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Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman

Titel: Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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hättest, mit mir einen Ausflug nach Deakonport zu machen. Da ist ein echt tolles Pub, in dem auch jüngere Leute rumhängen. Ich dachte, vielleicht hast du Lust, einmal etwas anderes zu sehen.«
    Er sieht dabei ganz unschuldig aus. Ich bin mir ganz sicher, dass er Moira mit der Anspielung auf »jüngere Leute« nicht vor den Kopf stoßen wollte. Die schaut dennoch säuerlich drein, und Colin sieht regelrecht zornig aus.
    »Hallo, Frederick«, grummelt er. »Ich glaube nicht, dass es da etwas Spannendes für Louisa zu sehen gibt. Vielleicht solltest du lieber einfach verschwinden?«
    Mein Vater sieht ihn verdattert an und auch ich bin fassungslos. Wo sind Colins Manieren hin? Mag ja sein, dass er die Abneigung seiner Verwandtschaft gegen Nellies Familie aus Gründen, die ich nicht kenne, übernommen hat. Aber ein bisschen Höflichkeit hätte ich von ihm schon erwartet. Er befindet sich in unserem Haus, und Frederick ist hier ebenso willkommen wie er selbst. Zum Glück nimmt Frederick die rüde Bemerkung nicht krumm. Er zuckt mit den Schultern und lächelt mir weiterhin zu. »Alles klar, wenn ich hier unerwünscht bin, gehe ich.«
    »Warte Frederick«, rufe ich und streife mir meine Jacke über. »Ich würde das Pub sehr, sehr gerne sehen.«
    Mit einem finsteren Blick lasse ich Colin einfach stehen.
Eigentlich habe ich gar keine Lust auszugehen, aber hier geht es ums Prinzip!

    Nach dem dritten Bier traue ich mich endlich, indirekt die Frage zu stellen, die mich schon den ganzen Abend beschäftigt: »Offenbar geraten eure Familien in jeder Generation aneinander.«
    Frederick grinst verlegen.
    »Wir haben eine gemeinsame Geschichte. Aber die möchte ich lieber nicht erzählen. Bild dir lieber selbst ein Urteil.«
    Das finde ich sehr ehrenhaft, bin aber leider viel zu neugierig.
    »Erzähl schon!«
    Er schüttelt den Kopf. Aber ich lass nicht locker. Zögernd sagt er schließlich: »Also gut. Meine jüngere Schwester hat bei ihm studiert.«
    »Was macht deine Schwester jetzt?«
    »Sie ist Kellnerin in Dublin.«
    »Studentenjob?«
    »Nein, sie hat ihr Studium abgebrochen.«
    »Warum denn?«
    Er druckst herum. »Colin war ganz verrückt nach ihr. Aber sie wollte auf keinen Fall etwas mit einem Dozenten anfangen. Da hat er sie mit Noten unter Druck gesetzt. Sie ist standhaft geblieben, deswegen hat er sie durchrasseln lassen. Er hat diesen jungenhaften Charme, mit dem er seine Verwandten und viele Studentinnen um den Finger wickelt. Ich tippe, er denkt, er könne mit allem durchkommen. Deswegen war er wohl gerade auch so sauer. Er hatte bestimmt
Angst, ich könnte dir etwas erzählen und ihm die Tour vermasseln. «
    »Welche Tour?«
    »Na ja, er hat dich so angesehen, als ob er dich mag.«
    Ich bin am Boden zerstört. Colin hat so einen netten Eindruck gemacht. Wenn ich daran denke, dass ich ihn kurzerhand als älteren Bruder adoptieren wollte ... Das ist ja furchtbar. Und wissen Violet, Moira und Henry, was für eine Riesenkobra sie da an ihren Brüsten nähren? Ganz sicher nicht. Die würden so ein schmutziges Spiel niemals unterstützen. Ha, der soll mir noch mal unter die Augen kommen! Tja, und schon habe ich das dreckige halbe Dutzend vollständig. Denn, Achtung, hier kommt:
    Klischee Nr. 6:
    Letztendlich wollen Dozenten ja doch nie irgendeinen »Stoff« vermitteln, sondern nur in die beeindruckten Augen junger Studentinnen schauen. Und wenn sich dann noch eine von ihnen flachlegen lässt: umso besser. Zum Kotzen!
    »Deswegen wollte ich es dir nicht erzählen«, sagt Frederick, »jetzt bist du geschockt.«
    Er sieht ganz geknickt aus. Ich finde es ziemlich nett von ihm, dass er Colin nicht gleich in die Pfanne hauen wollte. Wenn ich nur nicht immer so neugierig wäre.
    »Ich hatte das Gefühl, er steht auf dich«, sagt Frederick noch einmal und sieht mich prüfend an.
    »Quatsch«, entgegne ich wie aus der Pistole geschossen.
    Frederick zuckt mit den Achseln.
    »Armer Colin. Viel Glück hat er nicht mit den Frauen.
Die letzte ist ihm weggelaufen. Man sagt, wegen der Studentinnen. «
    Zu Recht. Meine gute Stimmung ist hinüber. Auf der Rückfahrt schweige ich. Offenbar war das Leben in diesem Dorf nicht nur vor 40 Jahren sehr kompliziert, die Fäden sind immer noch reichlich verheddert. Ich weiß gar nicht, wie ich die Unbefangene spielen soll, sobald ich Colin in Dublin besuche. Aber abblasen will ich unsere Verabredung auch nicht, sonst komme ich nie weiter.

    Zwei Tage später sehe ich im Taxi nach Dublin die

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