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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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das Thema nicht unangenehm zu berühren, aber auch nicht weiter zu interessieren.
    »Konnten Sie denn für ihn etwas tun?«, frage ich halb scherzhaft und hoffe, dass er jetzt mögliche Liebschaften von Zuckermann erwähnt. Wenn er etwas weiß, nimmt er garantiert kein Blatt vor den Mund.
    »Leider nein, er hatte sich schon entschieden. Der war so hinter Nellie her, dass ich nichts tun konnte.«
    »Meine Mutter«, wirft Frederick erklärend ein. »Schau doch mal bei uns vorbei! Sie würde sich sicher freuen.«
    Dankbar lächle ich ihm zu.
    Nellie muss ich unbedingt kennenlernen. Aber es dürfte hier ohnehin nur eine Frage sehr kurzer Zeit sein, bis man wirklich jedem Bewohner begegnet ist.
    Es klopft schon wieder an die Tür. Das gibt’s doch gar nicht.
    »Ich gehe schon«, sage ich leicht genervt.
    Vor der Tür stehen Lady Violet, Moira und Teresa.
    »Hallo«, ruft Moira in den Raum zu den Herren. »Wir kommen, um Louisa zu entführen! In die Kirche.«
    Hilfesuchend schaue ich zu meinem Vater.
    »Viel Spaß«, ruft der gelassen zurück. Auf niemanden ist mehr Verlass. Es ist Dienstagabend. Wer geht denn mitten in der Woche in die Kirche? Irland ist eben doch ein verdammt katholisches Land. Ach, was soll’s. Ich war noch nie in einem katholischen Gottesdienst. Ich stelle mir das eigentlich als sehr beeindruckendes Spektakel mit lila Roben
und einem Himmel voller Weihrauch vor. Und weil Seamus sich schon wieder in seine Karten vertieft hat, und bei ihm offenbar sowieso nicht mehr viel zu holen ist ...
    Moira steht schon längst am Auto. Sie lacht los, als sie meine vor Überraschung weit aufgerissenen Augen sieht, dabei fällt ihr fast die Selbstgedrehte aus dem Mund. »Was soll ich machen, ich liebe Oldtimer.«
    Ich kenne mich mit Autos nicht aus. Deswegen erkenne ich die Marke nicht, aber so stelle ich mir einen Rolls-Royce vor – riesengroß und schwarz mit hübschen, altmodischen Kurven. Im Auto ist die Stimmung zum Glück noch gar nicht sakral. Und offenbar hat Colin nichts von meinem Malheur vor der Haustür erzählt, denke ich dankbar, sonst hätte sich Moira sicher einen Seitenhieb nicht verkniffen.

    Wollten wir nicht in die Kirche?«, frage ich vorsichtig, als wir zielstrebig daran vorbei über den Friedhof laufen. Diesen Frauen traue ich alles zu, sogar eine heidnische Mitternachtsmesse zwischen Grabsteinen.
    »Nein. Das wurde zu ungemütlich. Wir Alten frieren ja schnell, weißt du? Und weil wir nicht allzu viele sind, nutzen wir jetzt einfach das Gemeindehaus.«
    Oh, schade, wenn schon lila Roben und Weihrauch hätte ich beides gerne vor einem angemessenen Hintergrund zelebriert. Aber immerhin kommt aus dem Gemeindehaus warmes Licht, ich friere nämlich schon wieder. Ein bisschen Angst habe ich ja. Was, wenn mich das Spektakel nur fünf Minuten in seinem Bann hält und ich mich danach zu Tode langweile? Und was mache ich, wenn es ans Abendmahl
geht? Wäre es blasphemisch, als Exprotestant und nun konfessionsloser Heide daran teilzunehmen? Oder wäre es eher ein Affront, sitzenzubleiben? Als wir den Raum betreten, sehe ich erst mal gar nichts. Viele kleine Grüppchen versperren mir den Blick. Hier halten offenbar die Frauen die religiöse Fahne hoch, auch wenn sie im Moment noch wild aufeinander einquatschen.
    »Na los, schnapp dir einen Block und sichere dir einen Platz, solange es noch welche gibt«, raunt Moira mir zu. Die anderen schmeißen Geld in eine Büchse und bekommen dafür kleine Zettel. Ablassbriefe? Auf meinem sehe ich nur Zahlen.
    »Was soll ich damit?«, raune ich Moira zu, nachdem wir uns an einen Tisch gesetzt haben, auf dem Kaffee und köstlich aussehende kleine Kuchen stehen.
    »Na, spielen natürlich.«
    Ich verstehe nur Bahnhof.
    »Bingo«, erklärt sie knapp und wenig hilfreich.
    »Hä?«, mache ich auf Deutsch, weil ich nicht weiß, wie das auf Englisch heißt.
    »Oh, stimmt ja. Du bist Protestantin, oder?« Sie grinst.
    Weil mir das Vokabular fehlt, um von meinem Kirchenaustritt im letzten Jahr zu erzählen, verkürze ich das Prozedere, indem ich knapp nicke.
    »Bei uns wird keine Kirchensteuer gezahlt, dafür veranstaltet die Kirche Bingoabende und sackt die Kohle ein. Eure protestantischen Pfarrer wollten Amok laufen, als das eingeführt wurde. Aber wir spielen ja für die gute Sache, wenn es dich beruhigt. Was dachtest du denn, was wir hier machen?« Neugierig sieht sie mich an.
    »Gottesdienst«, hauche ich ehrfürchtig.

    Moira sieht zu Violet und Teresa hinüber. Alle drei

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