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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Sie frischen Spargel?»
    «Sie wissen, daß wir in diesen Monaten keinen bekommen können. Er kommt im April, und zwar aus Bassano.»
    «Dann denken Sie sich etwas aus, und ich werde es essen», sagte der Colonel.
    «Wie viele Personen werden Sie sein?» fragte der Maitre d’Hotel.
    «Wir werden zu zweit sein», sagte der Colonel. «Um wieviel Uhr wird das bistro hier geschlossen?»
    «Wir werden das Essen servieren, wann Sie zu dinieren wünschen, Colonel.»
    «Ich werde versuchen, zu einer vernünftigen Zeit zu kommen», sagte der Colonel. «Auf Wiedersehen, Gran Maestro», sagte er und lächelte und gab dem Gran Maestro seine verkrüppelte Hand.
    «Auf Wiedersehen, mein oberster Feldherr», sagte der Gran Maestro, und der Zauberbann bestand wieder und war beinahe vollkommen.
    Aber er war nicht ganz vollkommen, und der Colonel wußte es, und er dachte: Warum bin ich nur immer so ein Scheißkerl? Und warum kann ich dies Waffenhandwerk nicht mal beiseite lassen und ein freundlicher, anständiger Mensch sein, wie ich’s so gern möchte?
    Ich versuche immer, gerecht zu sein, aber ich bin schroff, und ich bin brutal, und zwar ist es nicht, daß ich diese Verteidigung aufbaue gegen Arschkriecherei meiner Vorgesetzten und der Welt. Mit weniger Wildeberblut in den Adern wäre ich ein besserer Mensch in der kurzen Zeit, die noch bleibt. Wir wollen es heute abend versuchen, dachte er. Mit wem, dachte er, und wo, und Gott bewahre mich davor, daß ich etwas Böses tue.
    «Giorgio», sagte er zu dem Barmixer, dessen Gesicht so weiß wie das eines Leprakranken war, aber ohne Beulen und ohne den silbrigen Schimmer.
    Giorgio mochte den Colonel eigentlich nicht sehr; vielleicht lag es aber einfach daran, daß er aus Piemont war und keinen wirklich leiden konnte, was ja bei temperamentlosen Leuten aus einer Grenzprovinz begreiflich ist. Grenzbewohner trauen keinem, und der Colonel wußte das, und er erwartete von niemandem etwas, was er nicht zu geben hatte.
    «Giorgio», sagte er zu dem bleichgesichtigen Barmixer. «Bitte, schreiben Sie dies für mich an.»
    Er verließ den Raum und ging, wie er immer ging, mit leicht übertriebenem Selbstvertrauen, selbst dann, wenn es nicht nötig war, und in dem immer wieder erneuten Vorsatz, freundlich und anständig und gut zu sein, begrüßte er den Portier, der ein Freund war, und den zweiten Direktor, der Suaheli sprach und in Kenya Kriegsgefangener gewesen war, einen besonders liebenswürdigen, lebendigen, gutaussehenden, übersprudelnden jungen Mann, der aber vielleicht noch nicht ganz zum Ordensmitglied reif war.
    «Und der cavaliere ufficiale, der dies Hotel leitet, mein Freund?» fragte er.
    «Er ist nicht hier», sagte der zweite Direktor. «Nur im Augenblick natürlich nicht», fügte er hinzu.
    «Richten Sie ihm meine Empfehlungen aus», sagte der Colonel. «Und lassen Sie mir von jemandem mein Zimmer zeigen.»
    «Es ist dasselbe Zimmer wie immer. Sie wünschen es doch?»
    «Ja. Haben Sie sich um den Sergeant gekümmert?»
    «Er ist gut versorgt.»
    «Schön», sagte der Colonel.
    Der Colonel machte sich, von einem Jungen begleitet, der seine Reisetasche trug, auf den Weg in sein Zimmer.
    «Hier lang, my Colonel», sagte der Junge, als der Lift mit einer geringen Ungenauigkeit im obersten Stockwerk hielt.
    «Könnt ihr denn nicht mal einen Lift ordentlich bedienen?» fragte der Colonel.
    «Nein, my Colonel», sagte der Junge. «Die Stromstärke ist nicht gleichmäßig.»

8
    Der Colonel sagte nichts und ging dem Jungen voran, den Korridor hinunter. Er war breit, lang und hochgewölbt, und zwischen den Zimmertüren auf der Seite des Canal Grande waren lange und vornehme Zwischenräume. Natürlich hatten alle Zimmer, da dies einmal ein Palast gewesen war, eine hervorragende Aussicht, bis auf die, die für die Dienstboten bestimmt waren.
    Dem Colonel kam der Weg weit vor, obschon er ganz kurz war, und als der Kellner, der dies Zimmer bediente, erschien – untersetzt, dunkel, mit seinem Glasauge in der linken Augenhöhle funkelnd, unfähig, sein wahres, volles Lächeln zu lächeln – und mit dem großen Schlüssel die Tür zu öffnen suchte, wünschte der Colonel, daß die Tür schneller aufgehen würde.
    «Schließen Sie auf», sagte er.
    «Ich bin dabei, my Colonel», sagte der Kellner. «Aber Sie kennen ja diese Schlösser.»
    Ja, dachte der Colonel. Ich kenne sie, aber ich wünschte, er würde es schon aufkriegen.
    «Wie geht’s Ihrer Familie?» sagte er zu dem Kellner, der die

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