Ueber Den Deister
nehmen – von einem leitenden Beamten bei der Kriminalpolizei konnte man schließlich mehr Disziplin verlangen.
Aber tief drinnen war sich Marder nicht sicher, dass alles so harmlos ablaufen würde.
Kapitel 1 8
Nichts, dachte Marder, absolut nichts. Ich habe mit diesem Fall nichts mehr zu tun. Jetzt wird alles seinen Gang gehen, ohne mich. Ich werde warten, bis sich jemand bei mir meldet und mir erzählt, wie die Sache mit Vera Matuschek und Volkert ausgegangen ist. Ich habe mir meinen Ruhestand verdient, ich habe ein Recht darauf, ihn zu genießen. Was gehen mich die Matuscheks und Volkerts dieser Welt an? Meiner Frau, meinen Kindern und Enkeln, meinem Garten, meinen Hobbys gehört meine Zeit. Ich werde mich in nichts mehr einmischen. Auf keinen Fall. Auch keine Telefonanrufe mehr machen. Nachdem er sich das fest vorgenommen hatte, griff er zum Hörer und wählte eine Nummer in Holzminden.
»Bistorf-Kuntze.«
»Hallo, Frau Bistorf-Kuntze, hier ist Marder.«
»Guten Tag, Herr Marder. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.« »Ich wollte auch gerade sagen, dass es schön ist, Ihre Stimme zu hören.«
»Sie rufen bestimmt nicht nur an, um Freundlichkeiten mit mir auszutauschen. Ich vermute, Sie haben Nachrichten für mich.«
»Nein, ganz im Gegenteil, ich rufe an, weil ich hoffe, dass Sie mich mit einer Neuigkeit überraschen können.«
»Welche sollte das denn sein?«
»Zum Beispiel, dass Kommissar Volkert an seinem Schreibtisch sitzt.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Also sitzt er oder sitzt er nicht?«
»Er sitzt nicht, er steht nicht, hier läuft auch niemand herum, der wie Volkert aussieht.«
»Er hat sich nicht im Büro gemeldet?«
»Es gibt Leute, die sagen, dass er es glücklicherweise nicht getan hat.«
»Kann es sein, dass er zu Hause ist?«
»Nein, das glaube ich nicht, wir haben nichts von ihm gehört. Ich rufe jeden Tag einmal bei ihm in der Wohnung an, aber bis jetzt hat er nicht geantwortet. Dafür habe ich seine Putzfrau kennengelernt, eine sympathische Person, die würde Ihnen auch gefallen. Warum denken Sie, dass Volkert wieder da ist?«
Marder überlegte, ob er Frau Bistorf-Kuntze davon informiert hatte, dass er nach Schweden fahren wollte, um Volkert und Vera zu suchen. Sie hatte ihm bei seinem Besuch Volkerts Handynummer auf einen Zettel geschrieben und dann gesagt, dass sie sich wundern würde, wenn Volkert ohne Frau verreist wäre. Zu dem Zeitpunkt hatte Marder noch nicht gewusst, was er als Nächstes tun wollte. Also konnte er Frau Bistorf-Kuntze nicht gesagt haben, dass er nach Schweden fahren würde.
»Ich habe herausgefunden, dass Volkert tatsächlich mit einer Frau nach Schweden gefahren war.«
»Alles andere hätte mich, wie gesagt, verwundert. Kenne ich sie?«
»Ich glaube eher nicht. Es ist Vera Matuschek. Aus Barsing-hausen.«
»Ist das nicht die Frau von dem Kommissar, der vor zwei Jahren in den Ruhestand gegangen ist? Für den Volkert eingesprungen ist, bis man einen Nachfolger gefunden hatte? Und der dann Selbstmord begangen hat?«
»Ja, genau die. Und weil Frau Matuschek wieder zu Hause ist, dachte ich mir, dass Ihr Chef vielleicht auch zurück ist.«
»Ist er nicht, vielleicht kommt er ja morgen.«
Marder hörte seine Gesprächspartnerin schlucken, vielleicht trank sie gerade einen Kaffee.
Dann sagte sie: »Freuen tut sich hier sowieso keiner auf ihn, um ganz ehrlich zu sein. Ich am wenigsten.«
Marder fand diese Bemerkung lieblos. Es gab tatsächlich etwas zwischen Frau Bistorf-Kuntze und Volkert, das er gern gewusst hätte. Er hakte nach.
»Können Sie sich einen Grund vorstellen, warum Volkerts Freundin aus dem gemeinsamen Urlaub zurückkommt und er nicht?«
»So wie ich ihn einschätze, könnte es sein, dass er unterwegs eine andere Frau getroffen hat. Da hat er vielleicht Frau Matuschek nach Hause geschickt, um mit der Neuen ein paar schöne Tage zu verbringen.«
Die Worte klangen scharf wie ein Beil, die Stimme war voller Verachtung.
Jetzt werde ich einen Stein ins Wasser werfen, mal schauen, wie hoch die Wellen schlagen, entschloss sich Marder.
»Frau Bistorf-Kuntze, darf ich Sie etwas ganz Persönliches fragen?«
Marder wusste, dass kaum jemand »nein« auf diese Frage sagen konnte. Die Neugierde, was dieses »ganz Persönliche« war, überwog im Allgemeinen die Angst, etwas Unangenehmes gefragt zu werden. Dennoch dachte Frau Bistorf-Kuntze einige Sekunden nach, bevor sie zögernd antwortete.
»Okay, fragen Sie, aber ich lege mich nicht fest,
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