Ueber den gruenen Klee gekuesst - Roman
während sich hinter ihr die ersten Gäste schon ans Büfett drängeln. »Es tut so gut, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Wir haben dir so viel zu verdanken. Aber es ist zu traurig. Er wollte so zurückgezogen leben. Da musste er erst sterben, damit ich alle seine Freunde kennenlerne.« Sie deutet in den gut gefüllten Raum. Dabei wird mir ein wenig unbehaglich zu Mute, weil ich davon ausgehe, dass die fröhlich-fresslustige Meute dem Toten ungefähr so nahestand wie wir.
»Und wie wart ihr mit ihm verbunden?« Ihre Stimme klingt immer noch sanft und weinerlich, aber eine Spur von Misstrauen liegt darin, als die Reihe an meine Freunde und mich gekommen ist, unser Beileid auszusprechen. Frederick sieht so aus, als wolle er uns zur Seite springen, aber Juli ist schneller. Ihr Blick wird ganz weich, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. »Er war der Lieblingscousin unseres Großvaters. Dessen Vater ist nach Deutschland ausgewandert, hat sich aber zeit seines Lebens nach Irland gesehnt. Wisst ihr noch die Geschichten, die er uns ständig erzählt hat, über die grünen Wiesen ...?«
Wir nicken hastig und beißen uns auf die Lippen, um nicht loszulachen. Juli hätte zur Bühne gehen sollen. Ich selbst bin beinahe gerührt und sehe uns vor meinem geistigen Auge alle vier auf dem Schoß unseres irischen Großvaters sitzen.
»Wir waren so viele Kinder, dass es sich unsere Eltern nicht leisten konnten, mit uns allen regelmäßig unsere Familie hier zu besuchen. Aber Großonkel Teddy hat uns immer Päckchen aus unserer wahren Heimat geschickt. Erinnerst du dich noch an den Whiskeyführer zu deiner Einschulung, Peter? Er meinte, um ein Mann zu werden, musst du unbedingt einen guten Whiskey erkennen können, wenn du an ihm riechst. Oh, und die Puppe mit dem Kleeblatt-Haarreif, die du zum Namenstag bekommen hast, Louisa. Du weißt schon. Die, der er ein kleines Gedicht um den Hals gehängt hatte, das er extra für dich geschrieben hat. Ich weiß noch, wie gerührt wir damals waren:
Du bist immer noch irisch im Herzen,
still’ deine Sehnsuchtsschmerzen
und blick auf unser Zeichen,
den wunderschönen grünen Klee,
Wie ein Leuchtfeuer zeigt er dir die Weichen.
Und du findest zurück – zu Land oder zur See.
O Gott, ihr steigen tatsächlich Tränen in die Augen. Ich nehme sie rasch in den Arm und verberge mein Gesicht in ihrem Haar, damit ich keinen Lachkrampf bekomme. Das muss der schlechteste Reim gewesen sein, den ich seit dem Kindergarten gehört habe. Aber er hat seinen Zweck erfüllt. Die Witwe betrachtet uns eindeutig wohlwollender. »Ach, du liebes Kind, ich habe gar nicht gewusst, dass Charlie so romantisch war.«
Dann drückt sie Juli an ihre üppige Brust.
Unsere Freundin ist jetzt voll in ihrem Element. Bevor sie wieder anheben kann und es selbst für irische Verhältnisse zu unglaubwürdig wird, schleife ich sie schnell ans Büfett.
Seamus klopft der Laienkomödiantin so herzlich auf den Rücken, dass sie leicht in die Knie geht.
»Irisch im Herzen? Das kann man wohl sagen! Du gefällst mir, Kleine. Hast wohl nicht zufällig wirklich irische Vorfahren? «
Juli wird vor Freude ganz rot. Ich leere ein Glas Whiskey auf ex und genieße das Brennen im Hals. Meine Freunde schlagen sich begeistert den Bauch voll und kippen ein Bier nach dem anderen. Das war eine echt gute Idee von Frederick. Nun, ein bisschen geschmacklos vielleicht. Aber wenn es denn ein Lokalsport ist: Warum sollte ich den Spielverderber spielen, denke ich mir und schnappe mir noch ein
Sahneschnittchen. Das ist zumindest eine kleine Ablenkung von der zermürbenden Colin-Grübelei. Noch einen Whiskey, bitte!
Kaum sind wir zuhause, ist mir gleich wieder übel. Ob das am Whiskey liegt oder an meinem schlechten Gewissen, ist schwer zu sagen. Oh, mein Gott! In ein paar Stunden muss ich Colin wiedersehen. Wie soll ich mich verhalten? Wie sollen wir nun gemeinsam Sehenswürdigkeiten für das Schloss aussuchen und einsammeln? Ich bin so gebeutelt, dass ich nicht mal mit den Mädels darüber sprechen mag. Ich weiß, keine von ihnen würde mir Vorwürfe machen, und irgendwie war ich ja auch im Recht, aber ... Verdammt! Verdammt! Verdammt! Ich hasse mich! Missmutig versuche ich den fröhlichen Plänen zu lauschen, die alle anderen im Wohnzimmer schmieden. Weil keiner sonst das Klopfen zu hören scheint, schlurfe ich in den Flur und öffne die Tür.
Da steht Colin. Na toll! Ausgerechnet!
»Komm raus, wir gehen ein paar Schritte.« Da
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