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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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doch keine Ahnung, warum mich Frauen mit so viel Bewunderung anschauen.«
    Als Marder das Café verließ, kaufte er sich am Tresen als Wegzehrung eine Tafel Zartbitter-Schokolade mit ganzen Nüssen.

Kapitel 1 1
    Die Sonne hatte die Luft am frühen Nachmittag nahezu zum Kochen gebracht. Am liebsten hätte Marder sich in den Schatten im Garten der Pension Marianne gelegt und die unerträgliche Hitze ignoriert. Leider hatte er keine Zeit dazu. Am Abend wollte er zu Hause sein und auf dem Weg dorthin bei den Falkenbergs in ihrem Dorf in der Heide vorbeischauen. Wie lange er dort hängen bleiben würde, hing von dem Gespräch mit Erich Falkenberg ab. Vorher hatte er noch kurz mit Anja Matuschek telefoniert, doch die hatte immer noch nichts von ihrer Mutter gehört.
    Marder umarmte seine Wirtin zum Abschied und drückte seine Wange ganz kurz an die ihre. Frau Thann gehörte ab sofort zu seinem erweiterten Freundeskreis.
    »Dass Herr Schweinzer Sie um die Rechnung geprellt hat, tut mir wirklich leid, Frau Thann. Ich hoffe, meine Kollegen vor Ort können Ihnen helfen.«
    Frau Thann hatte ihm beim Frühstück empört berichtet, dass der »Scharlatan« – wie sie ihn nannte – aus der Pension verschwunden war, ohne seine Rechnung zu begleichen und ohne eine Adresse zu hinterlassen, wohin man sie ihm hätte nachschicken können. Schweinzer hatte das Zimmer für zwei Nächte gebucht, sich aber am Nachmittag des zweiten Tages heimlich davongemacht, während sie aus dem Haus war, um für sein Frühstück am nächsten Morgen einzukaufen. Möglicherweise war er der Meinung, dass er ihr nichts schuldete, weil er zwei Nächte gebucht hatte, aber nur eine davon geblieben war.
    »Ich habe heute Anzeige gegen ihn bei der Polizei erstattet. Herr Brenner hat mir versprochen, alles zu tun, um diesen Betrüger zu finden«, schimpfte Frau Tann mit blitzenden Augen.
    »Bei Brenner ist die Sache in guten Händen«, erwiderte Marder, zweifelte jedoch, ob die Kriminalpolizei vor Ort genügend Kapazität und Interesse hatte, einen Mann zu suchen, der eine Nacht kostenlos geschlafen hatte.
    »So, jetzt muss ich aber wirklich los. Grüßen Sie Brisbane von mir, er hat sich bei dieser Hitze wohl unter einen Busch verkrochen. Er hat mich in den letzten Tagen kaum beachtet. Warum sollte er dann beim Abschied Zuneigung heucheln?«
    In diesem Moment kam der Kater durch die offene Terrassentür in das Zimmer und rieb sich kurz an Marders Bein, um in die Küche weiterzuziehen, wo er sich erwartungsvoll vor den Kühlschrank setzte. Das weiße Ausrufungszeichen über der schwarzen Nase ließ ihn arrogant aussehen wie eh und je, auch wenn seine Bewegungen altersbedingt langsamer und mühsamer geworden waren. Er hat doch Anstand genug, sich von mir zu verabschieden, dachte Marder, vielleicht für immer. Sollte ich noch einmal hierher kommen, wird es ihn wahrscheinlich nicht mehr geben.
    Das Letzte, was Marder beim Verlassen von Barsinghausen registrierte, waren ein Sex-Shop und ein Spielkasino. Sie waren in dem Gewerbegebiet neben dem Autobahnrasthof neu dazugekommen – wieder ein Stück Unschuld auf dem Lande an die Sünde abgetreten oder an das Vergnügen, je nachdem, wie man es sehen wollte. Seltsamerweise hatte er die beiden Stätten des Lasters bei seiner Ankunft nicht wahrgenommen, wahrscheinlich war er damals zu tief in Gedanken über Veras rätselhaftes Verschwinden versunken gewesen.
    Auf dem Weg zu Falkenbergs Dorf wurde es Marder deutlich, wie sehr das Land unter der Trockenheit litt. Die sandigen Böden der Heide wirkten verdörrt und ausgelaugt, während die Hitze über ihnen flimmerte. Nur auf den Feldern ließen die Bauern die Sprinkleranlagen auf Hochtouren laufen, Marder mochte sich ihre Wasserrechnung nicht vorstellen.
    Er nahm sich vor, seinen Besuch bei den Falkenbergs so kurz wie möglich zu halten, was bei der Gastfreundschaft des Ehepaares kein einfaches Vorhaben war. Karin Falkenberg merkte, dass Marder in Eile war. Sie wusste, dass der frühere Mitarbeiter ihres Mannes nicht ausschließlich zu einem freundlichen Plausch vorbeigekommen war. Sie ließ die beiden Männer bei Kaffee und Heidesandkeksen allein auf der Terrasse, während sie in ihrem Bauerngarten den Blumen und Kräutern, die unter der Hitze litten, Trost und Mut zusprach.
    Marder informierte seinen ehemaligen Chef darüber, was er in Barsinghausen und Holzminden über Vera Matuschek in Erfahrung gebracht hatte. Falkenberg schloss für einen Moment die Augen, Marder

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