Ueber Den Deister
bestätigte eine Dame, die sich mit »Hier Warmbold« gemeldet hatte, und: »Für wann möchten Sie es denn haben?«
Marder erklärte, dass er nicht an einem Urlaub in dem Haus interessiert sei, aber dass er dringend mit der Person sprechen müsse, die es im Moment gemietet habe.
»Im Moment ist dort niemand, der letzte Gast hatte es bis zum vergangenen Wochenende gebucht, und ich nehme an, dass er inzwischen abgereist ist. Jedenfalls hat er nicht ver längert.«
»Hat er Ihnen vielleicht gesagt, dass er danach noch woanders hin will, bevor er nach Hause fährt?«
»Nein, über so etwas rede ich selten mit den Mietern. Das interessiert mich auch nicht, weil sie im Voraus bezahlen müssen, dann brauche ich dem Geld nicht hinterherzulaufen. Er hat uns allerdings bei seiner Abreise nicht angerufen, was die Mieter normalerweise tun sollen.«
»Hatte er sich bei Ihnen gemeldet, nachdem er in dem Ferienhaus angekommen war?«
»Nein, das erwarten wir im Allgemeinen auch nicht. Es ist, wie gesagt, im Voraus bezahlt, aber die Mieter können uns natürlich jederzeit erreichen, wenn sie irgendein Problem mit dem Haus haben. Das ist aber selten der Fall.«
»Ist es möglich, im Haus anzurufen?«
»Nur wenn die Leute ein Handy haben, es gibt im Haus keinen Netzanschluss. Erst wollten wir einen legen lassen, aber dann kamen die Handys in Mode, da war das nicht mehr nötig. Jeder Mensch in Schweden hat heutzutage ein Handy.«
»Also, wenn Herr Volkert sein Handy ausschaltet, dann kann man ihn nicht erreichen, oder gibt es eine andere Möglichkeit?«
»Wieso Herr Volkert?«
Die Stimme von Frau Warmbold ließ erkennen, dass sie sich nun fragte, ob die Person am anderen Ende der Leitung vertrauenswürdig war.
»Na, der Mieter, der Ihr Haus für die letzte Woche gemietet hatte.«
»Der hieß nicht Volkert.«
»Wie hieß er denn?«
»Hören Sie mal, junger Mann.« (Danke, dachte Marder.) »Wieso sollte ich Ihnen das erzählen? Was weiß ich, wer Sie sind und was Sie von Herrn Matuschek wollen.«
»Danke«, erwiderte Marder. »Entschuldigen Sie die Störung, Sie haben mir sehr geholfen.«
Er legte auf und lachte, obwohl das nicht angebracht war.
Danach rief er Brenner an und fragte, ob er Herrn Schweinzer gefunden und eventuell verhaftet habe. Das ging Marder zwar nichts mehr an, aber er freute sich zu erfahren, dass Brenner erfolgreich gewesen war.
»Es war eine Kleinigkeit, das habe ich noch vor dem zweiten Kaffee am Vormittag erledigt«, berichtete Brenner mit professionellem Stolz in der Stimme. »Der Mann hatte für heute Abend eine Verkaufsveranstaltung in Springe geplant. Die haben wir erst einmal abgesagt, und darüber hinaus wird er in den nächsten Tagen Post vom Staatsanwalt bekommen. Seine Schulden bei Frau Thann hat er sofort überwiesen. Er sagte, er hätte das Bezahlen leider in der Hast völlig unbe absichtigt vergessen. Mal sehen, ob ihm der Richter das glaubt.«
Kapitel 1 2
Marder fuhr zwischen Schiffsaufbauten und riesigen Ladeanlagen für Container in den Schlund des Elbtunnels – als die Straße wieder auftauchte, befand er sich im Westen Hamburgs. Die Autobahn war ungewöhnlich leer, er kam zügig voran und war in wenigen Minuten in Schleswig-Holstein, wo die Landschaft nicht viel anders aussah als im Norden Niedersachsens. Nach einer Weile wurde das Land wellig, ohne sich zu nennenswerten Hügeln aufzuschwingen. Die Wälder und Felder wirkten nicht so ausgetrocknet wie in der Heide im Süden. Süden war für Marder alles, was jenseits der Harburger Berge lag, der Tiefe Süden fing in seiner persönlichen Geografie unmittelbar hinter Hannover an.
Marder blickte zum Himmel, er sah in der Ferne weiße Wolken, die sich zaghaft von Norden her über das Land schoben. Waren sie die Vorboten einer Wetteränderung? Er hoffte es, er hatte den ewigen Sonnenschein satt, das heiße Wetter machte ihm mehr zu schaffen, als er es vor der Hitzewelle für möglich gehalten hätte. Die Hoffnung auf kühlere Temperaturen war Entschädigung genug für die Mühen der Reise nach Schweden.
Er fuhr mit offenem Seitenfenster über die elegante Brücke zwischen dem deutschen Festland und der Insel Fehmarn. Es war angenehm, die Klimaanlage endlich wieder einmal auszustellen und die Außenluft ins Auto zu lassen. Er glaubte auf seiner Haut zu spüren, dass die Hitze nachgelassen hatte – vielleicht jedoch täuschte nur der Seewind Abkühlung vor, denn das Außenthermometer zeigte auf dem Armaturenbrett zweiunddreißig
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