oft, und unsere vollgestempelten Pässe und Reisepläne seit 1972 ergaben das Skelett des Buches. Als die Erinnerungen immer stärker durch mein vernarbtes Hirngewebe drangen, standen mir jede Menge Einzelheiten zur Verfügung. Nun ging es darum, das Bedeutendste für andere herauszufiltern.
    Der edle Tomek verließ Bodhgaya mit Bergen unseres gemeinsamen Gepäcks. Von riesigen Menschenmengen wurde er in Gaya in den Zug nach Kalkutta statt nach Delhi gedrängt.
    Nach einem magischen Vollmond fuhren die Übersetzer von Kalu Rinpoche und Bokar Rinpoche mit dem Bus Richtung Siliguri. Die Übersetzer des Khenpos hatten noch einige sehr ernste Unfälle, wobei einige fast starben. Hannah und ich fuhren über die Berge nach Rumtek.
    Seit Karmapas Tod brachte unser Erscheinen großen Aufruhr unter den Tibetern. Sie erwarteten jedes Mal, wir würden den neuen Karmapa vorstellen, was ja am Ende auch geschehen ist. Wir unterstützten zwar gerne die gemeinsamen Bestrebungen der Tibeter, wie das Hotel in Rumtek, aber diesmal hatten wir keine Zeit, um die täglich fünf aufeinander folgenden Frühstücke absitzen zu können, die die Freunde uns in den Raum brachten. Sie wollten uns dadurch entweder für spendende Unterstützer danken oder auf das Bedürfnis nach solchen aufmerksam machen, und sie brachten oft ganze Familien mit. Stattdessen zogen wir zur unbestechlichen Sippe Lama Tsültrim Namgyals, die auch etwas von Arbeitsruhe verstand, und meine Manuskriptseiten stapelten sich weiter.

    Rumtek

    Vor der Weiterfahrt schrieb uns Topga Rinpoche einen nützlichen Brief. Er war Generalsekretär Rumteks geworden, nachdem der alte gestorben war, und von Karmapa eingesetzt als Leiter des “Karmapa Charitable Trust”, der die Linie zwischen Karmapas Wiedergeburten leitete. Später lehrte er den 17. Karmapa Thaye Dorje die tibetische Sprache und Philosophie.
    Er wurde unser naher Freund. Jamgön Kongtrul Rinpoche und er waren sehr enttäuscht, weil ein hoch angesehener und gelehrter früherer Abt Rumteks angefangen hatte, “eigene” Zentren in Hongkong und Malaysia aufzubauen. Obwohl man so die Kagyüpa-Arbeit vor Ort ernsthaft splittert und frühere Freunde und Unterstützer gegeneinander kehrt, taten es immer mehr unserer Rinpoches, sicher aus unterschiedlichen Gründen. Von Jamgön Kongtrul Rinpoches “Rigpe Dorje Verein” hörten Hannah und ich zum Beispiel auch erst Näheres, nachdem er gestorben war. Als dem Generalsekretär Topga Rinpoche bestätigt wurde, dass Deutschland ähnliche Schwierigkeiten mit Lama Chime hatte, schrieb er an unsere Zentren, sie sollten hinter uns stehen.
    Durch diesen Brief wurde es endlich auch den “guten” Buddhisten möglich, eindeutig Stellung zu beziehen. Man musste sich nicht mehr mit schwierigen Lehrern abplagen, sondern konnte ihnen unter ihresgleichen alles Gute wünschen. Karmapas Schüler – und vor allem die, die durch Hannah und mich zu ihm finden – sind meistens frische Typen und haben Spaß am Aufbau. Andere Gruppen sind unzufrieden oder von Verwirrung geprägt. Nach Topgalas Zeilen musste keiner mehr krampfhaft versuchen, mit allzu Wesensfremden zusammenzuarbeiten. Jeder war nun frei, mit seinen Freunden den Weg zu gehen.
    Es lag noch anderes in Rumtek an: die Klärung unseres Verhältnisses zu anderen buddhistischen Schulen und zu weiteren Linien innerhalb der Kagyü-Übertragung. Wegen Karmapas Kraft vertraten wir Karma Kagyüpas jahrelang den lebendigen tibetischen Buddhismus rund um die Welt, so wie wir es heute in Nord- und

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