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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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mindestens«, sage ich.
    »Vielleicht können wir dich ja überreden, hierzubleiben und die Fish-und-Chips-Bude zu übernehmen.« Sie zwinkert mir zu.
    Mein Vater räuspert sich. »Weißt du, ich habe versprochen, die wieder in Betrieb zu nehmen, sobald ich mich ein wenig eingelebt habe«, er sieht meinen zweifelnden Blick,
»natürlich nur während der Saison. Im Winter helfe ich weiterhin, Erkältungen auszukurieren!«
    »Und wir werden dich daran erinnern, sei dir sicher!«, dröhnt Sir Henry. »Wenn wir schon keine Touristen damit anziehen, so ist es doch kein Zustand, dass hier alle Einwohner für einen kleinen Imbiss meilenweit mit dem Auto fahren müssen.«
    »Aber es gibt doch den Pub?«, frage ich vorsichtig.
    »Nun ja«, Sir Henry räuspert sich, »Murphy ist ein toller Kerl und wir stellen uns auch alle nicht an. Aber der Lebensmittelbehörde gefiel nicht, dass er sein rostiges Werkzeug gemeinsam mit dem losen Mehl in einer Schublade auf bewahrte. Nun darf er nur noch Abgepacktes verkaufen: Erdnüsse, Chips, Salzstangen ...«
    »Aber du bist doch Arzt«, zische ich meinem Vater zu.
    »Früher habe ich immer von einem kleinen Gastronomiebetrieb geträumt«, seufzt er versonnen. Himmel, das wusste ich ja gar nicht. Vor meinem geistigen Auge sehe ich ihn mit zufriedenem Grinsen und einer fettigen Schürze an einer ekelhaften Fritteuse stehen. Ich liebe Fish und Chips mit ganz viel Essig, aber wer will die schon zubereiten?
    »Schaffst du das denn überhaupt? Du bist auch nicht mehr der Jüngste.«
    Das hat Sir Henry gehört. »In dieser Runde schon – abgesehen von unserer bezaubernden Teresa natürlich.«
    Hmpf!
    »Außerdem kann ich mich da nützlicher machen. Mir scheint, die Leute hier haben mehr Hunger als Krankheiten«, sagt mein Vater und zwinkert vergnügt in die Runde.
    »Seit sich seine Pläne rumgesprochen haben, wird er im
Dorf dauernd gefragt, wann er denn nun endlich loslegt«, springt ihm Teresa zur Seite.
    Herrje, es ist ja nun nicht so, dass ich keinen Respekt vor dem Alter hätte. Aber bin ich denn hier die Einzige, die noch ganz bei Trost ist?
    Es stellt sich heraus, dass der Imbiss der merkwürdige große Bretterverschlag ist, den ich auf halber Strecke zwischen unserem Cottage und dem Herrenhaus gesehen hatte. Die alten Herrschaften hatten wohl mal versucht, einen Teil des Schlosses als Bed & Breakfast für Touristen einzurichten und noch eine Fast-Food-Bude für hungrige Wanderer aufzustellen, um mehr Leute in diesen Teil der Insel zu locken. Das klappte wohl nicht ganz so gut. Dafür hatten zumindest die Einwohner endlich was Warmes zu futtern, ohne selbst kochen oder ins Auto steigen zu müssen. Gerade bei der Altersstruktur kann das nur von Vorteil sein, das sehe ich ein. Nur, warum will mein Vater das ausbaden?
    »Leider sind wir alle nicht besonders geschäftstüchtig. Es ist nicht so, dass wir nie gearbeitet hätten. Henry war mal Kunsthändler, und ich habe meinem Mann auf seinem Hof geholfen. Aber von Betriebswirtschaft haben wir keine Ahnung. Und leider gibt es hier auch nicht so viel zu sehen, das Touristen anlocken könnte. Nur das steinerne Fundament einer alten Burg. Die Gegend war Schauplatz einiger alter Mythen, aber die interessieren heute auch niemanden mehr.«
    Apropos – da bin ich doch gleich wieder hellwach. »Und Feenmärchen?«, rufe ich so laut, dass alle ihre Gespräche unterbrechen und mich anstarren.
    »Ja, auch«, antwortet Moira und sieht mich verwirrt an.
    Ich erzähle radebrechend von dem Zuckermann-Gedichtband.
Den Brief verschweige ich aber vorerst, immer schön eins nach dem anderen.
    »Und ich bin mir fast sicher«, schließe ich, »dass Zuckermann überhaupt nicht verrückt war. Höchstens verrückt vor Liebe, bis ihm eine Frau das Herz gebrochen hat. Danach war er einfach zu schwach und zu gebrochen, um sich zu wehren.« Wie gut ich dieses Gefühl verstehen kann!
    Auf einmal sehen alle ganz verwirrt aus, und Violets Miene schlägt sogar schlagartig in blankes Entsetzen um. Hilfesuchend schaut sie zu Moira und versucht aus ihrem Blick irgendeine Botschaft abzufangen. Die – offenbar in jeder Situation patent und kontrolliert – gibt ihr zu verstehen, sich zusammenzureißen. Das alles ist im Bruchteil einer Minute geschehen, aber ich habe es doch gesehen und zwar ganz genau. Sir Henry rührt so schnell in seinem Tee, dass sich gleich Schaum darauf bilden wird. Natürlich übernimmt Moira das Wort. »So gut kannte ich ihn nicht. Ich weiß nicht, ob

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