Über Boxen
gefasst hat, alle Gegner zu überdauern.)
Durch diese schwer erkämpften Siege kam es zu nicht wiedergutzumachenden Einbußen: die fortschreitende Schädigung von Alis Nieren, Händen, Reflexen und Kondition. Zum Zeitpunkt des deprimierendsten Kampfes unserer Tage, Ali/Holmes 1980 – Ali war damals achtunddreißig –, war Ferdie Pacheco längst aus Alis Trainingsmannschaft ausgeschieden; er war entlassen worden, weil er Ali geraten hatte, sich zurückzuziehen. Diejenigen, die Alis Entscheidung weiterzukämpfen unterstützten, wie Don King, der Promoter dieses Kampfes, hatten fragwürdige Motive. Hauser zufolge war es ein Wunder, dass Ali diesen Kampf überhaupt überlebte; es war, mit den Worten von Sylvester Stallone, «wie die Autopsie eines noch lebenden Menschen». (Hauser beschreibt in «Black Lights» den Tumult nach diesem brutalen Kampf im Caesars Palace, Las Vegas, als die Zocker in einen wahren Wettrausch verfielen, wie bei einer Fress- oder Kopulationsorgie: «Ali und Holmes hatten gute Arbeit geleistet.») Unglaublicherweise bekam Ali noch einmal die Erlaubnis zu kämpfen, gegen Trevor Berbick im Dezember1981 , bevor er sich endgültig zurückzog.
Hausers Porträt von Ali ist mitfühlend und enthält sich eines Urteils. Kann man dem Mann vorwerfen, dass er vom Adrenalin seines eigenen Körpers abhängig wurde, oder muss man anderen Vorwürfe machen, weil sie ihm nachgegeben und ihn ausgebeutet haben? Der freche, belfernde Egoismus des jungen Cassius Clay machte während Alis langer Karriere eine beträchtliche Veränderung durch, dennoch kommt es uns vor, als hätte er sich nur im Ton geändert. «Das Boxen war bloß dazu da, mich der Welt zu präsentieren», hat Ali zu seinem Biografen gesagt. Auf undurchsichtige Weise in die Nation of Islam verwickelt, hält sich Ali allen Ernstes für einen internationalen Botschafter des Friedens, der Liebe und des Verständnisses – er, der seinen Gegnern einst solche Gewalt angetan hat! Und wie soll man mit jemandem Mitleid haben, der kein Mitleid mit sich selbst hat?
«The Black Lights: Inside the World of Professional Boxing» beschreibt einen kleinen, in sich geschlossenen Zeitraum – ein paar Jahre in der Karriere eines Boxers namens Billy Costello aus Kingston, New York, der einmal Meister im Junior-Weltergewicht war. Wie «Muhammad Ali» ist es eine einfühlsame Studie, diesmal über Costello, seinen Manager Mike Jones und ihre Familien und Mitarbeiter; doch in dieser fesselnden Schilderung der Vorbereitungen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung 1984 werden wie durch schmale Ritzen Aspekte der Boxwelt sichtbar, die Außenseitern normalerweise unbekannt sind – die Routine und Disziplin des Boxers beim Training, die komplizierte Rolle des Managers, die anstrengenden Vertragsverhandlungen, der Zustand dieses «Rotlichtviertels» –
Das Profiboxen ist einer zivilisierten Gesellschaft nicht würdig. Es wird von eigennützigen Betrügern organisiert, sogenannten Promotern … Von den Boxern selbst einmal abgesehen, kann man nur von menschlichem Abschaum reden … Das Profiboxen ist in höchstem Grade unmoralisch, und reformieren kann man es nicht. Ich verlange inzwischen die Abschaffung des Profiboxens. Das wird man nie sauber kriegen. Schmutz wird niemals sauber.
Howard Cosell 9
Hauser steht ganz aufseiten der Boxer, die eigentlich erbärmlich bezahlte, nicht organisierte Arbeiter sind und von diesem monopolistischen Geschäft ohne kartellrechtliche Kontrolle überhaupt nicht profitieren, und er plädiert nachdrücklich für eine nationale Vereinigung, die diesen Sport reglementiert, für einen Beirat auf Bundesebene, der die Boxer gegen Ausbeutung schützt. Sein Porträt von Billy Costello lässt erkennen, warum ein junger Mann so bereitwillig das Risiko eingeht, im Ring verletzt zu werden, den er nicht als einen Ort der Ausbeutung wahrnimmt, sondern als Rettungsanker; warum er sich für einen Sport, bei dem die ganze Karriere eines Mannes buchstäblich innerhalb weniger Sekunden beendet sein kann, einem derart strapaziösen Training unterwirft.
«Black Lights» endet sehr effektvoll. Costello behauptet seinen Titel gegen den siebenunddreißigjährigen Saoul Mamby und hofft, eine Gewichtsklasse höher zu steigen und mehr Geld zu verdienen. Seit der Veröffentlichung 1986 ist das Buch zu einem Boxklassiker geworden, es liest sich wunderbar und ist, anders als «Ali» , vernünftig aufgebaut. Allerdings ist es irreführend und für mich
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